And the livin is easy
Der Sommer ist in Lodz angekommen und die Stadt erstrahlt in ihrer ganzen Pracht - vor allem kulturell. Johannson lässt sich das nicht zweimal sagen und nutzt das reichhaltige Angebot.
Ich kann mich nicht beschweren. Und nicht, dass ich es nicht versuchen würde. Aber eigentlich lebe ich genau wie ich es will. Jeden Tag arbeite ich eine akzeptable Zeit und mache mindestens eine schöne Sache. Und dazu gibt mir Lodz im Sommer soviel Gelegenheit, dass das Herz weint, weil man sie nicht alle nutzen kann, die ganze Zeit. Jeden Tag treffe ich entweder Freunde oder gehe ins Kino, in Ausstellungen... oder beides. Fast täglich werden in den Parks gratis Filmklassiker gezeigt, gestern, heute, Samstag gleich zweimal. Die Piotrkowska ist hoch und runter gesäumt von Straßencafés, und die Leute füllen sie egal zu welcher Stunde. Es ist echter Sommer. Und in Sachen Spaß und Kultur macht dieser Stadt keiner was vor. Dazu habe ich Einladungen nach Bulgarien, die Ukraine, die Türkei, Slowenien, Frankreich, England – ganz zu schweigen von jeder Menge offener Türen in Deutschland und Polen.
Vor einer abendlichen Filmvorführung im Poniatowski-Park hatte uns der Leiter der Gruppe "Kritische Masse" für Freitag zu einer Kundgebung für ein fahrradfreundlicheres Lodz ein. Und tatsächlich, als ich zwei Tage darauf in einem Cafe an der Piotrkowska sitze, klingelt sich ein nicht endender Strom Fahrräder die Straße hoch. Ich bin nicht allein.
Vor kurzem hat mir mein Tandem Kasia den Stadtsee in einem Wald nördlich der Stadt gezeigt, kurz vor dem Landschaftsschutzgebiet. Sie hat mir ein Buch über die Lodzer Fabrikantenfamilien geschenkt. Mit Ania war ich im Poznanskipalast zu einer Ausstellung über die Chassiden. Sie arbeitet sehr viel zu jüdischen Themen, unter anderem mit einer bekannten Journalistin der lokalen Gazeta Wyborcza. Von ihr habe ich erfahren, dass Marek Edelman in Lodz lebt.
Morgen ist natürlich Schluss mit lustig. Da gehen wieder die Sirenen los. Dann ist wieder Jahrestag des Aufstands. Parteien und Politiker schießen seit Wochen den Schlamm von den Barrikaden, wer die Sache am würdigsten begehen kann.