Die Gretchenfrage

Schulen sind alle gleich – möchte man meinen, vor allem von außen betrachtet. Egal ob in Deutschland, Frankreich oder Polen, überall gibt es zahlreiche Schüler die sich über Hausaufgaben beschweren, vollgeschriebene Heften und Tafeln an den Wänden.

Doch natürlich gibt es zahlreiche Unterschiede zwischen den Schulsystemen dieser drei Länder. Einer der größten ist sicherlich, wie das Thema Religion in der Schule gehandhabt wird. Im Folgenden soll betrachtet werden, wie unterschiedlich in deutschen, französischen und polnischen Schulen mit der Religion umgegangen wird und was für eine Rolle die Kirche in der Schule spielt.

In Deutschland sind Staat und Kirche nicht strikt voneinander getrennt sondern arbeiten in bestimmten Fragen zusammen – beispielsweise wenn es um die Kirchensteuer oder den Religionsunterricht geht. Religionsunterricht  ist in Deutschland üblich. Häufig wird sowohl christlich-katholischer als auch christlich-evangelischer Religionsunterricht angeboten, in einigen Bundesländern gibt es auch islamischen Religionsunterricht. Für konfessionslose Schüler gibt es das Fach Ethik oder Philosophie.

In Frankreich dagegen gilt das Prinzip der Laizität. Die Laizität besagt eine strikte Trennung von Staat und Kirche – die Religion ist Privatsache. Die in Deutschland gängige Praxis, dass eine Kirchenstiftung die Trägerschaft eines Kindergartens übernimmt scheint hier absolut unvorstellbar – schließlich sind die Kindergärten in Frankreich vom Staat organisiert. Die strikte Trennung von Religion und Staat gilt natürlich auch für den Schulunterricht. In Frankreich gibt es keinen Religionsunterricht, auch wenn die Geschichte der Religionen im Geschichtsunterricht behandelt werden darf. Ein Kreuz in einem französischen Klassenzimmer ist unvorstellbar, genauso wenig ist es erlaubt Kopftuch zu tragen. Die einzigen Ausnahmen stellen Privatschulen dar – hier gibt es teilweise Religionsunterricht (auf einer katholischen Privatschule stellt das keine große Überraschung dar).

Polen hingegen ist ein sehr katholisch geprägtes Land. Der Religionsunterricht ist hier selbstverständlich – aber nur der katholische Religionsunterricht. Zwar ist in der Theorie auch Ethikunterricht für konfessionslose Schüler vorgesehen, dieser findet in der Praxis aber praktisch nicht statt – wenn 99% der Schüler einer Schule katholisch sind lohnt es sich nicht für eine Handvoll konfessionsloser oder andersgläubiger Schüler einen eigenen Unterricht zu organisieren – wenn man den überhaupt eine Handvoll Schüler zusammenbekommt. Das Kreuz gehört neben dem polnischen Wappen in einem polnischen Klassenzimmer zum Standardinventar – gerade unter der aktuellen Regierung ist es unvorstellbar es nicht an der Wand hängen zu haben.

Es lässt sich nicht pauschal verallgemeinern, dass eines dieser drei Systeme besser wäre als die anderen beiden. Jedes der Systeme hat gewisse Vor- und Nachteile. Um eine Land und dessen Kultur besser kennenzulernen ist die Frage, was für eine Rolle die Religion in ihm spielt sicherlich ein interessanter Ansatzpunkt – sagt dies allein doch schon sehr viel über die Geschichte und das Selbstverständnis eines Landes aus.