Warum 'Chinesen-Witze' nicht witzig sind!
Chinesen sind gelb, klein, hochbegabt? Zeit mit einigen Vorurteilen aufzuräumen.
Unter https://schlechtewitze.com/chinesen findet man in der Kategorie „Chinesen-Witze“ zum Beispiel: „Wie nennt man es, wenn ein Chinese Verstopfung hat? Reisverschluss“ oder „Spielen ein Deutscher und ein Chinese Ping Pong. Sagt der Deutsche: „Ich liebe Ping Pong!“. Antwortet der Chinese: „Na, dann sag es ihr doch!“. Die Basis solcher 'Witze' sind Vorurteile, die in den Deutschen schlummern. Vor meiner Ausreise nach China wurden mir einige Fragen gestellt, die von ernsthafter Sorge weit entfernt waren, sondern auf einfachen Vorurteilen basierten. Falls Sie mir nicht so recht glauben möchten und nun denken, dass Vorurteile gegenüber Chinesen/innen und Asiaten/innen keine Problematik darstellten, empfehle ich Ihnen dieses Video: https://www.youtube.com/watch?v=2F4rm3OUxWc
Im Folgenden möchte ich nun auf Vorurteile eingehen, von denen Sie sicher bereits gehört haben.
„Chinesen können kein 'R' sprechen“
Das 'R' im Chinesischen unterscheidet sich von der Lautbildung und Aussprache von dem europäischen bzw. deutschen 'R'. Das deutsche 'R' wird in der vorderen Mundhöhle gebildet, wobei die Zungenbewegung eine entscheidene Rolle spielt. Das chinesische 'R' allerdings wird in der hinteren Mundhöhle gebildet. Dass das 'R' in der chinesischen Sprache nicht existiert, stimmt nicht. „Ren“ (Mensch) und „re“ (heiß) sind an dieser Stelle als einfache Beispiele zu nennen. Da das deutsche und das chinesische 'R' unterschiedlich gebildet werden, fällt es – sowie es Deutschen schwerfällt das chinesische 'R' auszusprechen – vielen Chinesen schwer, das deutsche 'R' auszusprechen. Diese Herausforderung sollte keinen Anlass darstellen, um sich über die chinesische (Aus-)Sprache lustig zu machen.
„Chinesen sehen alle gleich aus“
Unter https://www.gutefrage.net/frage/wieso-sehen-chinesen-alle-aehnlich-aus-und-die-europaeer-millionenfach-anders kann man von Fragen wie „Wieso sehen Chinesen alle ähnlich aus […]?“ lesen. Ein wirklich weit verbreitetes Vorurteil, das natürlich nicht zutrifft. Es mag stimmen, dass die meisten Chinesen/innen dunkle Haare, Augen und kein zweites Augenlid haben. Dennoch weisen chinesische Gesichter natürlich eine Vielzahl an Unterschieden auf. Sobald man sich länger mit Personen aus dem ostasiatischen Raum umgibt, lernt das Gehirn, sich auf andere Unterscheidungsmerkmale zu konzentrieren. Anstatt die Haarfarbe achtet man zum Beispiel unbewusst mehr auf die Haarstruktur. Übrigens fällt es auch vielen Chinesen und Chinesinnen schwer, deutsche oder europäische Gesichter zu unterscheiden, falls sie sich nicht länger mit Deutschen oder Europäern umgeben. Das liegt daran, dass das Gehirn eben lernen muss, sich auf andere Unterscheidungsmerkmale zu konzentrieren, um Gesichter wiederzuerkennen.
Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass ich bisher noch nie ansatzweise Probleme damit hatte, chinesische Freunde oder Bekannte wiederzuerkennen oder zu unterscheiden.
„Chinesisch ist eine sehr schwierige Sprache“
Die häufig größte Herausforderung für Deutsche, die Chinesisch lernen, ist nicht die Grammatik, sondern die Aussprache. Artikel, Deklinationen und Konjunktionen fallen im Chinesischen fast vollkommen weg. Um einen Satz zu bilden, muss man also nicht viele Grammatikkenntnisse haben. Für die korrekte Aussprache und ein gutes Hörverstehen braucht man allerdings viel Übung. Eine chinesische Silbe kann mit vier unterschiedlichen Tönen betont werden oder sie bleibt unbetont. Der gewählte Ton ist entscheidend für die Bedeutung des Wortes – also sehr wichtig. Zusätzlich werden in der Alltagssprache sehr viele Metaphern verwendet, die Ausländer/innen das Erfassen von Gesprächen erschweren. Hinzu kommt außerdem, dass in China eine Vielzahl von Dialekten vertreten ist, sodass Deutsche häufig je nach Region große Schwierigkeiten im Hörverständnis erleben. Viele Deutsche empfinden die chinesische Sprache als sehr unzugänglich. Im Vergleich zu europäischen Sprachen mag sie sehr fremd klingen. Beim näheren Hinsehen lassen sich jedoch viele Gemeinsamkeiten, zum Beispiel bei der Satzstruktur, finden. Etwas, das sich nicht leugnen lässt, ist, dass die chinesischen Schriftzeichen viel Zeit und Energie bedürfen. Für Deutsche scheinen sie mehr Bildern als Worten zu ähneln. Um sie zu beherrschen, ist ausreichendes Interesse und Ehrgeiz von Nöten. Ja, die chinesische Sprache ist schwieriger zu erlernen als typische Zweitsprachen wie Englisch, Französisch oder Spanisch. Sie sind Grundkenntnisse recht schnell zu erlernen und die Anwendung der Sprache bringt viel Freude und viele Möglichkeiten mit sich.
„Chinesen haben gelbe Haut!“
Wer sich ernsthaft für die chinesische Bevölkerung interessiert, weiß, dass Chinesen – was für eine Überraschung – keine gelbe Haut haben. Diese Idee stammt vermutlich aus dem 18.Jahrhundert, basiert allerdings auf der Humoralpathologie, die um 400 v.Christus entstand. Die Humoralpathologie ist eine Lehre über die Körpersäfte, mit deren Hilfe man Aussagen über den menschlichen Körper und die Gesundheit getroffen wurden. Die Vier-Säfte-Lehre handelt von Blut, gelber Galle, schwarzer Galle und Schleim, deren 'Zusammenspiel' für das körperliche Wohlbefinden verantwortlich wäre. Im weiteren Verlauf der Geschichte wurde diese Theorie sehr detailliert ausgearbeitet. Galenos von Pergamon (ca. 130–200 n. Chr.) ordnete den Säften Temperamtente zu: Blut - Sanguiniker (heiter, aktiv), gelbe Galle - Choleriker (reizbar, erregbar), schwarze Galle - Melancholiker (traurig, nachdenklich), Schleim – Phlegmatiker (passiv, schwerfällig). Carl von Linne (107-1778 n.Chr.) baute mit seinen Klassifizierungen der Natur auf diese Theorien auf. Er beschäftigte sich sowohl mit der Klassifizierungen von Tieren und Menschen. Die menschliche Bevölkerung teilte er in Farben (schwarz, rot, weiß, gelb) auf, wobei er diese Einteilung im Nachhinein immer wieder veränderte. Als 'Gelb' galten die Asiaten.
Leider finden sich auf Internetseiten wie https://anthrowiki.at/Rassen weiterhin Rassentheorien, die unter Anderen auch die 'gelbe Rasse' betrachten: „Der Gelbe, von der mongolischen Bevölkerung, der gibt schon etwas Licht zurück, aber er nimmt noch viel Licht auf. [...]. Also er nimmt viel Licht auf, gibt aber einiges zurück. Er begnügt sich mit weniger Licht. Dieses wenigere Licht, das kann nun nicht im ganzen Stoffwechsel arbeiten. Da muß der Stoffwechsel schon auf seine eigene Kraft angewiesen sein. Das arbeitet nämlich in der Atmung und in der Blutzirkulation. Also beim Gelben, beim Japaner, beim Chinesen, da arbeitet das Licht und die Wärme hauptsächlich in der Atmung und in der Blutzirkulation. Wenn Sie je einem Japaner begegnet sind, so werden Sie bemerkt haben, wie der auf seine Atmung achtet. Wenn er mit Ihnen redet, hält er sich immer zurück, daß die Atmung so recht in Ordnung ist. Er hat ein gewisses Wohlgefühl an der Atmung. Da ist es also so, daß da drinnen im Innern schon weniger verarbeitet wird. Da wird hauptsächlich in der Brust alles verarbeitet. Und das bewirkt, daß der gelbe Mensch nicht sein Hinterhirn so stark ausbildet, sondern das Mittelhirn. Da hat er das, was seine Atmung und seine Blutzirkulation versorgt. Er lebt also doch ziemlich im Innern, der gelbe Asiate. Sie können das auch seinem Gang anmerken; er hat einen mehr lässigen Gang. Er arbeitet nicht so stark mit den Gliedmaßen und dem Stoffwechsel. [...]Der Asiate, der Gelbe, der entwickelt mehr ein innerliches Traumleben, daher die ganze asiatische Zivilisation dieses Träumerische hat. [...] Das also ist die gelbe Rasse [...]“
Ich hoffe, dass dieses extreme Beispiel verdeutlicht, wieso die Verwendung der Bezeichnung „gelbe Rasse“ oder „gelbe Bevölkerung“ nicht entschuldbar ist und man sich über die Tiefe dieses Rassismus' bei seiner Wortwahl bewusst sein sollte.
Zum Abschluss möchte ich gerne noch https://www.stupidedia.org/stupi/Asiaten zitieren, um SIe auf weitere Vorurteile aufmerksam zu machen:
- Asiaten essen am liebsten Nudeln in jedem beliebigen Zustand. Ob gekocht, roh oder auch gebraten - ein Asiate isst sie immer. Allein die Kunst mit Stäbchen zu essen und nicht wie normale Menschen mit Gabel und Messer bringt wieder ein mal die Besonderheit dieser Menschen zum Vorschein.
- Asiaten haben 3/4 der Community Youtube mit Videos von kleinen Kindern ausgefüllt, die 2-3 Gitarren auf einmal spielen.
- Männliche Asiaten werden durchschnittlich 1,60m groß.
- Weibliche Asiatinnen werden durchschnittlich 1,50m groß.
- Asiaten wissen alles Unnötige.
- Asiaten können Mathe.
- Asiaten haben Glatzen und sehen aus wie Avatare.
- Asiaten spielen Pokémon oder besitzen selbst welche zu Hause.
- Asiaten können Zeichnen (meist mangaähnliche Wesen).
- Asiaten können den Rubik's Cube von Natur aus lösen.
- Asiaten können nicht immer singen, aber sie tun es trotzdem.
- Asiaten heißen meist Nguyen mit Nachnamen (Vietnamesen ) (ca. 3/4 der gesamten Asiaten)
Asiaten können einfach ALLES!
Und warum sind "Chinesen-Witzen" nicht witzig?
Humor ist wichtig und eine gute Methode, um auf Missstände in Gesellschaften aufmerksam zu machen. Problematisch wird es meiner Meinung nach, wenn man nicht weiß, über was man lacht und diese Stereotype in Vorurteile übergehen. Bei Blondinenwitzen oder WItzen über andere oder die eigene Kulturen weiß man meistens, worüber man lacht, was übertrieben dargestellt wird und in welchen Dingen ein Stückchen Wahrheit steckt. Bei "Chinesen-Witzen" geht es allerdings meistens um Vorurteile, von denen die meisten Deutschen nicht einschätzen, inwiefern sie Realität oder Vorurteile darstellen. Vielen Deutschen ist die chinesische Kultur sehr fremd. "Chinesen-Witze" können dadurch die Vorurteile von Personen, denen eine Reflketion des Humors schwierig fält, anheizen. Deshalb sollte, meiner Meinung, nach "Chinesen-Witzen" Vorsicht geboten werden. Solange wir uns darüber bewusst sind, worüber wir lachen, ist und bleibt Humor natürlich ein wichtiger Teil unseres Miteinanders!
Weitere Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Temperamentenlehre
https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_von_Linné
http://german.china.org.cn/meinchina/2009-09/18/content_18550628_2.htm
https://www.focus.de/reisen/china/tid-11209/tid-11210/vorurteile-chinesisch-ist-eine-schwere-sprache_aid_319592.html
http://german.china.org.cn/txt/2016-10/12/content_39472850_6.htm
http://www.china9.de/vorurteile/chinesen-sind-klein-haben-schlitzaugen.html
https://www.huffingtonpost.ca/suzanne-ma/hollands-got-talent-racist_b_4324894.html
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