Der Türke im Allgemeinen....
Eine völlig unzureichende Beschreibung meiner subjektiven Beobachtungen, gespickt mit Vorurteilen und Verallgemeinerungen. Sorry!
Oha, das kann eigentlich nur ein Text voller Vorurteile und Verallgemeinerungen werden.... Und genau das ist er! Meine Eindrücke über ein Volk, das wie jedes andere natürlich aus völlig unterschiedlichen Individuen besteht, und in dem man doch Tendenzen erkennt, bei denen sich die Allgemeinheit von dem was ich kenne unterscheidet. So eine Überraschung.
Aber wo kann man anfangen? Meine wichtigste Erkenntnis ist wohl, dass man in diesem Land sehr sehr SEHR unterschiedlich Leben kann. Natürlich gibt es in Deutschland auch kleine Unterschiede, ob man nun aus dem Zentrum Berlins oder aus ländlicheren Regionen kommt, aber trotzdem ist der Lebensstandard im Allgemeinen überall gleich hoch, wir haben alle eine gute medizinische Versorgung, Schulen sollten überall gleich gut sein, und jeder hat, zumindest theoretisch, die gleichen Chancen höhere Bildung zu erlangen. Hier ist das anders. Der Unterschied zwischen den Lebensweisen in Dorf und Stadt ist gigantisch. Im Dorf widmet man sich vor Allem der Landwirtschaft, man sieht Frauen und Kinder, die eine magere Kuh und oder paar Schafe am Straßenrand hüten. Angehende Lehrer, die zu schlechte Noten haben, um an einer guten Schule in einer Stadt angenommen zu werden, gehen aufs Land, was natürlich zur Folge hat, dass die Bildung dort schlechter ausfällt. Und Geld, um ein Kind nach Ende der Schulpflicht weiter auf eine Schule zu schicken, ist wohl selten da. Genauso selten wie überhaupt der Wunsch dazu. Aber wirkliche Einblicke in das Dorfleben der Türkei hatte ich nicht, deshalb mache ich jetzt weiter mit dem, was ich näher beobachten und erleben durfte. Das Leben in meiner Umgebung in Ankara, meiner türkischen Freunde hier, meiner Kollegen, und dem was ich auf der Straße entdeckt habe. Und auch hier kann man nicht in geringster Weise von EINER bestimmten Lebensweise reden.
Gibt es jetzt also große Unterschiede zum Leben in Deutschland? Diese Frage verlangt ein ziemlich eindeutiges Jein. Meine Freunde hier leben erst einmal genau wie ich. Man geht zur Uni oder arbeiten, trifft sich in Bars, zum shoppen, feiert, trinkt Alkohol, hat Beziehungen, surft auf 9gag und würde gerne die Welt bereisen. Naja, so im Groben jedenfalls. Die meisten meiner Freunde habe ich beim Weggehen kennengelernt, und da mein Türkisch immer noch nicht so besonders gut ist, sprechen meine Freunde auch alle gut englisch. Das heißt aber auch, dass sie eine besondere Gruppe von Menschen sind, denn die Allgemeinheit spricht eher kein Englisch, auch wenn es sich um Universitätsstudenten handelt. Außerdem sind meine Freunde eher nicht religiös, religiöse Menschen trinken in der Regel kein Alkohol und gehen deshalb nicht wirklich aus, vor allem die Mädchen. Ich sehe nachts nie Frauen mit Kopftuch.
Die Einstellung zur Religion ist etwas anders als ich es in Deutschland gewöhnt bin. Ich habe das Gefühl, mehr ausdrückliche Atheisten kennenzulernen, was vielleicht darauf zurück zu führen ist, dass Religion hier im Alltag eher präsenter ist, wodurch auch die Gegenpositionen extremer werden. Während mir in Deutschland beigebracht wurde, tolerant gegenüber anderen, vor allem religiösen, Positionen zu sein, sind manche meiner Bekannte hier gradezu respektlos gegenüber religiösen Menschen. „Was macht die Kopftuch-Frau um diese Uhrzeit noch auf der Straße? Ab in die Küche mit dir!“ Für sie käme es nicht in Frage, sich auf eine Beziehung mit einem Mädchen einzulassen, das sich verhüllt. Viele meiner Freunde bezweifeln, dass sie das freiwillig tut und sprechen sich für ein Kopftuch-Verbot aus. Dann gibt es aber auch wieder meine Mentorinnen, die ich gerne als „gute Mädchen“ bezeichne. Gute Mädchen tragen zwar nicht unbedingt ein Kopftuch, laufen aber trotzdem nicht allzu offen herum. Sie gehen zwar vielleicht in Bars, bleiben dort aber nicht bis spät in die Nacht, trinken (offiziell jedenfalls) keinen Alkohol und haben zwar Freunde, aber bei ihnen übernachtet wird nicht, denn mehr als Küssen ist nicht drin. Offiziell jedenfalls. Diese Lebensweise ist glaube ich relativ häufig, denn diese Art und Weise zu denken und Werte zu statuieren ist sehr geläufig. Natürlich kann man Sex vor der Ehe haben, aber ein gutes Mädchen macht das nicht. Deshalb gibt es immer noch Mädchen, die sich wieder zunähen lassen, sollte doch irgendetwas „schief gelaufen“ sein.
Ich muss zugeben, ich habe relativ wenige türkische Freundinnen. Das liegt wohl daran, dass viele von ihnen mir etwas zu..naja... Mädchen sind. Durch die stärker als in Europa vorherrschende Geschlechtertrennung geben sich, glaube ich, viele Mädchen damit zufrieden, genau einfach nur das zu sein. Mädchen. Das ist etwas anstrengend. Auf der anderen Seite, aber das ist glaube ich überall so, sind die Mädels, die ich in einer Gruppe mit Jungs kennenlerne, etwas eifersüchtig auf diese Neue, die, weil sie Ausländerin ist, vielleicht erstmal mehr Aufmerksamkeit bekommt. Aber natürlich gibt es auch coole Mädels, mit aussergewöhnlichem Style, besonderen Hobbies, Einstellungen etc. In meiner Umgebung sind die Geschlechter vollkommen gleichgestellt, man sieht genauso viele Frauen wie Männer auf der Straße und dass Frauen arbeiten ist nicht ungewöhnlich. Das ist in anderen Teilen der Türkei allerdings anders, wo das öffentliche Leben ausschließlich von Männern bestimmt wird. Und trotzdem, auch hier sind Geschlechter bezogene Stereotypen häufiger. Eine Frau ist grundsätzlich schutzbedürftig. Wenn ich dann erkläre, dass ich dies und das sehr wohl alleine schaffe, dann ist die Antwort immer die gleiche: Du kennst du Türkei nicht, es ist alles viel gefährlicher als in Deutschland, vor allem die Männer! Traue niemanden! Naja, außer mir natürlich.
Und doch habe ich in der Türkei keine schlechten Erfahrungen gemacht, vielleicht ein bisschen unangenehmes, wo ich mich aber durchaus selber reinmanövriert habe (Stichwort unvorsichtiges Couchsurfen und Trampen). Trotzdem war ich nie in einer gefährlichen Situation, und das obwohl ich ausschließlich Couchsurfing benutze und häufiger getrampt bin. Das werde ich auch in Zukunft so machen. Vor allem hier. Denn es stimmt wirklich, Türken sind unglaublich gastfreundlich. Die Neugier für Ausländer ist groß, und steigt nahezu ins Unermessliche, wenn man zu erkennen gibt, dass man sich für das Land und seine Leute interessiert. Als Ausländer, und vor allem als Mädchen, bekommt man ständig Hilfe angeboten, selbst wenn man die wirklich nicht braucht. Ist man zu Gast in einem türkischen Haushalt, so darf man grundsätzlich nicht mit anpacken und wird von vorne bis hinten versorgt. Inklusive Hausschuhe und Schlafanzüge wird alles zur Verfügung gestellt. Allerdings kann das auch etwas anstrengend werden, weil man nach einer Zeit ein schlechtes Gewissen bekommt, seinen Gastgeber so zu beanspruchen. Man würde sich wohler fühlen, bekäme man einfach gesagt: Fühl dich wie zuhause, sag Bescheid, wenn du Hilfe oder sonst irgendwas brauchst. Nein, stattdessen kann es passieren, dass der Gastgeber glaubt, er müsse dich 24 Stunden am Tag unterhalten und versorgen. Beim Essen kann das besonders auffallen. Du MUSST essen. Türkisches Essen ist fantastisch und ich liebe die üppigen Tafeln. Aber wenn ich nach der vierten Portion Baklava als Nachtisch nun WIRKLICH nichts mehr reinbekomme und immer noch gedrängt werde, doch noch etwas zu essen, dann wird es wirklich anstrengend. Allerdings ist das darauf zurückzuführen, dass man in der Türkei grundsätzlich erstmal höflich „Nein, danke!“ sagt, um sich dann doch überreden zu lassen. Bei mir ist das eben anders. Wenn man mir etwas anbietet, und ich will es haben, dann sag ich „Ja, als her damit!“ und wenn ich es nicht möchte, sage ich nein. So einfach. Aber hier bin ich einfach nur unhöflich. Unabsichtlich natürlich. Das zeigt sich auch im Umgang mit Vorgesetzten und Älteren. Während ich finde, dass jedem Menschen grundsätzlich der gleiche Respekt entgegengebracht werden sollte und alles was darüber hinaus geht irgendwie verdient sein muss, die Kluft zwischen Vorgesetztem und Angestellten ist größer. Der Chef macht die Pläne, und Kritik wird bitte nicht geübt.
Auch seine Eltern kritisiert man nicht. Ich habe das Gefühl, dass sie Pubertät hier irgendwie anders abläuft. Anstatt schreiend und Türen schlagend seinen Willen durchzusetzen, passiert hier glaub ich einfach gar nichts, denn Respekt vor seinen Eltern heißt, niemals etwas zu tun, was sie nicht gutheißen würden. So kann man nicht einfach Freunde, vor allem nicht feste Freunde oder Freundinnen nach hause bringen. Und Zärtlichkeiten vor Familienangehörigen auszutauschen ist absolut tabu. Nicht, dass man das in Deutschland ständig machen würde, aber zumindest meine Brüder würden es niemals als Respektlosigkeit meines Freundes werten. Das Verhältnis zur Familie ist sehr eng, mehrmals täglich miteinander zu telefonieren ist nicht ungewöhnlich. Und auch, dass man ewig bei seinen Eltern wohnen bleibt ist normal. „Warum?“, frage ich dann. Und die Antwort hat mich, als ich sie das erste mal gehört habe, völlig aus den Socken gehauen. „Ich möchte meine Eltern nicht alleine lassen!“ Also so was habe ich in Deutschland noch nicht gehört. Natürlich wollen Eltern ihre Kinder, auch nach Erlangen der Volljährigkeit, immer so gut es geht unterstützen. Aber ich würde mich fragen, was ich falsch gemacht habe, wenn mein Kind einfach nicht ausziehen will.
Oh. Der Artikel ist sehr lang und etwas negativ geworden. Es scheint, als würden mir viele Gewohnheiten meiner Mitmenschen auf die Nerven gehen. Aber viele gute Eigenschaften fallen eben nicht so deutlich auf wie das wenige was nervt, der Artikel ist absolut unvollständig. Und ich bin mir sicher, ich könnte einen solchen Artikel auch über Deutschland schreiben...
Aber eines ist glaube ich noch wichtig zu sagen: Die Türken finden Deutschland toll. Sie bewundern die Organisation, die Ordnung, den wirtschaftlichen Erfolg und vieles mehr. Sie haben den Kopf voller fantastischer Erzählungen und Klischees über Deutsche. Ich werde dann immer ganz verlegen, denn ich schäme mich dafür, dass man in Deutschland eigentlich nur schlecht über Türken denkt. Und dann muss ich mir anhören, dass man hier glaubt, in Deutschland lebende Türken seien selbst an ihrer schlechten Lebenssituation schuld, jeder in Deutschland könne doch gebildet und reich sein, wenn er doch nur wolle. Es passt nicht in ihr unglaublich positives Bild von Deutschland, wenn ich ihnen erkläre, dass Integration in Deutschland nicht unbedingt beispielhaft verläuft. Und dass Deutsche die Begeisterung für die andere Kultur einfach nicht zurückgeben.