Wiedergeburt der Schneemänner
Chouchette versteht die Spanier nicht mehr: Drei Schneeflocken kommen vom Himmel und in Barcelona brechen Chaos und Panik aus... selbst der U-Bahn-Verkehr wird eingestellt - von geschossenen Schulen ganz zu schweigen!
Vermutlich habt ihr alle davon gehört.
Wart wenn überhaupt etwas erstaunt und habt euch gedacht, na das wird wohl sicher an der Klimaerwärmung liegen. Und da habt ihr an diesem Tag aber trotzdem das Auto genommen und seid nach Hause gefahren.
Überhaupt nehmen wir ja gerne das Auto, nicht so übertrieben wie die Amerikaner beispielsweise (die sogar "befahrbare" Bibliotheken haben, was ich letztens erst erfahren musste), aber immerhin.
Und ob es regnet stürmt oder schneit ist uns relativ gleich. Wir kennen das, wir sind darauf vorbereitet und auch obwohl es für manch einen vielleicht nicht die schönste Jahreszeit im Jahr ist, erträgt man es. Kommt man damit klar.
Nicht aber die Spanier. Ganz ganz sehr im Gegenteil.
Denn obwohl dieses müßige Völkchen so schnell durch nix zu beeindrucken ist, hört der Spaß bei Regen und erst recht bei Schnee aber ganz gewaltig auf.
Wenn es regnet, mag das noch witzig sein die Menschen zu beobachten, wie sie plötzlich und wie angestochen auf der Straße los- und durcheinander stürzen, um vor dem Feind "Wasser" im nächstbesten Hauseingang reisaus zu nehmen. Die Straßen sind leergefegt und es herrscht eine Ruhe, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte.
Anders beim Schneegestöber letzte Woche, welches Nordspanien und damit auch Barcelona das erste Mal seit zehn Jahren wieder heimsuchte. Es herrschte schlicht und einfach: blanke Panik.
Ein Chaos ohne Ausmaß.
Schon bei den ersten Flocken blieben die Menschen wie versteinert auf den Straßen oder sogar mitten auf den Kreuzungen stehen und konnten es nicht fassen.
Als der Schnee stärker wurde, waren einige der Leute noch immer fasziniert und machten bereits Fotos und riefen die Großmutti in Madrid an ("Oma, Oma! Es schneit in Barcelona! Stell dir das mal vor!! Hast du das schon mal gesehen?"), während die andere Hälfte der Menschen schon wieder um ihr Leben rannte.
Die Metro rammelvoll. Überfüllte Busse und panische Frauen an der Haltestelle. "Wir kommen doch nie nie wieder nach hause!"
Neben mir im Zug begann sogar eine Frau zu beten. "Heilige Mutter!", rief sie jedes Mal, wenn wir durch einen Tunnel wieder ins Helle gelangten und der Schnee genauso tobte wie davor.
Herrgott, was denken die sich eigentlich?
Ebenso charmant ging es beim Aussteigen aus den und Einsteigen in die öffentlichen Nahverkehrsmittel zu. Die Türen öffneten sich und zu allererst stachen einem erstmal 20 Regenschirme entgegen, danach quetschten sich alle hektisch heraus und die nahezu erfrorenen Wartenden warfen sich ins Abteil wie hungrige Wölfe auf der Jagd.
Dabei möchte ich jetzt einmal feststellen, dass es zwar schneite und wirklich ein heftiger Wind tobte, die Temperaturen jedoch recht ertragbar waren und auch der Schnee auf der Straße nicht gleich meterhoch liegen blieb.
Das eigentliche Problem konnte demnach auch nur selbst heraufbeschworen werden. Vor lauter Durcheinander und der völligen Überforderung der Einwohner (Frauen mit Plastiktüten um die Schuhe, die sich krampfhaft am Geländer festhalten, während viel zu schnelle Autos laut hupend auf der Straße herumschlittern) als auch der Sicherheitskräfte stand auf einmal alles still.
Alle Straßen und Autobahnen wurden mit einem Mal gesperrt. Egal wer drauf war oder drauf wollte.
Ebenso Schule und Universitäten. Egal, wer drinnen oder draußen war, abgeriegelt haben sie die Türen, aus welchem Grund auch immer sei dahingestellt. (Sollte sich der Schnee durch die Tür einen Weg ins Innere des Schulgebäudes bahnen?!)
Genauso wurden Züge und U-Bahnen in der Fahrt gestoppt und das gesamte Schienen- als auch Busnetz lahmgelegt. Licht aus, Heizung aus, zehntausende Leute im ahnungslosen Dunkel.
Es gab Fälle, dass Leute sechs Stunden lang in einem nicht fahrenden Zug mitten im Nichts festsaßen, ohne Telefonverbindung, geschweige denn Heizung, noch Durchsage.
Glücklicherweise hatte sich das ganze Drama schon nach einem Tag wieder gelegt. Und auch wenn die Zeitungen und Nachrichten in Deutschland und vor allem hier voll waren von Schreckensbotschaften, war es doch schön, auch auf Spanier zu treffen die anderer Meinung waren.
Nämlich, dass es sich bei vier oder fünf größeren Schneeflocken nicht gleich um den Weltuntergang handelt und man nicht gleich eine 4 Millionen Stadt (samt U-bahn, es ist unfassbar!) lahmlegen muss.
Die spinnen die Spanier!
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