Der Start in ein letztes kleines Abenteuer
6 Wochen vor Ende meines IJFD machte ich mich noch einmal auf. Gemeinsam mit meiner Familie saßen wir im Zug Richtung Beijing.
Ende Mai. 6 Wochen vor meinem Rückflug nach Deutschland. Ich mache mich erneut auf in ein kleines Abenteuer. Meine letzte große China-Reise – zumindest während des Freiwilligendienstes). Auf meiner Zugfahrkarte lese ich mein erstes Ziel: Beijing. In Deutschland meist „Peking“ genannt. Hauptstadt Chinas. Zentrum für Kultur und Geschichte.
Nach wenigen Stunden Zugfahrt komme ich im Stadtzentrum an. Ein Gedanke, der mich auch in den nächsten Tagen begleiten wird: Dass wir hier wenige von sehr vielen Ausländern sind, hat Auswirkungen auf unseren Aufenthalt. Ein Plus: Wir erhalten weniger Aufmerksamkeit, weil die Einheimischen an Europäer gewöhnt sind. Ein Minus: Wir erhalten mehr Aufmerksamkeit, weil die Unsicherheit bei der Kontaktaufnahme seitens vieler Einheimischen wegfällt. Die Wahrscheinlichkeit, einem Betrug zum Opfer zu fallen, steigt. Die Male, die man angesprochen wird, steigen. Wir haben den Eindruck, die „Maschen“ der Verkäufer und Taxifahrer gleichen eingespielten Theaterstücken. Die gleichen Sätze, die gleichen Aufforderungen und Fragen. Meine Antworten auf Chinesisch enttäuschen die Händler.
Den ersten Nachmittag in Beijing füllen wir mit einem langen Spaziergang durch die Innenstadt. Wir umranden den Kaiserpalast, deren Größe uns alle beeindruckt. Da sich die Ausstellungen, abgesehen vom Umfang, nur minimal von denen in dem Kaiserpalast Shenyangs unterscheiden, und da Shenyangs für größeren Detailreichtum bekannt ist, entscheiden wir uns gegen eine Innenbesichtigung. Einen Blick von oben auf den Palast ermöglicht uns der Kohlehügel. Direkt neben der Palastanlage können wir für 2 Yuan pro Person einen kleinen Park erlaufen und den Hügel erklimmen, der uns einen perfekten Blick auf den Sonnenuntergang und die Innenstadt Beijings verschafft. Überraschenderweise ist Beijings Stadtbild weniger von Hochhäusern als von niedrigeren Gebäuden, Tempeln und Parks geprägt. Hier treffen alte Architektur und neues Zeitalter auf einander. Vorbei a den den vielen "Hutongs" (Viertel mit ursprünglicher Architektur) führen wir unseren Spaziergang fort. Einen Willkommensgruß der Stadt erhalten wir am Tian'anmen Platz, vor dem Kaiserpalast. Aufgrund eines eintägigen Besuschs der Kanzlerin Merkel wehen hier viele deutsche Fahnen im Wind, direkt neben den großen chinesischen.
Am nächsten Morgen landen wir aufgrund einer Empfehlung im Reiseführer bei "Sanlitun". Eine moderne und teure Mall, in der Gucci und mehr Kleidung und Accessoires anbieten. Nebenan verwöhnen wir uns mit dänischem Frühstück. Zwar nicht ganz billig, aber für mich ist das erste knusprige Körnerbrötchen nach 10 Monaten der Himmel. Anschließend laufen wir durch einen hübschen Park, wo wir uns an vielen Koi und den lauten Musikboxen eines Passanten erfreuen. Im Schatten legen wir eine kleine Pause ein. Der Blick auf Hochhäuser, davor ein Teich, der von Bäumen umrundet wird.
Mein überhitzter Handyakku und ein verwirrter Taxifahrer führen uns zu einer abgelegenen Zughaltestelle. Bei uns kommen Zweifel auf, ob wir am richtigen Standort abgesetzt wurden. Wir möchten zur chinesischen Mauer fahren, doch unser Zug fährt erst in 1-2 h ab. Bei der Hitze finden wir in einem kleinen Imbiss und großem Supermarkt glücklicherweise Unterschlupf bis der nächste Zug kommt. Zurück an der Haltestelle dann die Überraschung: Eine Stunde Verspätung – und es ist bereits später Nachmittag. Also wird das Programm umgeschmissen und wir fahren zurück in die Innenstadt. Dort vereinbaren wir ein Date mit dem Liebling der Stadt: Die Peking-Ente. Absolutes Must-Eat. Zuvor besuchen wir noch den anliegenden Nachtmarkt. Auf Spießen reihen sich hier lebendige Skorpione, Tintenfische und zahlreiche Insekten. An einem Stand, an dem uns „No Photos!“ entgegengehalten wird, sehen wir sogar Seepferdchen und -sterne, die eigentlich NICHT auf die Speisekarte gehören! Zurück im überlaufenen Restaurant ergatten wir aufgeregt einen Tisch. Für 128 Yuan bestellen wir eine halbe Ente, dazu Salat, Pfannkuchen, Gewürze, Gemüse und Getränke. Unser (nervöser) Tischnachbar erklärt uns stolz, wie die Peking-Ente typischerweise gegessen wird: 1. Etwas Entenhaut in Zucker legen und auf den dünne Pfannkuchen legen, 2. etwas Fleisch in die herzhafte, dickflüssige Soße tunken und hinzulegen, 3. Gurkenstreifen und Gewürze nach Belieben ergänzen, 4. zwei mal in der Hälfte falten, 5. als Fingerfood genießen. Leicht und lecker! Absolut empfehlenswert! Am nächsten Tag steht der zweite Versuch an. Wir wollen die chinesische Mauer erklimmen. Mit dem Taxi machen wir uns auf zu „Mutianyu“, und bezahlen 250 Yuan, ~30€, für eine gute Stunde Fahrt. Bei feuchten 30 °C erklimmern wir mehr als 1000 Stufen, um mit einem grandiosen Ausblick belohnt zu werden. Die Mauer wurde bereits 700 v. Chr. gebaut. Sie schlängelt sich Berge hoch und runter. Da wir erst am frühen Nachmittag ankommen, fehlen die Touristenmassen. Die nächsten zwei Stunden nutzen wir also zum Entdecken und Fotografieren. Die Atmosphäre lässt sich nur schwer mit Fotos einfangen. Auf unserem Rückweg ins Tal begleitet uns eine kleine Gruppe an Chinesen. Ich tausche mit mit einer waschechten Beijingerin und einem gesprächigen Mann, der ursprünglich aus Chengdu kommt, aus. Sie ist ganz stolz, dass sie Deutschland, Köln, Berlin und den Fußballer Müller kennt. Er vermittelt mir, wie großartig die deutsche Autoindustrie und Arbeitseinstellung seien (- im Gegensatz zu denen der Japaner und Amerikaner). Außerdem legt er mir die Vielzahl und Vielfalt der chinesischen Dialekte nah. Ich lerne, dass „Lu Ho“ in einigen Regionen „Hallo“/“Ni hao“ bedeutet. Im Tal angekommen entscheiden wir uns nach einer erfolglosen Taxisuche bzw. zu vielen aufdringlichen Anfragen für den Bus/die Busse. Für fast drei Stunden in drei Bussen zahlen wir pro Person nur 17 Yuan (2,40€). Zufrieden und erschöpft kommen wir abends im Hotel an.
Mein Fazit: Beijing war ein absoluter Erfolg! Wir sind viel gelaufen, haben viel gesehen. Der nächste Stop: Shanghai.
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