Angekommen am Rande der Zivilisation??
Nach langer Reise angekommen und schon die ersten interessanten Arbeitstage hinter mir.
Seit Sonntag, dem dritten Oktober bin ich an meinem Einsatzort angekommen. Glücklich und ohne größere Komplikationen.
Zur Reise:
Nachdem ich mein Visum ja endlich hatte konnte ich am Freitag den 1. Oktober fliegen. Da mein Flug um 14.15 Uhr in Berlin startete fuhr ich schon um 3.05 Uhr in Stuttgart mit dem Zug los.
Ich bin dann einigermaßen pünktlich in Berlin-Schönefeld angekommen und musste sogar noch warten bis der Schalter am Flughafen öffnete. Probleme machte nur die deutsche Sicherheitskontrolle, die mich ganz ausführlich durchleuchteten, mich aber dann doch durchließen. Also erste Hürde geschafft! (Ja, für mich stellte der Flughafen eine Hürde dar, da ich bisher noch nie geflogen bin, und dann gleich mal nach Hinterrussland, da hab ich mir dann doch einige Gedanken gemacht, ob ich glücklich durch die Flughäfen kommen würde)
In Moskau gelandet fragte ich mich erst mal wohin? Ich entschloss mich einfach mal den anderen Passagieren zu folgen. Als nächstes wollte ich dann wissen wie das jetzt mit meinem Gepäck läuft, denn in Berlin sagte man mir, dass das Gepäck nicht durchgebucht werden kann und ich in Moskau erst auschecken und dann wieder einchecken müsse. Da ich aber nicht allzu viel Zeit hatte, hoffte ich, dass das Gepäck vielleicht doch gleich zum nächsten Flieger gebracht wurde.
Glücklicher Weiße traf ich oder besser gesagt traf mich am Flughafen ein deutscher, der ebenfalls einen Inlandsflug als Anschluss hatte. Also schloss ich mich ihm an und er, da er fließend russisch sprach klärte für mich die Sache mit dem Gepäck. Ich musste das Gepäck noch mal neu aufgeben. Nachdem ich wusste wohin ich gehen sollte und nachdem ich die Zollkontrolle, bei der nichts kontrolliert wurde, passiert hatte ging das aber recht flott. Dann ging es zur Sicherheitskontrolle. Dort wartete schon das befürchtete Chaos auf mich. Alles voller Menschen die russisch reden und wusste nicht wie das hier mit der Sicherheitskontrolle ablief und warum zogen die Leute jetzt auch noch ihre Schuhe aus?? Hilfe wäre jetzt gut. Und die war nicht weit. Denn der nette Herr von vorhin kam eben auch an die Kontrolle und half mir wieder weiter, indem er Kisten für den Inhalt der Hosentaschen, Gürtel und Schuhe (aha also hier auch Schuhe für die Kontrolle ausziehen) besorgte.
Danach war alles kein Problem mehr und nach einer kurzen Wartezeit am Gate konnte ich einsteigen. Im Flugzeug brachte mich dann der Anblick meines Sitzes zum nachdenken. War nur der Sitz in diesem Zustand oder wurde der Rest des Flugzeuges auch von Klebeband zusammengehalten??
Naja, das werde ich wohl nie erfahren, aber auf alle Fälle landete der Flieger nach 9 Stunden Flug in Petropavlovsk-Kamtschatskii (kurz PK) (Übrigens war nicht ich an dem verspäteten Abflug meines Fliegers schuld, wie gewisse Leute mutmaßten)
Am dortigen Flughafen wurde ich dann von meiner Tutorin und einem ebenfalls erst angekommenen Freiwilligen empfangen. Nach einer Übernachtung in PK gings alleine in einme Bus voller Russen und Russinnen nach Esso. Die Fahrt dorthin war schon einkleines Abenteuer. Denn erstens konnte ich endlich die ersehnte Landschaft Kamtschatkas sehen, sowie die ziemlich runter gekommenen Dörfer mit alten Sowjetdenkmälern. Außerdem war die Straße meistens nicht befestigt sondern nur ein Lehmweg mit unendlich vielen Schlaglöchern. Zum Mittag hielt der Bus an einem russischen Schnellrestaurant. Nachdem ich den Eingang gefunden hatte hieß die nächste Schwierigkeit Speisekarte. Denn es gab nur eine einzige handgeschriebene. Da ich diese Schrift nicht lesen konnte half nichts als nur auf den Teller neben mir zu zeigen und zu sagen „auch“. Irgendwie hat das dann auch funktioniert und ich hab was zum Essen bekommen und bin auch wieder rechtzeitig am Bus gewesen, obwohl ich nicht wirklich wusste wie lange denn Pause ist.
Nach ca. 9 Stunden Fahrt bin ich dann in Esso angekommen und wurde von meinen beiden Mitfreiwilligen abgeholt. Die konnten mir schon jede Menge über den Naturpark (also meinen Arbeitsplatz) und dessen Mitarbeiter als auch über das Dorf und die dortige „Infrastruktur“ erzählen.
Am nächsten morgen (Mo. 4.10.10) ging es dann auf zum ersten Arbeitstag. Der begann wie jeder morgen mit einer „Planjorka“ also einer Teamsitzung, bei der alles wichtige der vergangene Woche und der kommenden Woche besprochen wurde. Dort durfte ich mich dann vorstellen. Das hab ich sogar noch auf Russisch hinbekommen, was den Mitarbeitern anscheinend gefiel. Von der eigentlichen Planjorka hab ich dann wieder kaum was verstanden.
Den Rest des Tages durfte ich dann Abfallholz auf der Straße in einem großen und warmen Feuer verbrennen. Eigentlich ein Dankbarer Job wenn man bedenkt, dass es an diesem Tag ungefähr 0 Grad Celsius hatte.
Zwischendurch war ich noch kurz im Sägewerk um Bauholz zu holen. Die Baumstämmen luden wir (also drei Parkmitarbeit und ich) auf einen kleinen LKW auf, der dem Naturpark gehörte und eine Abgaswolke ausstieß, auf die eine Dampflokomotive neidisch sein könnte.
Am Dienstag (5.10.10) war ich dann mit den selben Leuten und dem selben LKW im Wald um Brennholz für eine Rangerhütte des Naturparks zu schlagen. Der Weg zu dieser Hütte (auch Kardon genannt) glich dann weniger einem Waldweg, als viel mehr einer Pamzerteststrecke. Da der LKW allerdings nur 2 Sitzplätze hatte saß ich mit Sascha auf der Ladefläche. Da hatte man zwar nen tollen Ausblick auf die Landschaft, aber man hat dann auch die Unebenheiten des „Weges“ um so mehr verspürt. Bevor wir allerdings anfingen mit Holz sägen, gab es in der Hütte erst mal einen Tee und dazu Brot und Speck. Nachdem wir dann die erste Ladung Holz am Kardon hatten gab es dann Mittagessen: Tee, Brot, Speck und Kartoffeln.
Danach fuhren wir dann wieder eine gute Stunde zurück nach Esso: Feierabend.
Am Mittwoch (6.10.10) wiederholte sich das Schauspiel dann.
Obwohl die Arbeiter alle im Park angestellt waren, musste ich mich wundern, wie die Leute Bäume fällten. Denn man nahm beim fällen keine Rücksicht, ob vielleicht der fallende Baum nicht ein paar herumstehende, noch gesunde, Bäume mitreißt.
Aber nicht nur beim Baumfällen, sondern auch in allen anderen Lebenslagen merkt man, dass die Leute hier nicht das europäische oder deutsche Umweltverständnis haben. So lässt man sein Auto z.B. laufen wenn man mal „kurz“ für 15 Minuten einkaufen geht oder verbrennt Abfallholz gleich mit Plastikabfällen zusammen auf der Straße.
Am Donnerstag (7.10.10) war ich den ganzen Tag im Parkgebäude mich über die Arbeit der früheren Volontäre informieren oder auf dem Migrationsamt und der Bank um meine Registrierung zu veranlassen und zu bezahlen. (Was bei den russischen Behörden einiges an Zeit in Anspruch nahm).
Den Freitag (8.10.10) verbrachte ich mit Aufräumarbeiten auf dem Gelände der Parkverwaltung und am Wohnhaus der Volontäre(also auch meinem Wohnhaus), bei denen ich dann den wegen Prüfungen kurzfristig abgereisten und nun wieder gekommenen russischen Freiwilligen Sergej kennen lernen konnte.
Das Wochenende (8.-10.10.10) nutze ich zum Erholen und Spaß haben. Das heißt, dass ich am Freitag Abend auf der Einweihungsfeier der neuen Wohnung meiner Tutorin war. Diese ließ man dann noch in der örtlichen „Disco“ ausklingen. Diese Disco ist eigentlich ein Cafe, in dem den ganzen Tag laute (russische) Musik läuft und Abends ein paar wenige Leute dazu tanzen.
Am Samstag stand dann ein Spaziergang zu einer nahen Thermalquelle auf dem Programm. Da konnte ich also das erste mal im Winter ( ja es hat am Samstag das erste mal geschneit), angezogen mit Winterjacke, Schal und Mütze in einer heißen Quelle waten. Das war echt spitze. Ist einfach lustig bei ungefähr 0 Grad Barfuss in einer ca. 40 Grad warmen Quelle zu waten.
Am Abend setzen wir (heißt die Freiwilligen und meine Tutorin) noch einen drauf und gingen ins örtliche Freibad, bei einer Außentemperatur von ungefähr - 2 bis -5 Grad. Das einzige Problem beim baden im Thermalfreibad ist das Aus - und Anziehen. Es gibt nicht wirklich Umkleidekabinen, weshalb es einen ziemlich viel Überwindung kostet, sich bei solchen Temperaturen halb nackt auszuziehen und dann wieder aus dem warmen Wasser heraus zu gehen und sich wieder anzuziehen. Allerdings ist das Wasser so warm, dass man beim Umziehen noch richtig durchgewärmt ist und deshalb nur an den Füßen, welche im Schnee stehen, friert.
Den Sonntag nutze ich dann zum Putzen und einfach zum entspannenden nichts tun.
Zur Lebens - und Wohnsituation in Esso allgemein:
Will man in Esso wohnen, so muss man auf einigen Komfort verzichten. Der Ort verfügt zwar über die Dinge, die man zum (Über-)Leben braucht, wie jede Menge kleiner Läden, einer Apotheke, einem Krankenhaus (das allerdings nicht allzu groß sein kann, da es mir bisher noch nicht aufgeallen ist), wie erwähnt sogar einer „Disco“, und einem Gemeindehaus.
Allerdings ist das Leben in Esso teuer. Denn wer dachte, dass man hier mit ein paar Rubel alles kaufen kann, hat sich getäuscht. Außer Zigaretten und Eis ist hier alles teurer als in Deutschland. So kostet z.B. eine Tafel Schokolade (Milka) schnell mal 1,20 €, alle Milchprodukte (Käse, Joghurt…) sind sowieso teuer. Auch die Wurst. Und 180g Nutella kosten ca. 3 € Auch ein nicht allzu großer Brotleib kostet schnell mal einen Euro.
Die Häuser in Esso sind überwiegend kleine Holzhäuser, es gibt kaum Steinhäuser. Die Straßen sind nicht befestigt und wimmeln nur so von (je nach Wetter) Schlammlöchern oder Schlaglöcher.
Das Haus, in dem ich wohne, wurde erst kürzlich vom Park erworben und provisorisch zum Wohnhaus hergerichtet. Jetzt ist es eine WG für die Volontäre. Ich wohne dort mit den beiden deutschen Volontärinnen Vera und Susan, sowie mit den russischen Freiwilligen Nina und Sergej. In den nächsten Wochen wird noch ein russischer Freiwilliger namens Kostja einziehen. Außerdem wohnt noch ein Inspektor des Parks in dem Haus.
Mit meinen beiden deutschen Kolleginnen komme ich bestens aus. Mit Sergej eigentlich auch, allerdings habe ich ihn bisher nur selten gesehen und es ist einfach schwierig sich mit jemandem zu unterhalten, wenn man nicht die Selbe Sprache spricht. Also so richtig den Draht hab ich zu ihm noch nicht gefunden. Nina ist momentan nicht im Haus, sondern am Kardon (Rangerhütte), weshalb ich sie noch nicht wirklich kennengelernt habe.
Der Inspektor, der mit im Haus wohnt ist eigentlich in Ordnung, allerdings hat Juri Nikolajewitsch ein etwas seltsames Verhalten und nimmt nicht wirklich am WG-Leben teil. So schließt er z.B. sein Zimmer immer ab, auch wenn er nur aufs Klo geht, hat einen eigenen Kühlschrank und ist der einzige mit Einzelzimmer. Außerdem will er nicht wirklich für Ordnung sorgen und überlässt das lieber den anderen.
In der Wohnung fehlt es noch an vielem. So können wir froh sein, dass wir fließend warm und kalt Wasser haben, ein Bett, eine Badewanne und ein Klo, sowie einen Herd, bei dem nur eine von zwei Platten funktioniert. Einzelzimmer, Waschbecken im Bad, Vorhänge, ein Wohnzimmer, ein Kleiderschrank, eine funktionierende Zimmertür, Internetzugang, ein Staubsauger, ein Besen mit langem Stil und vieles mehr bleiben dabei vorerst noch Wunschtraum.
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