Zum Schluss gibt’s Fisch
Johanssons Praktikum ist bald vorbei. Doch es gibt noch ein wenig Zeit, um den letzten Ausflug zu unternehmen und an der Ostsee ein fast mediterranes Wochenende zu erleben.
Bald ist das Praktikum zu Ende. Der Abschiedsausflug führte uns alle nach Gdynia (Gdingen), also besser gesagt in das Konglomerat Danzig-Sopot-Gdingen. Machte zwar eigentlich keinen Sinn weil Beata ohnehin auf Urlaub ist, aber bei der Hitzewelle ist das Meer der beste Ort auf der Welt.
Freitag
Nach den Erfahrungen in Breslau habe ich mich, zuzugeben, nicht groß um Integration bemüht. Trotz dessen habe ich Offenheit bewiesen: Freitag nach der Anfahrt ging es schnurstracks ins Fischrestaurant und ich habe mich nicht nur mit Fisch angefreundet, nein, sogar mit Muscheln und Garnelen (wie Leber!). Hitze zwingt zu leichtem Essen, und gratis Alkohol dazu verbietet rein vegetarische Ernährung.
Danach sind wir alle auf die Mole. Ach, mir ging das Herz über beim Anblick der Ostsee, die ich nun bestimmt ein halbes Jahr nicht mehr gesehen hatte, und in sommerlichen Zustand vermutlich nicht mehr seit dem Wochenende in Danzig im letzten Mai. Weil man sentimental besser allein ist, habe ich mich dort abgekoppelt und bin zu Beatas Wohnung ein lang herumliegendes Geschenk abgeben. Gdynia ist ja nicht gerade als schöne Stadt verschrien, aber ich fand wenig zu meckern. Beata z.B. wohnt in einem ruhigen Viertel mit Einfamilienhäusern auf einem Hügel mit direktem Blick auf die Ostsee. Abends bin ich noch in einige von ihr empfohlene Kneipen, aber ohne spektakuläre Aktionen mittelfristig ins Hotelbett.
Samstag
Am nächsten Tag war Stadtführung, erst zur Seebrücke und Strand in Sopot, wo gerade halb Polen badet. Später dann nach Danzig, wo uns unsere Führungskraft lobenswerterweise statt der fünfmal gesehenen Normalattraktionen die napoleonischen Forts über der Stadt zeigte. Später mehr Fisch im Restaurant mit Bildern von Walesa an der Wand. Zurück nach Gdynia und, was ich mir in Sopot versprochen hatte, direkt an den Strand – das erste Mal Baden dieses Jahr! Ha da kann mir ein Spanier was von kaltem Wasser erzählen was er will, nichts geht über weißen Strand, unsalziges Wasser, gewellten Sandgrund und mit Laubwäldern grün überwachsene Klippen. Nein, das Fußballspiel habe ich nicht geguckt. Stattdessen habe ich mit Sophie noch etwas am Strand getrunken und bin später ein Stück allein durch die Stadt gelaufen.
Sonntag
Mittags war schon Abfahrt. Aufgrund bereits morgendlicher Hitze wollte ich nach dem Frühstück noch schnell die Gelegenheit zum Baden nutzen. Zuerst aber bin ich noch einmal zum Aussichtspunkt, unter dem großen Kreuz, auf dem Hügel, über dem Meer, bei Beatas Wohnung. Ach, die dünne Linie von Hel am Horizont, die noch dünnere weiße Linie zwischen Himmel und Meer, der Horizont selbst. Keine Wolke am Himmel, mediterrane Atmosphäre. Unter mir ziehen leise aus dem Hafen auslaufende Schiffe ihre weißen Linien durch das Wasser Richtung offenes Meer. Glocken aus der Stadt. Dann Meer, Baden, sechs Stunden Saunazug, Warschau, letzte Reise vorbei.
Warschau
In meiner Abwesenheit hatte Daria einmal in meinem Wohnheimszimmer übernachtete um am nächsten Tag in die USA zu fliegen.
Am vorangegangenen Mittwoch (7.7.) kam Kasia von ihrer Reise im Baltikum zurück und blieb eine Nacht bei mir. Da sich Leute aus Sejm und deutscher Botschaft zum Fußballgucken trafen, konnte sie einige Polen kennen lernen, die das Praktikum im Bundestag gemacht hatten, für das sie sich bewirbt. Beim Spiel sind wir aber angesichts das Absehbaren nicht lange geblieben, nach der letzten WM tue ich mir eine Kneipe jubelnder Polen nicht noch mal an. Dann lieber auf Kneipentour im Zentrum, schließlich hatte ich Geburtstag und Kasia den ersten freien Tag seit ca. 30 Jahren. Das wurde gefeiert, und ich konnte danach sogar noch laufen :)
Donnerstag (8.7.) war das erste, noch inoffizielle Abschiedstreffen, noch von den Praktikanten selbst organisiert, nur das die außer den deutschen alle Praktikanten verschwunden sind sobald die unvermeidlich zahllosen Fotos gemacht wurden.
Montag nach Gdynia (12.7.) fand die Zertifikatsübergabe am Ende des Praktikums statt. Wir arbeiten zwar offiziell noch bis Freitag, aber einige desertieren bereits früher. Man schüttelt noch mal überall Hände, aber langsam gehen überall die Lichter aus. Aber ich versuche mich nicht der Abschiedssentimentalität zu ergeben.
Dabei hilft was zu tun. Nach den Wahlen und am Beginn des Sommerlochs (pl. "Gurkensaison") haben die Parteifraktionen mehr Zeit. So habe ich es geschafft, endlich durch die Räumlichkeiten der regierenden Bürgerplattform und sowie der Bauernpartei geführt zu werden. Alle so nett da – und jung! Die PO stellt praktisch nur Studenten an. Die PiS hat leider zuviel zu tun für mich.
Nach der Arbeit gibt mir eine Gruppe frisch gebackener Stadtführer zurzeit eine Runde gratis Führungen. So Montag zum Thema August des Starken, dem vernachlässigsten König Polens, Mittwoch durch Praga, das Viertel am Ostufer der Weichsel.