Wenn der Frühling kommt
Und damit die Halbzeit meines Freiwilligendienstes...
Ja, dieses Mal sage ich es mit Gewissheit: der Frühling kommt auch in den Norden Polens nach Gdańsk. Das beweisen mir Schneeglöckchen und Krokusse am Straßenrand, steigende Temperaturen und die geschwollenen Augen der von Heuschnupfen geplagten Menschen. Mir gibt der Jahrzeitenwechsel ganz viel Energie und ich suche gerade nach einem gebrauchten Fahrrad, um mehr Zeit an der frischen Luft zu verbringen. Doch ich möchte auch von meinen letzten Wochen berichten und fange mit Peters Besuch an.
Peter ist ein Freund aus Südafrika, der sich mit einem ehemaligen Freiwilligen aus seinem FÖJ entschlossen hat, Gdańsk zu besuchen. Unter der Woche sind meine Tage leider mit Arbeit und nachmittags Sprachkurs, Workshops vorbereiten, Sport, einkaufen und so weiter ziemlich voll, aber am Wochenende konnte ich ihren Besuch zum Anlass nehmen, selber meine Umgebung noch einmal genauer zu erkunden. Zusammen sind wir für einen Tag nach Hel gefahren. Hel ist eine Halbinsel etwa zwei Stunden Zugfahrt von hier entfernt. Wir standen also früh auf und liefen dann durch schöne Pinienwälder, am weiten Strand und durch ein Morski-Event. Morski nennen sich die Leute, die im Winter regelmäßig im Meer schwimmen gehen. Auf Hel trafen sie sich, um das gemeinsam zu tun und Geld für einen guten Zweck zu sammeln.
Am nächsten Tag besuchten wir Jumpcity, eine Halle voll mit Trampolinen. Es hat unglaublich Spaß gemacht rumzuhüpfen, sich in Schaumstoff fallen zu lassen und gegen gepolsterte Wände zu schmeißen, aber nach einer Stunde ist man auch echt fertig! Zur Entspannung sind wir danach noch durch den schönen Oliwapark gelaufen und haben Pierogi gegessen.
Am Wochenende danach stand Liubas und mein zweiter Wochenendtrip in Polen an: Wrocław (dt: Breslau). Die Nacht im Reisebus war überraschenderweise deutlich komfortabler als im Zug nach Lublin und so kamen wir recht entspannt an. Da wir nur zweieinhalb Tage blieben, hatte jeder Tag viel Programm. Von einer „Free Walking Tour“ zum Thema Straßenkunst, ging es auf den Aussichtsturm der Elisabethkirche, auch den Zoo mit beeindruckendem Aquarium und das Museum für zeitgenössische Kunst ließen wir uns nicht entgehen. Da Liuba und ich beide gerade keinen Zucker essen, mussten wir den vielen schönen Cafés widerstehen. Dafür hat Liuba sich auf Zwergen-Jagd gemacht. In der ganzen Stadt sind nämlich kleine Zwergenstatuen verteilt. Die Widerstandsbewegung „Orange Alternative“ hatte in den 1980er Jahren das kommunistische System kritisiert und sich dabei Zwerge zum Symbol gemacht. Ursprünglich war die erste Zwergenstatue in Wrocław 2001 also in Anlehnung an die Proteste gedacht, heute kann man allerdings 300 solcher Statuen finden und von vielen Geschäften wird es schlichtweg als Werbung genutzt. Ich war froh, von unserer Gastgeberin (einer portugiesischen Freiwilligen) zu einem brasilianischen Tanzabend und in das aktive Nachtleben der Studentenstadt mitgenommen zu werden. Die Stadt ist insgesamt sehr lebendig und ich habe Lust, im Sommer wiederzukommen.
Schon im letzten Eintrag habe ich erwähnt, wie viel Spaß es mir macht, eigene Workshops anzuleiten. Die mittwochlichen Workshops sind mittlerweile Routine. Spätestens am Dienstag besprechen Gabryel und ich, was wir mit den participants machen könnten. Das geht dann von Anti-Stress Bällen aus Luftballons und Reis, über Englischunterricht bis zu einer Kooperation, bei der ich Kresse Pflanzen angeleitet habe und er erklärt hat, wie man Origami Hasen als Verzierung bastelt. Einen bildlichen Einblick von meiner Arbeit bekommt ihr auch in diesem Video: https://www.youtube.com/watch?v=5UMBNlE2FAM&t=53s
Ansonsten finde ich es schwer zu begreifen, dass die Halbzeit meines Freiwilligendienstes erreicht ist. Die Frage nach dem Studium danach ist mir ferner als noch vor 5 Monaten, weil ich gerade einfach eine ganz andere Welt habe. Aber das wird schon noch kommen, da bin ich mir sicher. In unserer Wohngemeinschaft hat es einige Konflikte gegeben in den letzten Wochen. Das ging von banalen Küchenstreitereien bis zu scheinbar unüberbrückbaren persönliche Differenzen. Als dann mit Reis und Besteck Nachrichten geschrieben wurden, beschloss unsere Koordinatorin sich einzumischen. In klärenden Gesprächen mit ihr und ohne sie renkt es sich langsam wieder ein. Und mir geht es wie gesagt sehr gut, ich genieße den Frühling und Gdańsk mit allem, was es zu bieten hat!
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