38-Sekunden-Spiegel
Zum Verlassen der Wohnung gibt es zwei Möglichkeiten – Treppe und Fahrstuhl. Der allgemeine Mensch entscheidet sich wohl in den meisten Fällen für die bequemere zweite Variante...
Zum Verlassen der Wohnung gibt es zwei Möglichkeiten – Treppe und Fahrstuhl. Der allgemeine Mensch entscheidet sich wohl in den meisten Fällen für die bequemere zweite Variante. Meisten alleine, vielleicht sogar in Eile, zwängt man sich in die Kabine. Knopf 0 oder 7 drücken und die Tür schließt sich hinter einem. Jetzt beobachtet einen niemand mehr. Nur man selbst mustert sein eigenes Spiegelbild mehr oder minder gedankenverloren. Die Hast wird für einen kurzen Augenblick vergessen. Man widmet sich Dingen, für die man sich sonst wohl keine Zeit nimmt: Man kontrolliert mit kritischem Blick die morgendliche Rasur, versucht ein paar neue Grimassen für die Theatererwärmung im Blizniak zu schneiden. Zwischendrin wird man durch Quitschgeräusche aus den Gedanken gerissen. Dann stellt man noch fest, dass die Haare für polnische Verhältnisse schon wieder viel zu lang sind. Ein kurzes Ruckeln, ein weithin zu vernehmender Gong - und man wird zurück in der Öffentlichkeit geworfen.
Nach 38 Sekunden im geschützten Raum.
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