Auch Lebensrhythmus will gelernt sein
Wo andere Leute Urlaub machen, erlebte bekka ihren Freiwilligendienst: In einem Waldorfkindergarten auf Teneriffa verschönte sie spanischen Kindern den Tag. Das Protokoll eines typischen teneriffischen Walddorfkindergartentages.
Rhythmus ist in der Waldorfpädagogik sehr wichtig, um den Kindern Sicherheit zu geben. Beispielsweise gibt es im Waldorfkindergarten "El Mora" in La Laguna, Teneriffa, jede Woche in etwa den gleichen Ablauf mit einer bestimmten Aktivität je Tag: Jeden Montag malen wir mit Wachsmalstiften, jeden Mittwoch mit Aquarellfarben, am Donnerstag backen wir Brot und freitags kommt eine Eurhythmistin und macht mit den Kindern Eurhythmieübungen. So können sich die Kinder leichter in Raum und Zeit orientieren.
Auch der Tagesablauf ist ganz klar strukturiert. Ein typischer Tag in unserem Kindergarten auf Teneriffa sieht etwa folgendermaßen aus:
9.00 Uhr Der Kindergarten fängt an und mein Arbeitstag beginnt. Zunächst haben die Kinder Freispiel. Meistens konstruieren sie mit Regalen, Tischen, Bänken, Tüchern und anderen Spielsachen Häuser, Schiffe und Burgen - oder was ihnen sonst noch so einfällt. Die Erzieherin Hilde und ich müssen nur eingreifen, wenn Streitigkeiten geschlichtet, weinende Kinder getröstet oder verbotene Aktivitäten (z.B. aus dem Fenster klettern) unterbunden werden müssen.
10.30 Uhr Es geht ans Aufräumen. Entweder wird es durch ein kleines Spiel mit anschließendem Verteilen der Aufgaben eingeleitet oder wir singen unser Aufräumlied. Alle Kinder sollen mithelfen, wobei Hilde und ich natürlich am meisten wegräumen und in irgendwelchen Ecken auch schon mal versteckte Kinder finden. Am Ende stellen die älteren Kinder in der Mitte der Klasse um den Jahreszeitentisch herum vier Bänke im Kreis auf, wo sich alle Kinder für den Morgengruß hinsetzen.
10.50 Uhr Alle sitzen im Kreis und machen Fingerspiele, singen und begrüßen sich und den Tag. Gemeinsam zünden wir eine Kerze an und gucken, wer fehlt. Ich passe auf, dass die Kinder still sind und bei allem mitmachen. Danach räumen wir die Bänke wieder weg und tanzen einen Reigen oder spielen ein Spiel. Entsprechend der Jahreszeit gehen wir "aufs Feld“ und „ernten wie der Bauer“, singen zu St. Martin Laternenlieder, ziehen im Januar die Kinder mit einem Deckenschlitten durch den „Schnee“ oder machen Häschenspiele zu Ostern.
11.20 Uhr Dreckige Kinderhände werden gewaschen und wer will, kann auch auf Toilette gehen. Derweil spielen die Wartenden „Zug“ oder „Reiter“ bis alle fertig sind.
11.30 Uhr Endlich wird gefrühstückt. Je nach Wochentag gibt es ein bestimmtes Essen: montags Knoblauchreis, dienstags Obstsalat, mittwochs in Apfelsaft gekochte Hirse, donnerstags Haferflockenkuchen und freitags selbstgebackenes Brot.
12.00 Uhr Während die Kinder ihre Zähne putzen, räume ich den Tisch ab, spüle, fege und bereite den Bankkreis für die Märchenrunde vor. In der Zwischenzeit kümmert sich Hilde um die Kinder, hilft ihnen beim Schuhanziehen und geht mit ihnen in den Garten. Dort können sich die Kleinen dann unter Beaufsichtigung austoben.
12.45 Uhr Das Spiel draußen ist beendet, die Kinder waschen sich ihre Hände und ziehen Hausschuhe an.
13.00 Uhr Alle sitzen im Kreis und hören andächtig ein Märchen, das Hilde ihnen vorliest. Etwa zwei Wochen lang ist es immer das Gleiche. Je nach Märchen spielen die Kinder danach noch eine Woche lang die Geschichte als Theaterstück selbst nach, da sie den Text nach zwei Wochen praktisch auswendig können.
13.30 Uhr Jedes Kind bekommt zum Abschluß des Tages noch eine Trockenfrucht, und für die meisten Kinder geht ein Kindergartentag zu Ende. Wer über Mittag bleibt, bekommt noch ein Mittagessen und kann sich anschließend zum Mittagsschlaf hinlegen.
15.15 Uhr Selbst die letzten Kinder werden jetzt von ihren Eltern abgeholt und auch wir Betreuer können unseren Arbeitstag beenden.
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