Wasserschock und Gartenbock
Über das Gefühl, wenn die Familie wieder weg ist, Badminton-Turniere, Garten-Kartoffel-Sonnen-Begeisterung, Wasserschäden und Ferienvorbereitungen
Montag, 04.04.2016
Auch, wenn es noch so schön ist Besuch zu haben, so ist es doch auch immer mit einer gewissen Anstrengung verbunden. Ich fühle mich als Gastgeber verantwortlich für das Wohl meiner Gäste. Dementsprechend bin etwas müde nach den vielen Besuchen der letzten Zeit.
Abends haben wir dann heute noch eine Reunion vom Tap, in der die letzte Tap Periode reflektiert wird. An sich sollte man meinen, dass das Ganze eine gute Idee ist. Allerdings führen leider viele Reunions nur zu heißer Luft. Diskussion ist gut. Aber nur, wenn man nicht die ganze Zeit auf seinem Standpunkt beharrt und Willens ist von ihm abzurücken, sowie eventuelle eigene Fehler einzuräumen. Der Grundtonus der Reunion ist, dass es verständlich ist, dass manche Kinder etwas querschießen. Schließlich wird von ihnen erwartet, dass sie begreifen, dass Tap nicht dasselbe ist wie Schule. Und das, obwohl es in den gleichen Räumlichkeiten stattfindet. Uns Animateuren wird empfohlen eine gewisse Distanz zu den Kindern zu bewahren und ihnen kein High Five zu geben. Ich muss ehrlich gesagt sagen, dass ich die Tatsache, dass die Kinder uns abklatschen wollen, nicht unbedingt als Respektlosigkeit sehe sondern viel mehr als Vertrauensbekundung. Aber da uns die Direktoren diesen Ratschlag ans Herz legt, versuche ich ihn zu verinnerlichen. Auch, wenn es mir schwer fällt, ich nicht wirklich weiß ob es etwas ändern wird und ich vermute, die Kinder damit noch mehr zu verwirren, da man im Centre das eben so macht. Die Kinder müssen denken, dass ich mehrere Persönlichkeiten in mir vereint habe...
Dienstag, 05.04.2016
Obwohl ich den ganzen Tag mit mir am Ringen bin, ob ich überhaupt zum Badminton gehen soll, überwinde ich mich am Ende doch. Ein bisschen Bewegung hat schließlich noch niemandem geschadet. Etwas überraschend werde ich zu einem Turnier bei unseren "amis" (Freunden) in den hohen Bergen mitgenommen. Dort spiele ich – so wie bereits letztes Mal – im Dameneinzel und Damendoppel. Das Einzel ist etwas ernüchternd, da ich gegen eine Dame spiele, die bereits seit mindestens sechs Jahren spiel. Mit meinen vorherigen Federballerfahrungen kann ich da nicht so wirklich mithalten. Schön ist es trotzdem. Völlig verschwitzt schlemmen wir mit unseren sympathischen Gastgebern noch etwas. Dann geht es wieder nach Hause. Und ich stelle fest, dass ich froh bin doch zum Training gegangen zu sein.
Mittwoch, 06.04.2016
Das Wetter ist wunderbar. Die Sonne scheint aus allen Knopflöchern. Man will es ja immer nicht glauben, aber Sonne ist ein wahrer Stimmungsaufheller. Sowohl wir Animateuere, als auch unsere kleinen Schützlinge sind viel entspannter (noch entspannter als sonst) und die Kinder total motiviert. Ich nutze diese unglaubliche Motivation und lasse die Kinder den Garten umgraben. Der Umgrabungsprozess hält leider nicht so lange an. Sobald die eifrigen kleinen Gärtner die ersten Kartoffeln im rechten Beet gefunden haben, wird jenes sofort von zwölf großen Gartenzwergen umstellt und eifrig mit Schaufeln, Harken und andern auffindbaren Gartenutensilien bearbeitet. Anstatt schöne Furchen zu graben, wird eher ein Grand Canyonartiges Loch gebuddelt, aus dem dann viele Babykartoffeln zu Tage befördert werden. Es ist eine nicht besonders sinnvolle Arbeit, aber die Kinder sind glücklich. Jedes ist mir Gartengummistiefeln und Schäufelchen ausgestattet und genießt es sichtlich an der frischen Luft zu sein.
Auch, wenn die Kartoffelaktion bedeutet, dass mehr Arbeit für M. Und mich überbleibt, bin ich sehr stolz auf meine Kleinen. Ihre Begeisterung ist angesichts der Tatsache, dass sie den Großteil ihres Lebens in der Schule verbringen, verständlich...
Sonntag, 10.04.2016
Am Dienstag fängt unser zweites EFD-Seminar an. Der sogenannte Mi-parcour. M. Fliegt dazu bereits heute nach Bordeaux. Nett wie ich bin, bringe ich ihn in aller Frühe nach Genf zum Flughafen und stelle mal wieder fest wie schön es so früh morgens in Genf ist. Es ist fast keiner unterwegs. Ich habe den Sonnenaufgang ganz für mich allein und das ist herrlich. So wirklich genießen kann ich ihn aber erst, als ich mich durch das Straßenwirrwarr um den Flughafen gewurstelt habe. Denn mit dem Camion dürfen wir nicht auf die Mautstraßen kommen. Nach einem kurzen Schock, bei dem ich denke, dass ich nun das Ungewollte nicht mehr vermieden habe, bin ich endlich aus Genf wieder draußen.
Den restlichen Tag lasse ich vergleichsweise ruhig angehen. Die nächsten Tage werden schließlich anstrengend genug werden. Ich packe meinen Koffer, kommuniziere noch über die letzten Details mit meiner airbnb-Gastgeberin und will mich entspannen. Aus dem letzten Punkt wird leider nur nicht so wirklich etwas. Eigentlich hatte ich vorgesehen, dass ich gegen zwei Uhr noch einmal raus gehe und dann um 16 Uhr ins Centre zur Reunion für die Ferien fahre. Vorher lege ich aber noch zwei Gläser ein, deren Etikette ich ablösen möchte. Dementsprechend lasse ich in unser Spülbecken heißes Wasser laufen. Da dieses aber sehr, sehr, sehr langsam einläuft, gehe ich kurz in mein Zimmer. Man kann es sich vermutlich fast schon denken. In meinem Zimmer fällt mir etwas anderes ein, das ich machen könnte. Darum komme ich erst nach zehn Minuten wieder Küche. Ich habe meine Etiketten schlicht und weg vergessen.
Umso größer ist der Schreck, als ich die Küche betrete und realisiere, dass der ganze Boden – Glücklicherweise Fliesen. Ich will mir gar nicht ausmalen, was ich bei Holzdielen da gerade angerichtet hätte... - mit Wasser überflutet ist. Ich habe einen selbst verursachten Wasserschaden! Hilfe! Ich schalte auf Autopilot, greife geistesgegenwärtig in das doch sehr heiße Wasser und ziehe den Stöpsel. So verschwindet wenigstens etwas Wasser. Aber damit ist dann leider noch nicht alles getan. Ich renne ins Badezimmer und greife alle Handtücher, die ich in die Hände bekommen kann, um mit ihnen das Wasser auf dem Boden aufzuwischen. Immer und immer wieder schmeiße ich die Handtücher auf den Boden um sie im nächsten Augenblick auszuwringen und wieder durch zutränken. Glücklicherweise hängen keine Kabel auf dem Boden herum, sodass weder unser Kühlschrank, noch unser Herd oder Ofen etwas abbekommen haben. Im Nachhinein realisiere ich, dass die ganze Aktion gefährlicher gewesen ist, als es mir in diesem Augenblick bewusst ist. Wasser leitet ja bekannter Weise ganz gut Strom... Ich bin völlig fertig. Erschrocken über das Wasser, erschrocken über meine Unaufmerksamkeit. Ich frage mich die ganze Zeit, wie mir das passieren konnte.
Zu Unrecht wiege ich mich in Sicherheit. Als ich mich nämlich erschöpft auf dem einen Stuhl in der Küche niederlasse, vernehme ich ein kontinuierliches Plätschern. Das ist nicht normal. Aber ich habe doch das ganze Wasser aufgewischt. Wie kann das sein? Ich versuche dem Plätschern auf die Spur zu kommen und finde sehr schnell heraus, von woher es stammt. Das Wasser hat sich auf wundersame Weise auch seinen Weg in die Schränke und Schubladen unter und neben der Spüle gebahnt und tröpfelt dort eifrig vor sich hin. Ich habe aber auch Pech... Diese Entdeckung bedeutet: Alles ausräumen, trocken wischen und hoffen, dass das Holz der Schränke nicht beginnt sich zu verformen oder zu schimmeln. Nach dieser Entdeckung bin ich fix und alle.
Doch leider fängt der eigentliche Tag nun erst an. Ich muss nämlich noch zur Reunion im Centre (ja, hier wird ab und an auch sonntags gearbeitet), damit wir die kommenden zwei Ferienwochen planen können.
Da ich nur in der zweiten Woche arbeite – die erste Ferienwoche bin ich auf dem Seminar in der Nähe von Bordeaux -, versuche ich mit meinen zukünftigen Kollegen eine Rahmengeschichte und Aktivitäten zu finden. Letztendlich einigen wir uns darauf, dass wir eine Weltreise machen und jeden Tag mit den Kindern einen neuen Kontinent entdecken, welcher dann auch Gegenstand der Aktivität an jenem Tag ist. Ich bin bei den Kleinen eingeteilt, was mich total freut. Es ist nicht so, dass ich die Großen nicht mag, aber ich verbringe bereits jeden Mittwoch mit den sechs- bis zwölf-jährigen. Ein bisschen Abwechslung kann da nicht schaden.
Da wir jeden Tag einen anderen Kontinent als Thema haben, versuchen wir immer eine landestypische Aktivität zu finden. Es ist nicht unbedingt einfach, vor allem, wenn es etwas sein muss, was sich auch mit den Kleinen umsetzen lässt. Aber nach einem sehr aktiven Gehirnsturm, haben wir unser Programm fertig.
Nun steht einzig und allein noch die Dekoration aus. Bereits unter der Woche habe ich verschiedenste Flaggen gepinselt und mich an eine überdimensionale Weltkarte gewagt. Auf Karton. Dass das Material nicht unbedingt das beste ist, stellen wir fest als wir bereits dabei sind Südamerika auszuschneiden bzw. Auszucutten (Die Tätigkeit, wenn man mit dem Cutter schneidet). Es ist eine mühsame Arbeit, die sich am Ende aber lohnt. Eine so schöne Weltkarte habe ich lange nicht mehr gesehen.
Schließlich geht es zu Hause wieder daran die letzten Sachen zu packen und den Wasserschock weiter zu verarbeiten. Eine gute Sache hatte der kleine Unfall aber: Ich werde nie, nie, nie wieder den Wasserhahn laufen lassen, wenn ich den Raum verlassen. Nein, stattdessen werde ich ihn wie einen meiner Kleinen beaufsichtigen. Denn man weiß ja nie, ob er Unfug anstellen wird...