Der große Wandel bleibt wohl aus... Erneut!
Schon sind alle Stimmzettel organisiert, alle Kreuze übertragen, doch auch im zweiten Anlauf bleibt in Spanien der große politische Wandel aus: Die Konservativen konnten einen überraschend klaren Wahlsieg erzielen. Doch wer wird der Bündnispartner?
Drei Tage nach der Brexit-Entscheidung der Briten haben die Spanier in den Neuwahlen ihrem Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zu einem überraschend klaren Wahlerfolg verholfen. Rajoys konservative Volkspartei (PP) behauptete sich bei der Wahl am gestrigen Sonntag nicht nur als stärkste Kraft, sondern gewann entgegen den Prognosen noch Sitze hinzu. Allerdings blieb sie von einer absoluten Mehrheit weit entfernt.
"Wir haben die Wahl gewonnen und wir nehmen für uns das Recht in Anspruch, zu regieren", sagte der amtierende Regierungschef in der Wahlnacht vor einer großen Menge jubelnder Parteifreunde in Madrid und beanspruchte damit das Regierungsrecht für seine Partei. Rajoy ging gestärkt aus der Wahl hervor und verbesserte seine Chancen, auch die nächste Regierung zu bilden.
Allerdings ist offen, welche Bündnispartner ihm zur notwendigen Mehrheit verhelfen. Bisher hatte keine andere Partei mit der in der letzten Zeit von vielen Korruptionsskandalen erschütterten PP koalieren wollen. Die Neuwahl war notwendig geworden, weil sich die Parteien nach der Wahl vom 20. Dezember 2015 auf keine Koalition einigen konnten.
Spanien ist daher seit einem halben Jahr ohne eine gewählte Regierung. Der EU ist daran gelegen, dass die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Eurozone möglichst rasch erneut eine stabile Regierung erhält, damit nach der Brexit-Entscheidung der Briten nicht zusätzliche Instabilität in einem großen Mitgliedstaat droht.
Nach dem vorläufigen Endergebnis kam die PP auf 137 der insgesamt 350 Sitze, 14 mehr als bisher. Die Sozialisten (PSOE) erhielten 85 Mandate, fünf weniger als bei der Wahl im Dezember. Sie erzielten ihr schlechtestes Ergebnis in der jüngeren Geschichte, behaupteten sich aber entgegen ersten Prognosen als zweitstärkste Kraft.
PSOE-Parteichef Pedro Sánchez erkannte den Wahlsieg der PP an und gratulierte Rajoy zum Erfolg. Er hatte im Wahlkampf ausgeschlossen, dass die PSOE den Konservativen in einer großen Koalition zu einer Mehrheit verhelfen würde und potentielle Koalitionsgespräche damit im Vorhinein abgelehnt.
Das Bündnis um die Linkspartei Podemos blieb mit 71 Sitzen – ebenso viele wie im Dezember – weit hinter den Erwartungen zurück und scheiterte überraschend mit seinem Ziel, die Sozialisten zu überholen. Die liberalen Ciudadanos kamen nach den Angaben des Innenministeriums auf 32 Sitze, acht weniger als bisher. Die absolute Mehrheit liegt bei 176 Abgeordneten, sodas auch weiterhin die Frage im Raum stehen bleibt, ob Spanien in nächster Zeit eine Regierung bilden können wird.
Die EU-Kommission hatte Madrid wiederholt aufgefordert, wegen eines überhöhten Defizits den spanischen Staatshaushalt zu korrigieren. Für eine solche Entscheidung bräuchte Spanien jedoch eine starke Regierung.
Trotz der gespannten Lage blieb ein tatsächlicher politischer Wandel in Spanien also aus, und es bleibt abzuwarten, wie die Verhandlungen um mögliche Bündnisse dieses Mal ablaufen werden..