„We don't speak, we communicate.“
Von einem Abend ohne Worte aber mit einer Menge Gefühlen.
„Welche Wörter zaubern dir ein Lächeln aufs Gesicht, welche Wörter machen dich fröhlich?“ Dies war eine der Fragen, die wir uns bei der Planung unseres Filmabends stellten. Am Ende einigten wir uns auf Liebe, Traum, Integration, Lachen und – Pizza. Und warum das ganze?
Anderthalb Monate ist es her, dass meine Koordinierende Organisation an uns Freiwillige herantrat und fragte, wer bei der Organisation einer etwas anderen Filmnacht helfen möchte. Am Ende meldeten sich drei von uns und gemeinsam erfuhren wir mehr und mehr über das Projekt „Speechless Night“. Ein Abend, der zum ersten Mal 2014 in Greifswald statt fand und jetzt regelmäßig dort und in anderen Städten wiederholt werden soll – ein Abend voller Kommunikation, aber ohne Sprache. Wie soll das funktionieren?
Zunächst ist ein Programmpunkt für alle Veranstaltungsorte gleich: es gibt eine Liste von Kurzfilmen, die nach verschiedenen Themen geordnet am Abend gespielt werden. Besonders dabei ist allerdings, dass in keinem dieser Kurzfilme auch nur ein Wort gesprochen wird. Die Geschichten der Filme sind auch ohne Sprache verständlich – und sorgen dafür, dass man an einem Abend mit vielen Menschen zusammenkommt, mit denen man vielleicht nicht die Sprache, aber dafür vieles anderes teilt.
Die Filme waren also vorgegeben, die restliche Abendgestaltung war aber offen – und hier kamen wir europäischen Freiwilligen ins Spiel. Die Stettiner NGO INKU sagte uns jede Unterstützung zu, wir konnten also vollkommen nach unseren Ideen kreativ werden. Diese Erfahrung war neu für mich – einen ganzen Abend komplett allein zu planen – aber es war auch eine der besten Erfahrungen, die ich bis jetzt in Stettin gemacht habe.
So trafen wir uns also fast anderthalb Monate lang mindestens einmal die Woche und es war fantastisch zu beobachten, wie das Programm nach und nach Form annahm. Wir konnten eine Theatergruppe aus der Nähe Stettins gewinnen, die selbst ein Programm für den Abend zusammen stellte (und uns als Organisatoren damit ebenso überraschte!). Außerdem wollten wir unsere Zuschauer dazu bewegen, selbst kreativ zu werden. Deshalb kauften wir Leinwände und Wachsmalstifte, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich nach den Filmen auszudrücken, ihren Gefühlen freien Lauf zu geben und auch das komplett ohne Worte.
Und wozu brauchten wir die am Anfang erwähnten Wörter? Nun, wir sprühten sie in der Nähe des Eingangs von INKU auf den Boden – in jeweils sechs Sprachen. Besonders das Wort Pizza fiel den Leuten dabei auf, weil es eben in allen Sprachen das gleiche Wort ist – hier ist die Verständigung also sehr leicht in allen Sprachen möglich. Zum Glück!
Dann kam endlich der 14. November und es war ein unglaublich toller Abend. Der kleine Kinosaal von INKU war komplett gefüllt, wir hatten über 60 Gäste und mussten kurz vor Beginn noch Stühle in den Raum stellen. Das Programm der Theatergruppe war fantastisch – die Schauspieler hielten sich an das Motto des Abends und sprachen tatsächlich kein einziges Wort. Sie sangen Lieder und regten die Zuschauer ohne Worte dazu an, selbst aktiv zu werden. So fingen sie zum Beispiel an, eine Rhythmus zu klatschen, zu klopfen und zu stampfen und nach und nach setzte der ganze Raum ein. Oder: die Schauspieler haben angefangen, zufällig die Zuschauer zu umarmen - bis sich schließlich der ganze Raum in den Armen lag. Ohne jede Aufforderung! – Zumindest ohne eine verbale Aufforderung. Es war wirklich sehr mitreißend zu sehen, wie alle unsere Gäste sich darauf eingelassen haben. Keiner war sich zu peinlich für solche Aktionen – und das hat mich sehr fröhlich gemacht.
Auch das Feedback, das wir nach der Veranstaltung erhielten, war durchweg positiv und selbst jetzt, zwei Wochen später, platze ich noch vor Stolz. Wir haben einen ganzen Abend nicht gesprochen und trotzdem haben wir so viele Menschen berührt – eigentlich unvorstellbar, zumindest am Anfang des Abends. Worte sind doch alles! Aber man lernt schnell, auch ohne Sprache zu kommunizieren und es verbindet. Und man nimmt einen anderen Blickwinkel ein: was ist mit den Leuten, die meine Sprache nicht sprechen, deren Sprache ich nicht verstehe? Wir mussten trotzdem einen Weg finden, uns zu verständigen.
Ich habe einige Gedanken aus dem Abend mitgenommen und gehe durch Stettin in der Hoffnung, dass auch unsere Zuschauer seit diesem Abend ein Stück offener durch ihr Leben gehen.