Chinesisch - Die schwierigste Sprache der Welt
Nach knapp zwei Monaten Aufenthalt in China inklusive regelmäßigem Sprachunterricht versuche ich die Herausforderungen der Sprache zu skizzieren.
Wenn man in Deutschland („Deguo“) erzählt, man wolle Chinesisch lernen („xuexi Hanyu“), blickt man in beeindruckte Gesichter. Chinesisch sei doch so schwierig und ganz anders. Nach knapp zwei Monaten in China würde ich sagen: Chinesisch unterscheidet sich tatsächlich sehr vom Deutschen, aber ist nicht so schwer wie erwartet. Der Respekt gegenüber der chinesischen Sprachen liegt an den fremden Schriftzeichen und der Satzmelodie.
Tonhöhen und Aussprache
Chinesisch sprechen ist wie Singen. Es gibt fünf verschiedene Töne. Der Erste wird in einer hohen Tonlage gehalten und sieht in der Lautschrift Pinyin wie ein Bindestrich – aus. Der zweite Ton (/) steigt langsam an. Es klingt, als sei man überrascht. Der dritte Ton setzt auf der gleichen Höhe wie der zweite Ton an, fällt dann jedoch zuerst ab, bevor er wieder ansteigt. In Pinyin sieht das Zeichen dafür aus wie ein kleines v. Beim vierten Ton setzt die Stimme zuerst auf der Höhe des ersten Tons an, wird dann aber tiefer. Der Ton klingt abgehackt, als sei man wütend. Er sieht aus so: \. Der letzte und fünfte Ton ist ein einfacher Punkt über einem Vokal. Das bedeutet, dass die Silbe unbetont ist und kurz gesprochen wird. Meistens klingt sie ähnlich wie der vierte Ton.
Diese unterschiedlichen Töne zu perfektionieren, bedarf langer Übung. Einfacher haben es dabei Musiker, besonders Sänger, denn sie sind den Umgang mit Tonhöhen und im besten Fall auch die eigene Stimmkontrolle gewöhnt.
Eine weitere Herausforderung sind die Konsonanten. Die Vokale (außer e) im pinyin ähnlich wie im Deutschen. Die Konsonanten werden teilweise sehr anders ausgesprochen. Spätestens bei 'ch'. 'zh' und 'sh' fällt es im Alltagsgespräch schwer, einen Unterschied zu hören. Allgemein ist das Hören, identifizieren der Worte und Übersetzen im Kopf wohl mit die größte Aufgabe beim Chinesisch-Lernen. Kleine Unterschiede, sowohl Tonhöhen als auch Silberverknüpfungen und natürlich Konsonanten und Vokale, verändern den gesamten Sinn eines Wortes oder Satzes. Ein oft genutztes Beispiel dafür ist die Silbe 'ma', die mit unterschiedlichen Betonungen über fünf verschiedene Bedeutungen haben kann.
Erleichternd, dass wenigstens die Grammatik größtenteils wegfällt. Außer Subjekt-Prädikat-Objekt und einigen Regeln für Präpositionen oder Adverben gibt es kaum Regeln. Mit Zeit- und Ortsangaben kann zum Beispiel munter jongliert werden. Das macht das Sprechen einfacher, erschwert allerdings das Übersetzen ins Deutsche. Schließlich muss man beim Übersetzen der Vokabeln den Sinn des Satzes und die dazugehörige Grammatik ersetzen. Zum Beispiel ist die wortwörtliche Übersetzung für „Ni jiao shenme mingzi?“ „Du heißen was Vorname?“. Das bedeutet so viel wie: „Wie heißt du mit Vornamen?“
Die Schriftzeichen
Sie sind gefürchtet und beeindruckend zugleich. Sie halten das Chinesisch mit seinen vielen Dialekten zusammen, sind historisches Kulturgut. Besonders spannend ist es, sie in ihre Einzelteile zu zerlegen und sogenannte „Radikale“ zu erkennen. Zum Beispiel haben die meisten Zeichen, die auf der linken Seite einen Strich wie diesen / haben und darüber zwei kleine Striche wie diesen \, einen Bezug zum Thema Wasser. Das Radikal für Wasser kommt beispielsweise bei den Zeichen für Waschen, Dusche, See, Meer oder Fluss vor.
Das Auswendiglernen der Zeichen bleibt dennoch schwierig, weil es a) sehr viele gibt und b) das Lernen der Zeichen eine neue Art des Lernens herausfordert. Für den visuellen Lerntyp eignet sich diese Lernweise hervorragend, für alle anderen Lerntypen stellt sie eine große Herausforderung da. Um in China nicht mehr als Analphabet zu gelten, muss man 2.000 Schriftzeichen beherrschen. In einem modernen Wörterbuch stehen circa 6.000.
Schwerste Sprache der Welt?
Ich erlebe das Chinesisch-Lernen als eine neue Art mich einem Land und deren Menschen zu nähern. Die Sprache impliziert eine andere Denkweise und spannende Schriftzeichen. Die Geschichten und Erklärungen hinter den Zeichen machen das Lernen erlebbar und helfen beim Auswendiglernen. Bis ich persönlich einen Wortschatz habe, der groß genug ist, um ein langes Gespräch zu führen, wird es noch dauern. Dennoch empfinde ich jeden Fortschritt als Erfolg. Das in meinem Umfeld dauerhaft Chinesisch gesprochen wird, hilf mir sehr dabei, mein Gehör zu schulen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Chinesisch außerhalb von China so gut lernen kann wie vor Ort.
Ich hoffe, dass ich die „Angst“ vor der chinesischen Sprachen etwas besänftigen konnte. Schließlich ist Chinesisch eine sehr melodische, sehr alte und interessante Sprache. Sie wird von 1,3 Milliarden Menschen gesprochen. So schwer kann es also gar nicht sein, sie zu lernen.
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