Was wir durch Corona lernen können
Wir befinden uns inmitten einer weltweiten gesundheitlichen und humanitären Krise. Neben den Hiobsbotschaften aus den Medien lassen sich jedoch auch sechs konkrete Lehren aus der Corona-Krise ziehen.
Es ist März 2020. Normalerweise wären wir ganz normal in den Semesterferien und stünden nebenbei im Anfertigungsstress diverser Hausarbeiten. Jedoch spielt sich seit Anfang März in Deutschland ein realer Science-Fiction-Film ab, welcher unser Leben drastisch verändert. Das sogenannte Coronavirus, eigentlich CoV-2 und damit die Krankheit Covid-19, ist seit Wochen bestimmend und lässt unsere Welt herunterfahren. Um die Ausbreitung des unbekannten Virus aufzuhalten werden ganze Wirtschaftszweige lahmgelegt, Flugverkehr eingestellt und Grenzen geschlossen, Ausgangssperren für Bürger verhängt und nur noch die Versorgung der Grundbedürfnisse sichergestellt. Deutschland stehe vor der größten Herausforderung seit dem zweiten Weltkrieg, sagt die Kanzlerin. Dieses Virus umfasst die ganze Welt und macht keine Unterschiede. Unsere Erde befindet sich im Sparmodus.
Die Medien senden uns eine Hiobsbotschaft nach der anderen aus Deutschland und der Welt. Doch unbeachtet der derzeitigen Notlage und des Leids welches viele Menschen in diesen Tagen erleben, gibt es auch viele Punkte, die uns zum Nachdenken anregen müssen.
1. Ständiges Wachstum hat unser Leben in den letzten Jahrzehnten begleitet. Die nicht stoppende Sucht nach Macht, Gier und Konsum bringt die schlechten Seiten im Menschen hervor. Immer mehr, immer weiter und höher hinaus ist die Devise. Das hat zwar zu einem rasant ansteigenden Wohlstand und technologischem, sowie wissenschaftlichem Fortschritt geführt. Jedoch lässt es den Menschen keine Zeit zum Durchatmen und diejenigen, die nicht mitmachen, werden zurückgelassen. Es führt auch zu einer immer größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich. Das größte Opfer des ständigen Wachstums ist jedoch unsere Natur, die durch die Gier des Menschen rücksichtslos zerstört wird. Schon jetzt werden erste positive Auswirkungen auf das Klima bemerkbar, welche durch den teilweisen Stillstand unserer Welt hervorgebracht werden.
Das Coronavirus lehrt uns daher, dass ein immer steigendes Wachstum nicht existiert und daher unmöglich ist. Ferner lässt es uns darüber nachdenken, ob es denn ratsam ist, so mit uns und unserer Erde weiter umzugehen.
2. Der Semesteranfang wurde verschoben, Geschäfte und Firmen schließen und viele Leute müssen daher zu Hause bleiben. Dadurch verändert sich der Alltag vieler Menschen und plötzlich haben wir Zeit. Zeit um Herunterzufahren, um sich selbst zu besinnen. Zeit, um sich mit sich selbst zu beschäftigen. Doch können wir das überhaupt noch? Genau das, was für die Wirtschaft gilt, gilt auch für uns als private Person. Einfach mal nichts machen müssen, nicht überproportional konsumieren und endlich Zeit mit der Familie verbringen. Automatisch haben wir einen stressfreien Tag und können etwas für Körper und Geist in den eigenen vier Wänden machen. Wenn man nicht zu denen gehört, die gerade Leben retten, systemrelevant sind oder anderweitig z.B. durch Krankheit leiden, kann man sich glücklich schätzen.
Das Coronavirus lehrt uns daher, wie wichtig es ist, ab und an herunterzufahren. Unsere seelische und physische Gesundheit leidet durch den ständigen Stress und Druck, dem wir in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind. Sie gilt es zu schützen.
3. Plötzlich werden Berufsgruppen ins Rampenlicht gestellt, welche vorher nie eine solche Aufmerksamkeit bekommen haben. Ärzte und Ärztinnen, Krankenpfleger*innen und allgemein alle Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind, werden immer gebraucht und sind gerade jetzt umso wichtiger. Genau diese Gruppe, welche jahrelang unter den Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen zu leiden hatte. Speziell bei Krankenhäusern, wo Jahr für Jahr die Bettenplätze minimiert wurden, zeigt sich der Wert in einer solch humanitären Krise. Nun wird auch der Versorgung unserer Grundbedürfnisse mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Die Leute, die in der Lebensmittelversorgung (z.B. als Kassierer*in), oder im Bereich der Logistik/des Vertriebs (z.B. als LKW-Fahrer*in) arbeiten, verlangen größten Respekt. Dies gilt auch für das Sozialwesen mit jedweden sozialen und humanitären Einrichtungen, welche sich Tag für Tag um die Alten, Armen, Schwachen und Menschen mit Behinderung kümmern. Hier zeigt sich nun, dass eine angemessene Wertschätzung dieser Arbeitsbranchen nur mit einer angemessenen Entlohnung einhergeht.
Das Coronavirus lehrt uns daher, welche Dinge in unserem Leben wichtig und welche Berufsgruppen dafür zuständig sind. Dafür muss es eine angemessene, höhere Entlohnung für alle Arbeiter geben. Zugleich verlangt es mehr Investitionen in diesen Bereichen.
4. In Zeiten von Corona kursieren Whats-App-Kettenbriefe, Verschwörungstheorien und viele You-Tube-Videos, in denen sich oft Falschnachrichten befinden. Alternative Medien oder bestimmte Personen versuchen so, gezielt Panik, Populismus und Fake-News zu verbreiten. Nun zeigt sich auch die Wichtigkeit öffentlicher unabhängiger Medien, welche transparent die Bevölkerung informieren können und Experten in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu Wort kommen lassen.
Das Coronavirus lehrt uns daher, wie wichtig neutrale und unabhängige Berichterstattung ist.
5. Die Schulen schließen in vielen Ländern und über die Hälfte der Schüler auf der ganzen Welt sind wegen des Coronavirus zu Hause. Doch der Unterricht muss weiter gehen und die einzige Alternative ist das „Home-Learning“ über Online-Plattformen. Jedoch ist die Digitalisierung an Schulen in den letzten Jahren oft kaum vorangekommen und die Bildungseinrichtungen sind schlecht ausgestattet.
Durch die zahlreichen Schließungen vieler Unternehmen müssen die Arbeitnehmer zu Hause bleiben. Nur ist das Home-Office stellenweise nicht möglich und alternative und flexible Arbeitsbedingungen nicht wünschenswert. Die weltweite Wirtschaft bricht ein und gerade kleinere Unternehmen und Selbstständige leiden sofort darunter. Nun wird klar, dass ein neoliberales Wirtschaftssystem mit der Devise „die unsichtbare Hand des Marktes regelt alles“ in Krisenzeiten nicht funktionstüchtig ist. Gerade jetzt zeigt sich auch die Stärke eines funktionierenden Sozialstaates, welcher die Bürger unterstützen kann. Dazu werden Zukunftsmodelle, wie das bedingungslose Grundeinkommen immer nötiger, um auch solchen Krisen entgegenzuwirken. Des Weiteren wird die Dringlichkeit des Handelns in der digitalen Revolution, in der wir uns befinden, immer klarer. Zum Beispiel sind flexible Arbeitsmodelle, wie das „Home-Office“ alternativlos, zudem muss das Bildungssystem revolutioniert und digitalisiert werden.
Das Coronavirus lehrt daher, dass neue Zukunftsmodelle in unserer Gesellschaft so schnell wie möglich angepasst werden müssen. Dazu gehören vor allem das bedingungslose Grundeinkommen, neue flexible Arbeitsmodelle und die „digitalisierte Revolution“ im Bildungssystem.
6. Solche starken Beschränkungen im öffentlichen Leben hat es noch nie gegeben und es zeigt die Gefahr dieses Virus. Es zeigt nebenbei auch, dass unsere Demokratie intakt ist und die Regierung schnell entscheidungsfähig werden kann. Dies ist eine gute Nachricht und hegt Hoffnungen, dass schnelle nötige Änderungen, auch in Bezug auf den immer wichtiger werdenden Klimaschutz, durchaus möglich sind. Diesen Sachbezug hat Luisa Neubauer in ihrer kürzlich im „Stern“ veröffentlichten Kolumne ebenso beschrieben.
Das Coronavirus lehrt daher, dass unsere Demokratie intakt ist und schnelle Entscheidungsfähigkeit auch in Zukunft erwarten werden muss.
Diese sechs Punkte regen zum Nachdenken an und vielleicht bekommen wir es hin, aus dieser gesundheitlichen und humanitären Krise einige wichtige Dinge herauszuziehen. Doch bis dies umgesetzt werden kann, gilt es erst einmal uns und unsere Mitmenschen zu schützen, alles Mögliche zu machen, um die Krise zu bewältigen und den Virus letztendlich zu besiegen.
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