Britische Jugend ist gegen Brexit!
Je jünger, je besser ausgebildet und je linker, desto EU-freundlicher. Ein weiteres Merkmal macht diese jungen Briten für Cameron nun besonders interessant: Ihre Unentschlossenheit.
Kurzer Hintergrund
Am 23. Juni findet das Referendum statt, an dem die Briten über folgende Frage abstimmen werden: „Should the United Kingdom remain a member of the European Union or leave the European Union?” Um an dem Referendum teilnehmen, mussten sich die wahlberechtigten Briten bis zum 07. Juni registrieren lassen (zum Fiasko der Nacht des 07. Juni, hier: http://www.bbc.co.uk/news/uk-politics-eu-referendum-36480764).
2013 versprach der damalige Premier-Anwärter David Cameron ein Referendum durchzuführen, wenn die Tories die Wahlen gewinnen würden (http://www.bbc.co.uk/news/uk-politics-21148282). Cameron reagierte damals auf die Conservative Party, die eine Abstimmung forderte, und auf die UK Independence Party, die zunehmend Zuspruch erfuhr. Er hofft auf den Bremain und konnte im Februar noch „Sonderregelungen“ für Großbritannien in der EU erringen und hofft, dass diese potentielle Brexit-Wähler beschwichtigen können. (http://www.spiegel.de/politik/ausland/david-cameron-und-die-eu-gernegroßbritannien-a-1078302.html). Er selbst sagte: „It is time for the British people to have their say. It is time to settle this European question in British politics." (Zum zweiten Mal eben.).
Gut zu wissen: 1975 fand das sogennante „Common Market Referendum“ statt, bei dem sich bereits 67% der Briten für die EU aussprachen. Trotzdem ist die EU-Debatte nicht beigelegt und teilt die Gesellschaft bis heute. Hoffentlich bringt das Ergebnis des Referendums endlich Klarheit.
Die Jugend ist pro-europäischer
Cameron will um jeden Preis einen Austieg verhindern und gehört neben Lord Rose, George Osborne (beide Conservative Party) und Jeremy Corbyn (Labour Party) zu den Wortführer auf der „Britain Stronger in Europe“ Seite, der die „Leave“ Kampagne unter der Führung Boris Johnson, Michael Grove (beide Conservative Party) and Douglas Carwell (UKIP) entgegen steht. Seit dem 14/06/16 liegen die Brexit-Wähler um einen Prozentpunkt vorn. Mal schauen wie lange das so bleibt, seit Wochen nämlich schwanken die Zahlen der Gegner und Befürworter um den Gleichstand. Laut der Nachrichtenagentur Reuters sind allerdings noch 10% der (registrierten!) Wähler unentschlossen und diese zu überzeugen ist nun Ziel der beiden Kampagnen. Zu dieser Gruppe gehören größenteils die unter 26-Jährigen Briten und deshalb wird jetzt versucht, sie in den letzten Wahlkampwochen besonders anzusprechen.
Das Umfrageinsitut „YouGov“ bat in einer Umfrage die Befragten neben ihrer Meinung zur EU, auch Angaben zu ihrem Alter, ihrem Bildungsabschluss und ihrer parteipolitischen Neigung zu machen. Die veröffentlichen Ergebnisse, legen jetzt erstaunliche Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren dar.
Aus der Grafik lässt sich ablesen, daß die EU-Freundlichekit unter jüngeren Wählergruppen größer ist und dass diese mit dem Alter stetig sinkt. Zudem zeigt die Grafik, dass der Anteil von unentschlossenen Wählern in der Altersgruppe 18-24 am größten ist. Je junger also, desto eher geneigt, für den Verbleib zu stimmen, aber auch desto unentschlossener. Die Faktoren Bildung und politische Haltung fügen sich wie folgt ein: Je besser ausgebildet und je politisch linker, desto EU-freundlicher.
YouGov konnte mit den Anagben der Befragten auch Regionen ausmachen, die eher pro- oder anti-europäisch eingestellt sind. Strukturschwache und ärmere Gebiete wie Yorkshire und die East Midlands sind für einen Brexit, wohlhabeneder Regionen, wie der Süden und allen voran London, sind für den Verbleib in der EU.
Dass sich vor Wahlen oder einem Referendum dermaßen klare Profile der Wählergruppen erstellen lassen, ist sehr selten und verlangt nach Erklärungen.
Warum?
Hier einige Mutmaßungen und Vermutungen:
Die Jüngeren besitzen eine gute Bildung und einen hohe soziale Stellung, die sie in den Genuss der Vorzüge im europäischen Binnenmarkt bringe, vor allem der Personenfreizügigkeit. Sie könnten es sich leisten, in Europa zu reisen und dort zu arbeiten. Ganz im Gegensatz dazu stehe der schlecht ausgebildete Brite, dessen Sorge es sei, sich und seine Familie gut zu versorgen und seine Rechnungen auszugleichen. Er sehe sich auf dem britischen Arbeitsmarkt in Konkurrenz mit europäischen Immigranten, die seinen Lohn senken oder ihn verdrängen könnten.
Ein weiterer Ansatz geht davon aus, dass die Jugend kulturell offener eingestellt sei – sie konnten es sich schließlich leisten, viel zu reisen - als die ältere Generation und deshalb vor allem in der Debatte um die Immigration eine andere Position einnehme. Sie würden in europäischen Immigranten kein Risiko, sondern Chancen sehen, da sie selbst auch daran interessiert seien, einen Teil ihrer Ausbildung im Ausland zu absolvieren.
Andere Analysen wiederum vertreten die Meinung, dass die Jüngeren die Zeit vor der EU-Mitgliedschaft Großbritanniens nicht kennen würden und deshalb nicht die Probleme sehen könnten, die mit dem Beitritt kamen. Zudem seien sie naiver und ließen sich zu leicht begeistern.