Was die Polen so feiern...
Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit dem polnischen Katholizismus konnte ich am Sonntag feststellen, dass neben der Religion auch ein gepflegter Patriotismus in Polen ein guter Grund zum Feiern ist.
Am 11. November feiern die Polen einen ihrer Nationalfeiertage, nämlich den Tag der polnischen Unabhängigkeit 1918. Obwohl diese Unabhängigkeit bekanntermaßen nicht besonders lange andauerte, ist dieser Tag für die Polen sehr wichtig, weil dieses Land in seiner Geschichte sehr oft und über sehr lange Zeit vollständig von fremden Großmächten besetzt war und zeitweise ganz von der Landkarte verschwand.
Dementsprechend euphorisch konnte man am Sonntag die Menschenmassen in der Innenstadt Polen-Fähnchen schwenken und Volkslieder trällern hören. Ich habe mir die Feierlichkeiten auf dem Jan Matejko Platz angesehen und war dabei gottfroh, dass ich zufällig eine halbe Stunde zu früh da war. So hatte ich eine Chance, auch tatsächlich einen Blick auf das Spektakel zu erhaschen. Nach den üblichen Begrüßungsreden kam nämlich die Parade vom Festgottesdienst auf dem Wawelberg anmarschiert. Gefühlte 20 verschieden uniformierte Abteilungen scheinbar aller Regimenter der Armee, die Pfadfinder, die Schulkinder, die Blaskapelle der Armee, traditionell gekleidete Leute, die Polizei, Vertreter der Solidarnosc- Bewegung und wer weiß, wer noch alles, marschierten dort in einem langen Zug auf.
Die Feier dauerte etwa eine gute Stunde und hatte alles zu bieten, was dazugehört: patriotische Reden und Lieder, Ehrungen, eine Gedenkminute für die unbekannten Soldaten, Salutschüsse und schließlich die nicht enden wollende Blumenniederlegung von dem Kriegsdenkmal auf dem Matejkoplatz. Ich hatte jedenfalls nach diesem Event genug polnischen Nationalstolz gesehen, war aber dennoch beeindruckt von der Euphorie, mit der die Polen ihren Nationalfeiertag begehen. Genau wie schon an Allerheiligen blieben auch am Sonntag fast alle Geschäfte geschlossen und die Menschenmassen waren bei den öffentlichen Veranstaltungen zu finden. Wenn man mal bedenkt, wie viel die meisten Deutschen mit dem 3. Oktober anfangen können, finde ich das sehr beachtlich.
Am Dienstag Abend habe ich mich dann mit den anderen Freiwilligen in einem Café in der Innenstadt zur "Babel- Night" getroffen. Dieses Event ist eigentlich als Sprachaustausch gedacht, bei dem man Muttersprachler aus aller Welt treffen und seine Sprachkenntnisse verbessern kann. Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, ob die Babel- Night oder die Tatsache, dass das Bier nur 5 Zloty (=1,25€) gekostet hat der Grund war, aber ich habe dieses Café vorher noch nie so voll gesehen. Jedenfalls hatten wir alle einen schönen Abend.
Gestern habe ich dann für mich die Entdeckung der Woche gemacht. meine Mitbewohnerin Ewa hat mich zu einer Tanzparty auf einem Boot, das am Wisla- Ufer verankert und eigentlich ein Restaurant ist, mitgenommen. Diese Party ist eigentlich ein Bachata- und Kisomba- Tanztreff für alle Fans der lateinamerikanischen Tanzszene in Krakow. Obwohl ich bis gestern Abend keine Ahnung von Bachata oder Kisomba hatte, hatte ich ziemlichen Spaß und habe viele doch eher verrückte Leute kennengelernt. Tänzerisch jedenfalls war diese Veranstaltung sehr beeindruckend zum Zuschauen.
Nach dieser doch schon recht ereignisreichen Woche bin ich jedenfalls mal gespannt, was das Wochenende noch so zu bieten hat:)
Viele liebe Grüße,
Kora
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