Brot oder Baguette? Von einer langen Geschichte der Freundschaft und der Feindschaft
Wer heute Merkel und Macron händeschüttelnd in den Nachrichten sieht, würde gar nicht glaube, dass das vor 80 Jahren nicht möglich gewesen wäre. Tatsächlich verbinden die beiden Länder mehr als nur eine lange Grenze, sondern auch eine Geschichte der Erbfeindschaft.
Schon alleine das Wort Erbfeindschaft klingt mehr als antiquiert, trotzdem ist es wichtig, darüber zu reden: Nationalstaatliche Konflikte und Jahrhundertelange Fehden bestimmen immer noch den Alltag vieler Menschen, wobei die Entwicklung der Deutsch-Französischen Beziehung dort vielleicht als Vorbild dienen kann. So eine Erbfeindschaft zwischen Nationen drückt sich vor allem auch in Stereotypen, Klischees und Diskriminierung aus: Vorurteile gegenüber Franzosen waren auch in unserer Großeltern-Generation noch üblich und bauen sich erst so langsam ab.
Tatsächlich ist die Geschichte zwischen Frankreich und Deutschland von Konflikten geprägt: Insgesamt gab es wohl 23 kriegerische Auseinandersetzungen in den letzten 500 Jahren, dazu Besatzungszeiten und natürlich 2 Weltkriege, die von beiden Seiten große Opferzahlen forderten. Aber so einfach lässt sich die Geschichte nicht in Zahlen packen, denn damals gab es „ein Deutschland“ gewissermaßen noch nicht: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen war ein loser Staatenbund, und die große Feindschaft ging eher vom Habsburger Haus aus, von den Österreichern. Später, als Preußen der einflussreichste Staat in Deutschland wurde, wurde die Beziehung zu Frankreich immer komplexer: Mit Friedrich dem Großen führten die Franzosen eine Art On-Off-Beziehung, einerseits schätzten sie sein exzellentes Französisch und seine Vorliebe für französische Philosophen (Voltaire beispielsweise war drei Jahre lang zu Gast auf Sanssouci, seinem Prunkschloss in Potsdam). Andererseits misstrauten sie ihm wegen seiner geschickten militärischen Züge.
Doch bevor es zu einer Auseinandersetzung kommt, betritt ein anderer großer Mann die Bühne: Napoleon wird nach der Revolution zum König gekrönt und erobert weite Teile Europas, auch Deutschland. Tatsächlich blieb meine Heimatregion (Aachen) relativ lang in französischer Besatzung, unter der beispielsweise nur Französisch gesprochen werden durfte. Wie meine Oma immer erzählte, war das auch der Beginn des Karnevals: Da sich natürlich nicht offen über die Politik der Franzosen geäußert werden durfte, beginnen die Leute ein Fest, welches das französische Militär parodieren sollte und als politische Satire gedacht war (Dieser Ursprungsgedanke ist heutzutage etwas verloren gegangen).
Dieser Höhepunkt der Macht Frankreichs hilt nicht lange an, der gescheiterte Feldzug Napoleons gegen Russland endet seine Herrschaft und hinterlässt Deutschland zerstückelt und erniedrigt. Letztlich gründet sich der deutsche Staat in mehreren Kriegszügen unter anderem gegen Frankreich - Und so verkündet Bismarck das Deutsche Kaiserreich sogar im Spielsaal von Versailles, einem Kronjuwel Frankreichs. In diesem Konflikt tritt zum ersten Mal der Begriff „Erbfeindschaft“ auf - Können Franzosen und Deutsche nicht zusammenleben? Ist dieser generationsüberreifende Konflikt unlösbar?
Es kommt noch schlimmer: Der erste und zweite Weltkrieg reißen tiefe Wunden auf beiden Seiten und lassen zwei traumatisierte Völker zurück. Tatsächlich gelingt an dieser Stelle allerdings ein Bruch mit der Geschichte: Nach der schlechten Erfahrung des ersten Weltkrieges wurden anstatt Repressionen zu fordern, Wirtschaftshilfen geleistet. Und so kommt es dazu, dass eine französische und eine deutsche Stadt bereits 1949 eine Stadtpartnerschaft gründen. Plötzliche Versöhnung? Es dauert noch ein paar Generationen, aber immer mehr bilaterale Projekte tragen dazu bei, die Nachbarstaaten zu versöhnen. Mittlerweile bestimmen enge wirtschaftliche, kulturelle und politische Zusammenarbeit das deutsch-französische Verhältnis.
Für unsere Generation ist die „Erbfeindschaft“ von Deutschland und Frankreich fast unvorstellbarer: In meinem Sprachkurs in Montpellier studieren junge Deutsche selbstverständlich Französisch, es gibt unzählige Erasmus-Programme zwischen unseren Ländern und Frankreich ist ein beliebter Urlaubs- aber auch Arbeitsort für Deutsche. Genauso wie die französische Community in Deutschland wächst, gerade in Großstädten wie Berlin: „Ich liebe die Multikulturalität Berlins, hier fühle ich mich genauso zuhause wie in Paris! Für mich bedeuten die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich viel, denn wir leben über Grenzen hinweg.“ erzählt mir Claude, ein Pariser in Berlin.
Wir dürfen dieses wichtige Kapitel der deutsch-französischen Geschichte nicht vergessen, es sollte viel mehr als Mahnmal dienen - Damit wir uns steht für ein friedliches Zusammenleben bemühen!