Die Helferin vom Nikolaus
Vom Breslauer Weihnachtsmarkt, den coolsten Socken Trzebiels und vielen glücklichen (und einigen weinenden) Kindern
Nachträglich einen fröhlichen Nikolaustag euch allen! Oder Mikołaj, wie es auf Polnisch heißt und auch hier natürlich eine große Rolle spielt. Aber dazu später mehr. Egal mit wem, wenn man irgendwo draußen ist, hört man momentan immer nur die Worte "brrrrr, zimno". Warum, ist mir nicht ganz klar, es ist ja schon seit Wochen zimno, da müssten wir uns doch eigentlich dran gewöhnt haben. In den letzten Tagen gab es aber immerhin ab und zu Schnee, der sich dann wieder verabschiedet hat. Und, man glaubt es kaum, mit dem Dezember ist auch die Weihnachtszeit in Żary eingetroffen. Ein geschmückter Tannenbaum steht am Rathaus und an den Laternen hängen Lichter. Sogar am Busbahnhof haben sie den Schlitten des Weihnachtsmanns mit passenden Rentieren aufgestellt.
Das war uns aber auch noch nicht genug, deshalb sind wir am Wochenende nach Breslau auf den Weihnachtsmarkt gefahren. Freitag war ich noch in Berlin und bin von da am Samstagmorgen gleich durchgefahren. Bleiben konnten wir netterweise bei Jule, deren Mitbewohnerin nicht da war.
Unser erster Besuch in ihrer Wohnung war echt spannend, aber ich muss sagen, sie lebt da ganz schön. Und natürlich sind da noch die endlosen Vorteile einer Großstadt. Der Weihnachtsmarkt war ziemlich kitschig, aber auch echt hübsch, deshalb haben wir uns dort auch ziemlich viel aufgehalten. Es gab eine Menge leckeres Gebäck, das wir unbedingt probieren mussten und der Glühwein war auch nicht schlecht.
Lustigerweise war Krzysztof an dem Wochenende auch mit einer Jugendgruppe in Breslau, hatte aber ein so volles Programm, das wir uns nur eine Stunde lang treffen konnten. Und natürlich waren die Augenpaare von gut fünfundzwanzig Jugendlichen auf mich gerichtet, also ich beim Essen einfach hineinplatzte. Unangenehm sowas und dann kann ich noch nicht mal richtig mit ihnen reden.
Jule musste abends für eine Weile weg und überließ damit Mattis (Mitfreiwilliger von Leonie, meiner Blogbekanntschaft, erinnert ihr euch?) das Babysitten. Der wollte mit uns eigentlich in die gemeinsame Stammbar mit Jule gehen, die aber völlig überfüllt war.
Also haben wir ein nettes Pub gefunden, eine beunruhigende Menge an Sonnenblumenkernen gegessen und uns unterhalten. Es stimmt schon, dass die Rahmenbedingungen von Leonies und Mattis' Freiwilligendienst deutlich besser sind als unsere, mit Unterkunft und Sprachunterricht inklusive. Aber sonst scheint es noch etwas strenger zu sein als bei uns, mit acht anstatt von sechs Stunden täglich und Arbeit auch am Wochenende. Das kommt bei mir zwar auch vor, ich kann es aber einfach durch freie Tage ausgleichen.
Insgesamt habe ich glaube ich die lockerste Stelle in dieser Hinsicht und ich bin sehr froh darüber. In Breslau waren ziemlich viele Deutsche unterwegs, was manchmal etwas peinlich ist, wenn sie sich etwa lautstark auf Deutsch bei den Verkäufern beschweren. Natürlich verstehen das hier viele und man kann auch nicht erwarten, dass sie für einen Weihnachtsmarktbesuch Polnisch lernen, aber ein, zwei polnische Wörter zu kennen, es vielleicht mal auf Englisch zu versuchen und generell einfach höflich zu sein wäre doch noch annehmbar, oder? Was ist in der Woche noch so passiert? Am Dienstag war der internationale Tag der Freiwilligen. Dazu zählen natürlich nicht nur wir Vollzeitfreiwillige, sondern alle, die sich in irgendeiner Form engagieren.
Das sind in Trzebiel erfreulich viele und deshalb hat das OKiB auch beschlossen, mal eine offizielle Veranstaltung daraus zu machen. Auch ich habe eine Einladung bekommen (die ich vorher selber zurechtgeschnitten habe - wenn man so freiwillig ist, dass man seine eigene Ehrung mit vorbereitet). Nach dem Englischunterricht fand das Ganze im Gemeindesaal statt, inklusive Präsentation und Videos. Das Coolste war aber, dass wir alle ein Paar Socken bekommen haben. Gelb und grün, eine mutige Farbkombination, mit dem Wappen Trzebiels und den Worten "Ich bin Freiwilliger in der Gemeinde Trzebiel". Da bin ich doch mal stolz drauf.
Nachdem die ganze Zeremonie vorbei war und es an den Kuchen ging, kamen drei zwölfjährige Mädchen auf mich zu, die ich vor einiger Zeit schon einmal kennengelernt hatte. Sie sprechen ungefähr so gut Englisch wie ich Polnisch und außerdem war es ziemlich laut, was die Kommunikation sehr erschwert hat. Trotzdem haben wir nicht aufgegeben und es war noch sehr nett. Wenn es mit meiner Altersgruppe nicht klappt, dann halt so! Aufgeben werde ich nicht. Schließlich kam der 6. Dezember, bekanntlich Nikolaustag und außerdem Geburtstag meines Vaters (dieser Teil ist üblicherweise weniger bekannt).
In Polen ist das Ganze mit dem Nikolaus etwas komplizierter. Theoretisch sind der Nikolaus und der Weihnachtsmann dieselbe Person, wer an Weihnachten dann kommt, ist je nach Region unterschiedlich. Irgendwie hatte ich erwartet, dass der Nikolaus im katholischen Polen als Bischof auftritt, eine derartige Darstellung ist mir aber bisher noch gar nicht begegnet. In der WG wurde das natürlich auch gefeiert:
Irgendwie hatte jede etwas besorgt (pardon, der Nikolaus hat etwas besorgt) und so gab es Schokolade, Mandarinen, Äpfel, Tee und Kerzen. Auch das Öffnen der Adventskalender wird noch sehr zelebriert. Sonja und Johanna haben selbstgemachte von ihren Eltern bekommen und ich habe drei aus Schokolade von zu Hause mitgenommen.
Natürlich hat jede einen bekommen, obwohl drei Adventskalender nur für mich natürlich auch eine verlockende Option darstellen. Für Mikołaj hat sich auch das OKiB sehr viel Mühe gegeben: Kinder konnten einen Brief an den Nikolaus schreiben und sich etwas wünschen und der kam dann in Form von Pan Marian, dem Königsfreiwilligen quasi, aber sehr überzeugend gekleidet und brachte die entsprechenden Geschenke vorbei. Nachmittags fand dann ein großes Nikolausspektakel für die Trzebieler Kinder statt. Es gab eine Art Theater zum Mitmachen und danach durfte noch jedes Kind für ein Foto auf dem Schoß des Nikolauses posieren und hat eine Tüte mit Süßigkeiten bekommen, die ich alle selbst gepackt habe (eigentlich bin ich also der Nikolaus, der echte ist reines Marketing). Ich bin wirklich kein Fan der Arroganz meiner Generation gegenüber den Jüngeren und der überheblichen Illusion, dass wir eine bessere Kindheit hatten. Aber dass die Kinder mit Smartphone auf die Bühne kommen, um ein Selfie mit dem Nikolaus zu machen, hat's zu meiner Zeit einfach nicht gegeben. Eine schöne restliche Woche wünsche ich euch!
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