Zwei Polen stürzen die Berliner Mauer
Zum Tag der Deutschen Einheit suchte eine "kleine Riesin" ihren Onkel in den Straßen Berlins. Ein schönes Symbol für die deutsch-deutsche Vereinigung war die finale Begegnung der Giganten. War das zum Mauerfalljubiläum noch zu toppen? Ja - meint Malte Koppe aus der Hauptstadt.
Am 9. November 2009 fiel die Mauer in Berlin. Zum zweiten Mal. Lech Wałęsa, ehemaliger polnischer Staatspräsident, sowie höchste EU-Vertreter stießen eine Kette von rund 1000 übergroßen Dominosteinen an. Jubel erschallte, als die mauerähnlichen Steine zwischen Reichstag und Potsdamer Platz der Reihe nach fielen. Und beim Feuerwerk vergaßen die Zuschauer für einen Moment den Dauerregen.
"Domino Day" einmal anders. Die Symbolik war gut gewählt. Erinnerte die Aktion doch daran, wie leicht schließlich die Mauer und damit die gesamte DDR fiel - wie ein kleiner Spielstein. Auch das Bild der Kettenreaktion ist stimmig: Ein Stein fällt, weil der vorherige fällt. Ein Ereignis führte auch 1989 zum anderen. Die Fälschungen der Kommunalwahlen in Ostdeutschland resultierten in den von Leipzig ausgehenden Montagsdemonstrationen. Zu diesen wiederum wäre es ohne die vorherige Grenzöffnung zwischen Ungarn und Österreich kaum gekommen. Ganz am Anfang steht jedoch das mutige Aufstehen des polnischen Volkes in der Solidarność-Gewerkschaft 1980.
Die Politplaner in Berlin trugen diesem Faktum am 9. November 2009 erfreulicherweise Rechnung. Dass der legendäre Solidarność-Führer Wałęsa den Stein des Anstoßes beim Domino gab war Balsam auf die polnische Seele. Zu oft fühlt man in Warschau den eigenen positiven Beitrag zur europäischen Geschichte ignoriert oder gar verlacht. Wałęsa ist zwar in Polen keine unumstrittene Figur mehr, trotzdem muss die Wahl gelungen genannt werden. Der Zufall wollte es, dass mit Jerzy Buzek als derzeitigem EU-Parlamentspräsident ein weiterer Pole am Potsdamer Platz mitanstoßen durfte.
Zwei Tage später, am karnevalsträchtigen 11.11., feierte Polen seinen Unabhängigkeitstag. Dieser markiert in Polen das Ende des 1. Weltkrieges im Zuge dessen nach über 123 Jahren wieder ein eigenständiger polnischer Staat entstand. Schön wäre es, diesen wichtigen Tag in Polen mit dem Jubiläum des Mauerfalls in Deutschland zu verbinden. Es mag noch Träumerei sein, aber vielleicht feiern Deutsche und Polen ihre großen Gedenktage irgendwann zusammen?
Der 9. November ist aber in Deutschland nicht nur Anlass zur Freude. Auch daran muss erinnert werden. Kein anderer Tag im Jahr steht so für die Schuld in der deutschen Geschichte. Am 9.11.1923 versuchte Adolf Hitler in München die Regierung zu putschen. Und genau 15 Jahre später spielten sich auf seinen Befehl hin im Deutschen Reich schreckliche Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung ab.