Ein Teil vom Ganzen
Über eine Woche im Zeichen von „Fucking Åmål” und „Time to Move“ und das Gefühl dazuzugehören.
Seit mittlerweile fast 2 Monaten bin ich jetzt schon in Schweden. In dieser Zeit habe ich insbesondere auf eine bestimmte Woche hingearbeitet, die hier als „Fucking Åmål-vecka” gefeiert wurde und für mich außerdem die Kampagne „Time to Move“ bereithielt, für die Jonas, Erica und ich in den vergangenen Wochen viel vorbereitet hatten. Zwar war das 20-jährige Jubiläum des Films „Fucking Åmål” nichts, das in meinen Aufgabenbereich fiel, jedoch kam keiner diese Woche an dem Thema vorbei und so standen für mich nicht nur mein eigenes Projekt, sondern auch Aktivitäten im Zeichen des Films von 1998 an.
Der Montag selbst ließ jedoch noch nichts von dem mir Bevorstehenden erahnen. Das monatliche Meeting mit Anna, Kristin und Viktor und meine Arbeit im Young Innovation HUB waren nun nichts mehr besonderes und nur Jonas und mein Vorhaben, ab jetzt aller zwei Tage (das Wochenende erst einmal ausgenommen) Sport zu machen, veränderten meinen sonst routinemäßigen Arbeitstag. Statt nach dem Heimkommen „nur“ einzukaufen, Schwedisch zu lernen und am Abend mit meinen Eltern zu skypen, schnappten Jonas und ich uns unsere Laufschuhe und gingen eine Runde joggen. Alleine hätte sich meine Motivation mit Sicherheit in Grenzen gehalten, aber einmal vereinbart, gab es jetzt kein zurück mehr. Mein erster Lauf nach der Verletzung am Knie zu Beginn meines Freiwilligendienstes verlief ohne Probleme und wurde obendrein von einem atemberaubenden Blick auf den See im Abendlicht belohnt. Wobei „Abendlicht“ nebenbei bemerkt wohl nicht ganz der passende Begriff ist, wenn die Sonne schon 17:30 Uhr untergeht.
Doch schon der nächste Tag hielt mehrere Überraschungen für mich bereit. Von der negativen Überraschung einmal abgesehen, als ich bemerkte, dass wir vergessen hatten unsere Wäsche aus dem Waschraum zu holen, waren diese alle sehr positiver Natur. Erst eröffnete mir Johanna, die Leiterin unseres Gospelchores, dass sie mich gerne als „Lucia-Anwärterin“ dabei haben würde (darüber werde ich kommende Woche noch genaueres berichten können) und dann lud uns Jan auch noch ein, uns am Abend im Kino „Fucking Åmål” anzusehen. Da wir nun ein Jahr hier leben würden, ließen wir uns eine der vielen Vorstellung in dieser Woche natürlich nicht entgehen, wobei sich die Handlung des Films für uns hauptsächlich auf die Filmaufnahmen beschränkte. Einen kompletten Film auf Schwedisch verstehe ich dann doch noch nicht, auch wenn ich mittlerweile E-Mails von Viktor auf einfachem Schwedisch entziffern kann.
Am Donnerstag fand dann der Höhepunkt der Jubiläums-Feier statt und als Teil des städtischen Gospelchors war ich dabei mittendrin. Am Nachmittag hatten wir drei Freiwilligen noch Kuchen für unser „Time to Move“-Projekt am Freitag und Samstag gebacken, am Abend standen wir dann in einheitlicher schwarzen Kleidung im Kulturmagasinet und sangen gemeinsam mit der bekannten schwedischen Band „Augustifamiljen“ Lieder aus dem Soundtrack von „Fucking Åmål”. Nach dem Konzert hatten wir alle ein strahlendes Lächeln auf den Lippen und konnten uns nur darüber wundern, wie die Zuschauer bei den zum Teil sehr rockigen Liedern still sitzen geblieben waren. Tja, willkommen in Schweden!
Freitag und Samstag standen dann ganz im Zeichen unseres eigenen Projekts „Time to Move“. Mit einem Quiz und kostenloser Fika informierten Jonas, Erica und ich vor allem Jugendliche über die EU und Möglichkeiten, Europa zu entdecken, und hatten dabei am Ende mehr Teilnehmer, als vorher zu erwarten war. Besonders in der Schule kannten uns mittlerweile schon einige Schüler und so wurden wir am Freitag Nachmittag von drei Mädchen nach Säffle zum Floorballspielen eingeladen. Dank des gemeinsamen Trainings hatten Jonas und ich keine Probleme unser vorgegebenes Sportziel zu erreichen und konnten den anderen zudem dabei helfen, ihr Deutsch zu verbessern.
Ein Gefühl das mich dabei die gesamte Woche über begleitet hat, war die Gewissheit endlich ein Teil vom Ganzen zu sein. Mit all den anderen im Chor am Donnerstag zusammen zu singen, das spontane Training am Freitag und Johannas Vorschlag, ich solle an der schwedischen Tradition des Luciafests teilnehmen, zeigten mir, wie sehr ich hier schon dazugehöre und mit Blick auf die nächsten Monate bin ich mir sicher, dass es noch viel mehr solcher Momente geben wird.