Z naszymi pięknymi latarniami
...ja, diese Worte sind wirklich echtes richtiges Polnisch, auch wenn sie dank Narzednik, Instrumental (Iiiiih Grammatik!) und der Pluralform eher nach einer Fantasiesprache klingen. Aber genug gestrebert, jetzt geht es um den Traum jedes Mädchens, Arbeit mal 256 und natürlich die schönen "Latarniami".
Hallihallo, nach einigen Wochen melde ich mich auch mal wieder :D Direkt aus dem Wartesaal eines Arzthauses, oder was auch immer das hier ist. Ich bin nämlich mal wieder krank. Klasse. Allerdings hat mir der Ex-Volontair von meiner Stelle gesagt, dass das wohl auch irgendwie zum Freiwilligendienst gehört. Er und sein Kollege waren auch ständig krank. Na das kann ja heiter werden! Jedenfalls habe ich Langweile, weil ich warten muss und außerdem etwas Schiss, weil ich schon so viel schlechtes über das Gesundheitssystem Polens gehört habe. Meine Ärztin ist wahrscheinlich völlig überarbeitet vom ständigen Überstunden machen...ob sie da noch Geduld für eine stammelnde Ausländerin hat? Wir werden sehen.
Ich hatte euch ja versprochen, vom Laternenfest zu erzählen. Na dann mal los: Am 13.11.17 wuppten Mattis und ich unsere zweite große Veranstaltung im Kindergarten. Die Vorbereitungen waren sehr stressig, denn für ein Laternenfest braucht man bekanntlich was? Laternen! Und nach feiner Deutscher Art müssen die natürlich was sein? Richtig! Selbst gemacht! Obwohl man selbstgemacht auch nicht unbedingt sagen kann, da die meiste Arbeit Mattis und ich hatten. Allerdings liegt das auch mit an uns, denn wir hatten den Ansporn für jedes Kind eine eigene zu fertigen und hatten aufgrund von Krankheit und dem Seminar in Berlin gerade mal zwei Tage für jeweils zwei Gruppen. Klingt viel, aber wenn man das Programm bedenkt, dass die Kinder jeden Tag haben, war es das nicht. Nachdem wir also 80 Kartonpapiere gefaltet hatten, durften die Kinder die Laternen bemalen und mit Schablonen Formen auf die Laternen zeichnen. Danach mussten alle Formen mit dem Cattamesser ausgeschnitten werden, was wir natürlich für die Kinder gemacht haben. Wir haben die Anzahl der Formen auf zwei pro Seite begrenzt, also acht Formen auf jeder Laterne. Und das dann mal 14 plus 18 Kinder ergibt...genau 256 Formen allein für mich zum ausschneiden! Jipiiiie! Da unser Bastel-Genie Mattis sich auch noch super komplizierte Formen wie ein loderndes Feuer oder ein Blatt mit sehr vielen Zacken ausgedacht hatte, war das ganze eine Wissenschaft für sich. So, was fehlt jetzt noch? Das gute alte Transparentpapier. Allerdings war das nirgends zu finden. Mattis war ungelogen in !fünf! Bastelläden und hat nur einmal in einer Ramschkiste eine kleine Packung gefunden. Nicht genug für 80 Kinder. Deshalb hat er es dann schließlich in Berlin gekauft. Auch die Laternenstöcke waren in Polen nicht zu kriegen und amazon wollte sie auch nicht nach Polen liefern. Glaubt mir, Deutschland ist echt prädestiniert, wenn es um soetwas geht. Letztendlich hat mein lieber Freund sie nach Deutschland bestellt und bei seinem Besuch mit hergebracht. Danke nochmal!
So. Außer der kreativen Laternen sollte es noch eine Rede geben und ein kleines Theaterstück über die Sankt Martin Geschichte. Darum habe ich mich gekümmert. Die Rede haben wir mit unserer Polnisch-Lehrerin übersetzt. Soweit, so gut. Aber als wir versuchten, sie vorzutragen, war ich am verzweifeln. In jedem Satz meiner hart erarbeiteten Rede machten wir drei Aussprachefehler. Ich glaubte nicht daran, dass wir das schaffen könnten. Wir hatten doch nur noch eine Woche! Doch unsere Lehrerin blieb beharrlich und gab uns die Rede als Hausaufgabe auf. Wir teilten sie in zwei Teile und gaben den schwersten Teil, der die Sankt Martins Geschichte beinhaltete, an Maryna, meine Koordination, ab. Da mussten wir ja eh spielen. Also übte ich die nächsten Tage...glaubt mir, Polnisch ist für mich ein niemals endender Zungenbrecher! Ich hoffe das ändert sich irgendwann. Aber Übung macht bekanntlich den Meister und so bekamen wir tatsächlich nach zwei Tagen ein fettes Lob von unserer ehrlich beeindruckten Lehrerin. Musterschüler, hehe. Naja, was muss das muss eben!
Doch mit all dem Stress nicht genug, hatte Mattis noch zwei coole, aber komplizierte Ideen. Nummer eins: Wir teilen wie Sankt Martin. Nur keinen Mantel, sondern in unserem Falle und vom Obdachlosenheim gewünscht: Środki Czystości! Was das ist?? Nun, dieses wunderschöne Wort bedeutet Reinigungsmittel! Oder Hygieneartikel, also Shampoo und so weiter. Idee Nummer zwei ist der Kindheitstraum vieler Mädchen: ein Pferd. Das heilige Ross von Sankt Martin dürfe doch nicht fehlen! Jedoch wo kriegt man ein Pferd her? In einem Land, in dem das Sankt Martins Fest kaum bekannt ist? Die Tage vergingen, es waren nur noch vier Tage bis zum Fest und Maryna hatte sich immer noch nicht um das schöne Tier gekümmert. In Deutschland wäre jede Hoffnung auf ein Pferd jetzt nur noch vergebens. Aber nicht in Polen. Vier Tage vorher, ein kurzer Anruf und schwuppdiwupp hatten wir unser heiliges Ross, und zwar von dem „Freund und Helfer“ höchst persönlich! Danke an die Polizei in Wrocław!
Als der Tag dann schließlich da war, ging einiges schief und anderes sehr gut. Als um kurz vor vier das Pferd auf dem Spielplatz des Kindergartens auftauchte, klebten die Kindernasen nur so an den Scheiben! "Konia, konia!", hörte man sie begeistert rufen. Während die Kinder abgelenkt waren, richtete ich Hörnchen auf einem Tablett an und Mattis und Jorge waren damit beschäftigt, in letzter Minute die Batterien in die elektrischen Plastik-Kerzen zu pressen, die leider keinen Schalter besaßen, sodass uns nichts anderes als diese Vorgehensweise übrig blieb. Warum wir keine richtigen Kerzen nahmen? Nun, das wäre hier verboten. Zu gefährlich. Da sind Polens Sicherheitsbestimmungen ausnahmsweise mal strenger als die Deutschen! :D Als alle Laternenstöcke, Laternen und Kerzen verteilt waren, startete das Fest, wie geplant, etwas verspätet :D Nach einer kurzen Ansprache und Danksagung der Direktorin hielten Mattis und ich unsere Rede, sogar mit Mikrophon. Alles lief wie geschmiert, auch das spontane und ungeübte Theaterstück funktionierte einigermaßen, auch wenn Maryna anstatt einfach den Text zu lesen alles auf Polnisch ausschmückte und ich nicht mehr genauso wusste, wo sie denn jetzt war, weil ich nun mal noch nicht alles verstehe! Naja, jetzt weiß ich, warum Generalproben eben doch wichtig sind. Nachdem wir gespielt hatten, gab Maryna ohne Vorwarnung das Mikro an den Pastor, an den ich gar nicht mehr gedacht hatte in meiner Planung. Die Rede war aber noch nicht zu Ende! Er kündigte schon die Spendenübergabe an, sodass wir einen Teil der Rede spontan streichen mussten, aber ich ließ es mir nicht nehmen, meinen schwersten Satz in der gesamten Rede, den ich unzählige Male geübt und laut gelesen hatte, dem Publikum zu präsentieren. Und der ging so:
„Każdy z nas może się czymś podzielić i uczynić świat lepszym miejscem dzięki swojem małemu, ale cennemu światłu“
Auf Deutsch würde man es ungefähr so schreiben („dj” wie bei Djungel ohne „d” lesen):
„Kadjdy snas modje schiä tschümsch potdjielitsch i utschünitsch schwiatt lepschüm mijeszem ddjänki swojem maoemu ale zennennemu schwiattou”
So, und wer sich mit mir messen möchte kann gerne versuchen, diesen Satz auszusprechen, nicht zu langsam und ohne Fehler bitte. Wer das geschafft hat, schicke mir geschwind eine Sprachnachricht. Den ersten richtigen einsendeten Satz belohne ich mit einer Kugel Eis, wenn er/sie mich besuchen kommt. Indianerehrenwort.
Und was das bedeutet? Folgendes: „Jeder von uns kann etwas teilen und die Welt zu einem besseren Ort machen, dank unseres kleinen, aber wertvollen Lichts.” <3 (Licht der Laterne als Metapher. Jeder Mensch ist zwar nur einer von vielen, aber er kann trotzdem etwas bewirken.)
Als ich danach den Satz: „Stop talking and start doing!” fallen ließ, bekam ich sogar ein lautes „Naprawdę” von der Direktorin zu hören. Trotz aller Komplikationen klappte es dann am Ende doch. Die Vertreter des Obdachlosenheims hielten ihr Paket in den Händen und bedankten sich herzlich.
Wochenlang hatten wir mit den Kinder die Laternenlieder, natürlich auf Deutsch, geübt. Gar nicht so einfach für Kinder, die weder lesen noch schreiben können und somit nur über das Hören lernen können. Da die Eltern diesen Anspruch jedoch an uns hegten, den Kindern Deutsch beizubringen, dachte ich, dass sie sich doch auch mal ins Zeug legen könnten, für ihre Kinder. Wir hatten für alle Eltern Texte und Noten ausgedruckt und ich wollte versuchen, es ihnen über einen Crash-Kurs einigermaßen beizubringen. Ich war hochmotiviert, im Gegensatz zu meinen erwachsenen Schülern. Irritierte Blicke, Gesichter, in denen geschrieben stand: „Was forderst du da von mir??” blickten mir entgegen. Habe ich zu hohe Ansprüche? Oder sind es einfach unmotivierte Eltern? Was denkt ihr?
Und dann ging es los. Maryna schickte mich zum Polizisten und meinte nur: „Du sagst ihm, wo es lang geht!” Na prima, innerhalb von Sekunden war ich also zum Führer und Verantwortlichen des gesamten Eltern- und Kinderzuges erklärt worden und hastete zum Polizisten, der auf seinem schönen großen braunen Pferd trohnte. Schüchtern sagte ich: „Do Fauntain???” „Tak, do fontanna!”, kam die Antwort. Wir steuerten nämlich den Springbrunnen auf dem großen Rathausplatz an, dem „Rynek”, damit jeder die schönen Laternen bestaunen konnte. Wir sind nämlich der einzige Kindergarten mit Laternenumzug, also eine kleine Sensation. ;) Angekommen, holte ich meine Bluetooth-Box aus meinem Rucksack und sagte an, wer welches Lied singen würde. Mattis Gruppen sangen „Laterne, Laterne” und meine sangen „Ich gehe mit meiner Laterne”. Adrenalin durchströmte meinen Körper. Jetzt würde man sehen, ob die Kinder das Lied wirklich konnten und alle Eltern würden es hören, mitten auf dem Rathausplatz mit einem großem Pferd an meiner rechten Seite. Vor allen Leuten sang ich die Lieder, wippte mit und spornte die Kinder an. Zu dem Adrenalin mischte sich nun eine ordentliche Menge an Endorphinen, denn die Kinder sangen laut und gut: „Ich geee mit meinaa Latääääärnä und meine Latääärnä mit miiiia” Zumindest den Refrain! :D Die lächelnden Gesichter der Eltern, die stolzen Kinder, singend, mit ihren wirklich wunderschönen und individuellen Laternen in den Händen zu sehen, das war Lohn genug für all den Stress, den mir dieses Fest bereitet hat. Nach einem Gruppenfoto und dem Futtern der leckeren, mit Marmelade gefüllten, Hörnchen und einem Becher Tee, war ich einfach nur noch glücklich. Einige Eltern bedankten sich bei uns und auch die Direktorin lobte uns noch einmal. Auch Maryna war stolz auf uns. Und dann war es geschafft. :) Eltern, Kinder, Erzieher, Freiwillige und unser „Hühhott” fanden ihren Weg zurück nach Hause. Halleluja.
Schon seit einem Monat nun ist meine WG um ein Mitglied reicher geworden. Mein neuer Mitbewohner heißt Jorge, kommt aus Spanien und kann kaum Polnisch, dafür etwas Russisch und sehr gut Englisch, da er einige Jahre in London gelebt hat. Er ist offen und warmherzig, sehr gesellig und hat schon in seiner ersten Woche für uns gekocht und uns zum Essen eingeladen. Er ist genau das, was unsere WG gebraucht hat. Mattis neigt eher dazu, sich zurückzuziehen und mit Marcel hatte ich ja so meine Schwierigkeiten. Jorge bringt uns alle zusammen, mit seiner lockeren und fröhlichen Art. Ein dickes Dankeschön! Und hochmotiviert ist er auch noch. Schon in der ersten Woche strebte er eine Koopertion mit einem spanischen Kulturzentrum hier in Breslau an und wollte eine Präsentation über Spanien halten, ohne Polnisch zu können. Ich bewundere seinen Mut, der Typ hat einfach keine Angst! Gut, er ist auch älter als ich (29 Jahre alt ist er) und hat auch schon Auslandserfahrung. Aber trotzdem. Diese pragmatische Art muss ich mir unbedingt abgucken!
...die polnische Ärztin war übrigens sehr nett und hat mich gelobt, dass mein Polnisch ja schon so gut sei. Ich fürchte, dass się geglaubt hat, ich verstehe alles. Sie hat nämlich unglaublich schnell unglaublich viel gesagt. Sie war auch sehr interessiert an meiner Arbeit hier und hat sich große Sorgen gemacht, ob ich denn auch ein gute Unterkunft habe und ob man sich um mich kümmert. Süß.
Aber macht euch keine Sorgen, ich war inzwischen noch einmal bei einer englischsprachigen Ärztin und es geht mir schon deutlich besser. Bis zum nächsten Mal oder origineller: „Do zobaczenia!”