Das normale Leben
Gedanken und Erinnerungen aus den vergangenen Wochen: Über Zeitgefühl, Silvester und das ganz normale Leben.
Seit meiner letzten Nachricht sind schon wieder zwei Wochen vergangen. Die Zeit rast; sie fliegt davon; schenkt uns Momente, die wir zu meist viel zu schnell wieder vergessen; und doch manchmal, wenn wir ein wenig Glück haben, verlangsamt sie und schenkt uns Ruhe; Zeit zum Denken, zum Genießen; doch dann, sie nimmt ihren Lauf wieder auf und dieser erscheint uns schneller als vorher; und wir versuchen ihr hinterher zu eilen, versuchen sie einzuholen, ja, gar zu übertrumpfen, nein, dieses Glück können, oder vielleicht auch dürfen, wir uns nicht erhoffen.
Die letzten Wochen in kurzen Worten:
Silvesterparty; pompöser Abschluss eines glorreichen Jahres; zwar verpassten wir den Jahreswechsel, denn der Rausch riss uns alle mit.
Das neue Jahr, der 01.01.2011, nach langem Aufräumen und Putzen, erfolgreicher Fernsehtag, dank BBC3 – Disney Filme von morgens bis abends – Walee, Bee Movie und Pirates of the Caribbean. Meine Arbeit, stetig; sie geht ihren gewohnten Gang; Der NLP Kurs an der Uni, ausgeschlossen; anstelle dessen „Positive Psychology and the Meaning of Life“, erste Kursstunden nächsten Dienstag.
Freitag, den 07.Januar, Besuch von fünf, durch Großbritannien reisenden Franzosen, naturellement, on a fait une fete! Unser Esstisch, nun verziert, verziert mit französischen Wörtern und Sätzen; für die einen Hieroglyphen, für die anderen Worte des Rausches.
Der nächste Morgen, aufräumen, die übliche Routine; ein klarer Kopf, eine Ausnahme;
Arbeiten am Sonntag, allerdings nur vier Stunden; Fluch der Karibik schauen, mit meinen Patienten, als Snack dienen Chips; normal, ja, gar eine alltägliche Szene;
True Blood; Marathon gestartet, erste und zweite Staffel; haufenweise Süßes, und Pizza; Lacher.
Thai Restaurant; posh; frittierte Bananen mit Honig und Vanilleeis; ernste Themen; viele Lacher; Gemeinschaft.
So entstehen sie, die Erinnerungen. Sie sind es, die uns zum Lachen oder zum Weinen bringen, die uns daran erinnern, was und wer wir sind. Was uns definiert.
Mein Zimmer:
Ich bewohne diesen Raum – ich mag es nicht mein Zimmer nennen, als ein Zimmer mag man es zwar betrachten, jedoch nicht als das meinige, denn, zwar teile ich einige Erinnerungen mit diesem Raum, schöne wie weniger erfreuliche, aber doch, so muss ich sagen, konnten wir uns nie ganz anfreunden – mittlerweile seit 95 Tagen. Die kahlen Wände habe ich so gut es geht, mehr aus ästhetischer Sicht, mit Sammelleien der letzten 95 Tage verziert, allerdings, in zwei Wochen, wenn die neuen Freiwilligen ankommen, werde ich mir ein anderes Zimmer suchen, eines welches ich, so erhoffe ich es mir, mein eigen nennen kann, zumindest für die nächsten, wenn auch schon meine letzten, drei Monate in Cardiff. In meinem derzeitigen Raum stapeln sich bereits neben, so wie auch unter meinem Sessel, als auch auf meinem Nachtschrank, etliche Bücher und DVDs.
Nachdem uns der Schnee nun verlassen hat, wird Cardiff von strömendem Regen heimgesucht. Und während die Straßen, sowie Gehwege, im Wasser versinken, die Menschen, die gegen den starken Wind und Regen ankämpfenden Menschen sich auf eben diesen Straßen und Gehwegen tummeln, liege ich in meinem Bett, lausche dem Tröpfeln, dem dramatischen Tapseln, und verschwinde in anderen Welten. Ich entdecke geheime Gärten, wandere auf den Straßen Paris, begleitet von Jean Valjean, nehme an vornehmen Diners der 1920er Jahre teil oder erkunde die Gefühlswelt der Hailsham Studenten.