Bollywood ist nicht Indien
Diese Geschichte zeigt einen kleinen achtjährigen Jungen, der mit seiner Familie nach Indien fährt und dort das echte Indien erlebt. Er erfährt Armut und die Einfachheit des indischen Lebens. Er trifft auf Menschen aus vielen verschiedenen Ländern und erlebt zwei prägende Wochen, in denen sich herausstellt, dass Bollywood nicht Indien ist.
Bangalore International Airport, Indien. Ich komme aus dem klimatisierten Flughafenterminal und...oh mein Gott, ich hab das Gefühl als könnte ich nicht mehr atmen. Die hohe Luftfeuchtigkeit schnürt mir meine Luft ab und das Atmen wird schwer. Mehr Wasser in der Luft als in meinem Körper. Das Atmen fällt mir immer noch schwer, doch meine Gedanken haben sich wieder gesammelt. Meine Mutter steht schon an einem Taxi und legt den Koffer herein. Ihre Idee war es mir und meinen Geschwistern das religiöse Indien zu zeigen. Wir würden nun in einen Ashram von dem religiösen Führer Sai Baba fahren, einer Versammlungsstätte für seine Anhänger, sagt meine Mutter. Die Luft im Taxi ist nicht viel besser. Es ist schon Dämmerungszeit als wir, meine 3 Geschwister, Mutter und ich, aufbrechen, auf eine 3 Stunden lange Fahrt. Während der Fahrt passieren wir viele indische Dörfer. Manche Häuser sehen westlich aus, manche sind nur aus Wellblech und manche haben anstelle einer Haustür lieber einen Fernseher. Etwas für indische Taxifahrer typisches sei es, dass sie von Cafés Geld bekommen, wenn sie dort anhalten, so wurde es uns vor Abflug erzählt. Auch unser Fahrer hält an einem Rastplatz und bleibt dort dreißig Minuten bevor es weiter geht. Den Rest der Fahrt verpasse ich, denn ich schlafe ein... Putthaparti hieß die Stadt in der ich aufwache. Meine Mutter rüttelt an mir und ich steige aus dem Taxi aus, denn wir sind da. Es kommt schon ein Kofferträger herbei. Er heißt Nummer Zwölf, den echten Namen erfahren wir nicht. Zuerst müssen wir uns noch für ein Zimmer eintragen, 19 Rupees am Tag kostet es, nicht einmal 50 Cent für 5 Personen. Hätte meine Mutter uns nicht, so müsste sie in einer großen Halle mit vielen anderen Menschen schlafen. Diesem entging sie dank uns und hatte so ihre Ruhe. Nummer Zwölf bringt uns zu unserem Haus. Ich finde es beeindruckend, wie viele Nationen dort mit uns lebten. Kanada, Indien, China, USA. Mit meinen Bruchteilen von Englisch, die ich mit 13 Jahren sprechen kann, unterhalte ich mich. Ein tolles Erlebnis war es die Geschichten der verschiedenen Personen zu hören. Meiner Mutter raten die Mitbewohner, den Wasseranschluss, der voller Keime ist, zu meiden. Dann beziehen wir unser Zimmer. Es ist so einfach, wie nur möglich eingerichtet. Ein Doppelbett, Toilette und Dusche und ein Ventilator. Vor den Fenster sind Gitter um uns vor den Moskitos bei Nacht zu schützen. Gegen ein paar Rupees werden uns noch Matrazen und sechs Flaschen Wasser gebracht. Es ist schon spät; wir putzen uns mit dem Wasser aus den Flaschen die Zähne. Auf der Toilette benutzen wir deutsches Toilettenpapier, ich hätte es beim Anblick des dünnen indischen Toilettenpapieres auch direkt vermisst. Ich lege mich schlafen. Neben meiner Matratze auf dem Boden verläuft eine Ameisenstraße. Ich zwinge mich selbst mich umzudrehen und einzuschlafen. Als ich am nächsten Morgen aufwache, sind die anderen schon wach. Meine Mutter will sich auf den Weg machen um sauberes Wasser zum Duschen zu holen. Als sie geht schnappe ich mir ein Comicbuch und lese. Meine große Schwester will gerade in den Innenhof, als ihr etwas schlimmes auffällt: Meine Mutter hat die Tür abgesperrt! Durch einen von außen vorgeschobenen Riegel konnten wir die Wohnung nicht verlassen. Minutenlang hämmern wir verzweifelt gegen die Tür und rufen nach Hilfe. Als uns unsere kanadische Nachbarin hört, sperrt sie sofort die Tür auf. Wir sind froh in die kühle Morgenluft des Innenhofes zu kommen. Der Hof ist verdreckt, da alle ihren Müll aus den oberen Stockwerken herunterwerfen. Als unsere Mutter mit zwei vollen Wassereimern zurückkommt, erzählen wir ihr davon, dass sie uns eingesperrt hat. Jetzt können wir Geschwister alle darüber lachen. Nach dem Duschen verlassen wir das Haus. Direkt nach dem Verlassen gehen wir zu einem Kokosnuss stand und teilen uns eine Kokosnuss. Mit der Machete bearbeitet der Verkäufer die LKW-Weise angelieferten Kokosnüsse. Zu meiner Verwunderunf sind diese Grün, da sir keinen langen Transportweg hatten. Um etwas zu essen für uns zu kaufen gehen wir in einen Supermarkt. Von der mittlerweile schwülen Hitze der Außenwelt kamen wir in einen riesigen Markt, zur Mittagszeit mit hunderten Menschen gefüllt. Sehr günstig bekommen wir hier Süßes und Obst. Um schon etwas davon zu essen, gehen wir in einen Park um uns dort zu setzen und zu essen. Für mich war es jedoch kein richtiger Park. Es gab ein Paar Bäume und zwischen den Bänken liefen gelegentlich streunende Hunde her, die Essen aus den umgefallenen Mülltonnen suchen. Ich genieße einen Schokoriegel. Es kommt ein kleiner Junge, Inder. An seiner Kleidung und den baren Füßen sehe ich direkt seine Armut. Für mich, einen 8-jährigen, dessen Eltern genug Geld haben, ist die allumfassende Wirkunf der Armut nicht begreiflich. Meine Mutter hat Mitleid und gibt ihm etwas zu essen, denn er sieht deutlich unterernährt aus. Und für uns waren es nicht einmal ein paar Cent. Für mich ein prägendes Erlebnis, dass mir die indische Armut gezeigt hat. Ich sehe viel mehr, was ich in Deutschland habe. Am Mittag gingen wir in den Speisesaal, wo es für 50 Cent ein komplettes Essen mit Trinken gab. Am Tisch mit uns waren wieder viele Nationen vertreten, mit denen meine Mutter ins Gespräch kam. Sie erzählt uns von den Geschichten der anderen. Es war toll, so an dem Leben von anderen Teil zu haben. Bis zum Abend haben wir uns noch in Puttapharti umgeschaut. Am Abend öffnet meine Mutter leider das Mückennetz. Ich habe die ganze Nacht das Gefühl, dass tausend kleine Finger auf mir sind. Die kleinen Mücken stechen mich überall. Ich bedecke mich mit möglichst viel Stoff um meinen Körper zu schützen. In den nächsten zwei Wochen sehen wir noch religiöse Zeremonien und ein Museum der Religionen. Eine tolle Erfahrunf um mehr über die Nationen zu lernen, die ich heute, fünf Jahre später nur weiterempfehlen kann. In Indien gibt es Armut, Hitze und viel Leid, denn Bollywood ist nicht Indien.