Wo geht’s den hier nach Lipova?
"Rauf auf die Straße und rein ins Abenteuer!" Doch plötzlich befindet sich Henderson mit ihrem Auto mitten in einem Wald und die Insassen erfahren, dass ihr Ziel viele Kilometer in der entgegengesetzten Richtung liegt...
Es war mal wieder Zeit für einen kleinen Tagesausflug.
Geplant war eine Fahrt nach Timisoara. Eine schöne Stadt in der Nähe von Arad. Timisoara überzeugt vor allem durch ihre schöne alte Innenstadt mit einer schönen Kirche am Ende.
Doch es kam mal wieder anders als geplant. Wir haben uns kurzfristig überlegt, dass wir eigentlich gerne etwas mehr von unserer Region sehen wollen.
Also haben wir uns entschieden ein kleines Spiel zu spielen. Das Spiel nennt sich "rechts, links, geradeaus" und ist auf Maikes Mist gewachsen.
Dabei geht es darum, dass man vorher sagt, wo man bei der nächsten Kreuzung abbiegt. Klingt ganz einfach, hat aber auch seine Tücken, wie wir erfahren mussten...
Zuerst ging es ganz gut los. Es ging über Ghioroc nach Lipova. Doch dann fing das Unheil an. Ich hatte mich dafür entschieden, dass es an der nächsten Kreuzung nach rechts gehen sollte. Doch da kam für lange Zeit keine Abzweigung nach rechts. Grob 50 km später ging es dann in einer Ortschaft rechts ab. Also rauf auf die Straße und rein ins Abenteuer!
Wer schon einmal in Rumänien Auto gefahren ist, kann das einigermaßen nachvollziehen.
Die Straße war aber eigentlich recht gut und sah so aus, als wenn sie einfach in die nächste Ortschaft führen würde. Doch es gab da noch eine Sache, die dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung machte...
Nach einer kleinen Irrtour durch einen Bahnhof, sollte es an der nächsten Kreuzung nach links gehen. Die Straße sah dann schon nicht mehr so gut aus. Sah aber trotzdem noch befahrbar aus. Also abgebogen und losgefahren. Von da an ging es immer weiter bergab mit unserem Straßenglück.
Die Straße wurde immer schlechter und schlechter. Es gab auch keine Kreuzung mehr, an der man abbiegen konnte. Also immer weiter die Strasse lang. Irgendwann waren wir völlig in einem Wald verschwunden. Erste Bedenken wurden laut.
Gibt es hier eigentlich Bären? Ist nicht grade Jagdzeit? Haben wir eigentlich Handyempfang? Das letzte konnten wir eindeutig ausschließen. Also, alleine in einem Auto, mitten in der Jagdzeit in einem Wald, in dem es wahrscheinlich Bären gibt und natürlich kein Handyempfang.
Langsam wurde das ganze ein wenig unheimlicher. Vor allem, weil die Straße eigentlich nur noch aus Matsch bestand.
Der anfängliche Nieselregen war natürlich in dichten Nebel übergegangen. Man konnte so gut wie gar nichts mehr sehen. Grade mal so die Straße, aber um uns herum nicht mehr.
Irgendwann gelangten wir dann an eine Kreuzung. Sollten wir nun rechts, oder links abbiegen?
Dem Spiel nach links, aber wer achtet schon auf ein Spiel, wenn er gerade in einem Auto sitzt, dass sich irgendwo in Westrumänien, in einem Wald, in dem es wahrscheinlich Bären gibt, zur besten Jagdzeit, in tiefem Nebel und auf einer Straße, die mittlerweile nicht mehr wirklich als Straße zu erkennen ist, befindet?
Also, wir nicht...
Na ja, es ging dann nach einer kurzen Diskussion nach rechts. 100 Meter weiter gelangten wir auf eine kleine Lichtung. Auf dieser Lichtung befanden sich um die 15 Waldarbeiter.
Man muss sich diese Szene mal bildlich vorstellen. Wir befinden uns tief in einem Wald. Es ist nebelig und mittlerweile auch schon ziemlich dunkel. Dann fährt ein Kleinwagen mit deutschen Kennzeichen auf diese kleine Lichtung.
Die Insassen wollen eigentlich, beobachtet von 15 skeptisch blickenden Waldarbeitern, aus dem Auto aussteigen. Werden dann aber doch von der grob 15 cm hohen Schlammschicht auf der "Straße" abgehalten. Weshalb die Waldarbeiter so nett sind und ihnen ein Stück entgegenkommen. Nach einem kurzen skeptischen Blickaustausch erheben die augenscheinlichen Touristen das Wort.
Und welche Frage kommt dann wohl aus dem Mund der Insassen? Na klar: "Wo geht es den hier nach Lipova?"
Nicht nur, dass wir uns im tiefsten Wald befinden. Nein sie fragen auch noch in gebrochenem Rumänisch nach dem Weg. Und zwar ausgerechnet nach Lipova. Eine kleine Stadt, grob 80 km entfernt und in der komplett entgegengesetzten Richtung.
Als wenn jemand wirklich so blöd seien könnte und sich um grob 80 km in einen tiefsten Wald verfahren könnte. Unter diesen Umständen kann man sich ungefähr vorstellen, wie verdattert uns die Waldarbeiter anguckt haben und warum aus den hinteren Rängen leises zurückhaltendes Gelächter erschallte...
Aber zumindest konnten sie uns erzählen, dass wir gerade im tiefsten Wald sind und es hier keine größere direkte Straße nach Lipova gibt. Wir mussten also den ganzen Weg zurück, genauso wie wir gekommen sind.
Das haben wir dann auch gemacht. Ich wundere mich immer noch, warum wir nicht in diesem Schlamm stecken geblieben sind. Doch am Ende haben wir den Weg zurück gefunden und sind sicher wieder Zuhause angekommen. Ein wenig geschafft, doch wohlbehalten und glücklich wieder im sicheren Bett zu liegen.
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