Erste Eindrücke und Erlebnisse
3 Wochen bin ich jetzt schon hier in Gyumri. Wie es mir ergangen ist, könnt ihr nun nachlesen
Nun sind schon 3 Wochen meines Jahres um. Ich habe mich ganz gut eingelebt und ich bin ein Fan von den Menschen geworden. Bisher habe ich wenig unfreundliche getroffen. Da gibt es meine Gastfamilie, die sich weigert mich bei irgendetwas helfen zu lassen, und die sich jedes mal auf eine unglaublich bezaubernde Art und Weise freut, wenn ich ein neues Wort auf armenisch sagen kann. Oder auch die Menschen draußen, wie eine alte Frau im Minibus, die es sich zur persönlichen Aufgabe gemacht hat, mich an der richtigen Stelle aussteigen zu lassen (Die Frau war wie eine ungewollte Koordinatorin des Busses. Sie hat jedem einen Platz zugewiesen, oder befohlen wer wo zu stehen hat) oder ein kleines Mädchen, dass sich im Bus neben mich setzte, um 10 Minuten ehrfürchtig zu mir hochzustarrte, schüchtern nach meinem Namen fragte und dann stolz ihr selbstgemaltes Bild zu präsentiert.
Aber auch die YIC Leute sind unfassbar nett. Ich lerne jeden Tag neue Leute kennen. (Leider vergesse ich immer, wenn ich kenne und wen nicht, sodass ich mich manchen Leuten mehrmals vorstelle und die dann ganz pikiert meinen, dass wir uns doch schon kennen) Samstags gibt es im YIC von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr eine Members Hour, was selbsterklärend sein sollte. Während der ersten Members Hour habe ich ein neues Spiel gelernt, und zwar Mafia. Mafia ist tatsächlich die uncoole Version von Werwolf. Als mir erklärt wurde, wie man Mafia spielt, habe ich mich sehr gefreut, da ich wirklich gerne Werwolf spiele, musste aber feststellen, dass es nicht mal im Ansatz so cool ist wie Werwolf. Es geht sehr viel gesittener zu, und ich habe es unglaublich vermisst hysterisch "Stirb Annika!" zu schreien. Das macht man bei Mafia nämlich nicht (und natürlich ist mein Werwolf Erzfeind Annika nicht hier :() Auch außerhalb von Spielen vermisse ich es sehr, dass ich niemanden (natürlich nur spaßig gemeint) beleidigen kann, nicht fragen kann, ob er/sie überhaupt was kann, oder jemandem einfach nur den Mittelfinger zu zeigen (Also verzeiht mir, wenn ich auf WhatsApp häufiger mal den Mittelfingeremoji verschicke. Das ist lieb gemeint).
Ansonsten beginne ich bald meine Clubs anzubieten. Wir stecken schon in den Vorbereitungen für das erste Fridays Café, für das ich bald wieder fleißig basteln darf, und darauf freue ich mich schon unglaublich. Und auch meine Deutsch Clubs sollten bald beginnen. Wegen den Deutsch Clubs bin ich tatsächlich ein bisschen nervös. Ich hab keine Ahnung, ob ich unterrichten kann, oder wie ich unterrichten soll. (Falls ihr irgendwelche Ideen zum deutsch lernen habt, fühlt euch frei mir diese mitzuteilen).
Außerhalb des YICs erkundige ich fleißig die Stadt Gyumri. Ich wurde häufiger gefragt (von Leuten hier und auch aus Deutschland), wie ich denn die Stadt finde. Die Gyumrianer (keine Ahnung, ob das wirklich so heißt) finden ihre Stadt unglaublich toll, wunderschön und eigentlich viel besser als jede andere Stadt. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass Gyumri nicht wirklich eine schöne Stadt ist. Als ich das erste mal in der Stadt war, dachte ich: "Oh, Okay, Hässlich". Ich habe mich dann gefragt, wie man Gyumri schön finden kann, also so wie es die Menschen hier machen. In den letzten Wochen habe ich dann versucht die Schönheit von Gyumri zu finden. Wie eine Freundin von mir in einem Brief schrieb: "Es sind nicht immer die großen Dinge", konnte ich dann doch schöne (kleine) Dinge hier entdecken. Was ich schön finde, ist das Bemühen die Stadt schöner zu machen. Seien es weihnachtsähnliche Lichter, bunte Pflanzen oder auch nur kunstvoll gestaltete Grafittis an Wänden. All das macht Gyumri zu einer wunderschönen Stadt. Außerdem machen die Menschen Gyumri schöner. Ich finde es schön, dass ich Kinder ganz ohne Handy auf der Straße spielen sehe, und sich daneben die alten Omas lachend unterhalten. Es ist auch schön, wenn Menschen in den Minibus lustige Geschichten erzählen, und alle lachen, obwohl sie sich nicht kennen (ich verstehe natürlich nicht, was sie erzählen, aber ich sehe die Reaktionen), oder wenn alte Menschen zusammen sitzen, um gemeinsam ein armenischen Spiel zu spielen. Man findet definitiv die Gyumris Schönheit, man muss nur aufmerksamer sein. Es gibt natürlich auch große schöne Dinge, wie eine hübsche Kirche in den Farben schwarz und orange, oder der Park und das Theater oder auch andere große Gebäude.
Nichtsdestotrotz will ich natürlich auch andere Städte Armeniens kennenlernen und so besuchte ich am Freitag gemeinsam mit Christian und Nele (sie hat vor ein paar Jahren hier Ihren EFD gemacht und war zu Besuch da) Yerevan (Hauptstadt von Armenien). Ich denke, ich mag Yerevan. Es ist groß und laut und man kann all das kaufen, was es in Gyumri nicht gibt. Nach einem Besuch auf dem Markt (Ich hab viel zu viel Geld ausgegeben, aber ich hab jetzt einen neuen Geldbeutel) machten wir uns auf die Suche nach einer Buchhandlung. Das war ein bisschen kompliziert aber es ist uns schlussendlich gelungen. Danach wollten wir zu einem Platz, welcher weit oben liegt, denn von dort aus kann man ganz Yerevan sehen. Um nach dort oben zu gelangen mussten wir eine Treppe hochsteigen (Es war furchtbar, ich hasse Treppen, und diese hatte fürchterlich viele Stufen. Wer macht sowas? Das macht keinen Spaß. Ich habe auch später erfahren, dass es einen Fahrstuhl gibt, und dann habe ich diese Treppe noch viel mehr gehasst!). Die Aussicht war ganz schön. Leider war es dann schon so spät, sodass wir zum Zug mussten. Der Zug ist lustig, er ist alt und langsam (Man fährt damit nach Gyumri 3 Stunden, mit dem Auto sind es nur 1 1/2 Stunden) und er wahr sehr voll, laut und warm, also alles, was man sich von einem Zug wünscht.
Letzte Woche war auch Gyumri Day und so sind wir auf das Gyumri Rock Fest gegangen. Das Konzert dauerte vier Stunden und es waren wirklich coole Bands da. Meine Lieblingsband war eine Mischung aus Rockmusik, wie wir sie kennen, und armenischer(?) Musik. Was sie so besonders toll gemacht hat, war das Blockflötensolo (Ja, auch mit der Blockflöte kann man "coole" Musik machen!) Die anderen Bands waren auch ganz gut. Ich musste leider zwischendurch raus, da die Band zu laut, und der Bass zu viel war (wir standen direkt vor einer großen Box) und zu viele Menschen geschrien und gedrängelt haben. Aber schlussendlich war es ein sehr cooles Konzert, und ein tolles Erlebnis. Das war so ziemlich alles spannende, dass ich in den letzten beiden Wochen erlebt habe, ansonsten hatte ich ein seltsames Gespräch über Jungfräulichkeit und rote Äpfel, ich hab auf französisch essen bestellt, musste ein City Game spielen (Ich stehe ja total auf so Spiele, und mach gerne verrückte Fotos) und ich hatte meine erste armenisch Stunde (Ich kann 3 Buchstaben von 36 oder 39?, und ein paar Sätze).
Eine andere Sache, die manche vielleicht interessiert ist die Kommunikation. In meiner Gastfamilie geht es inzwischen ganz gut, ich kann mich mitteilen, wenn ich etwas brauche, und andersherum. Im Office, wo ich Englisch sprechen, ist die Kommunikation auch erstaunlich gut, wenn man bedenkt, dass ich mich in den 13 Jahren Englischunterricht konsequent geweigert habe mehr als einen Satz auf Englisch zu sagen. Ich spreche zwar nicht besonders viel, aber das liegt vermutlich auch an meiner Persönlichkeit. (Es gibt echt nichts schlimmeres, als Menschen, die nicht verstehen, dass man nun mal nicht immer so gesprächig ist). So, ich denke, dass war eigentlich alles wichtige, was in den letzten beiden Wochen passiert ist. Wenn irgendjemand irgendwelche Fragen hat, könnt ihr sie natürlich jederzeit stellen :)
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