Vorfreude eines der Opfer der vor allem unter ehemaligen Freiwilligen grassierenden ins Auslandgeh-Sucht
Kann eine Sucht grassieren? Ich studiere keine Medizin, also muss ich das nicht zwingend wissen- aber ich wäre über eine Antwort sehr dankbar! :) Im Blogeintrag geht es um ein Vorfreude auf mein Auslandssemester in Bozen.
Ein grauer Oktobertag, die Uni hat noch nicht angefangen (danke Rheinland-Pfalz!), ich liege noch im Bett und blogge (obwohl ich natürlich anderes zu tun hätte, aber ein bisschen Zeit kann man sich ja auch mal nehmen). Zuerst mal die Geschichte zu meinem Auslandssemester: Mir war schon zu Studienbeginn klar, dass ich ein Auslandssemester machen möchte. Außerdem studiere ich Kulturwissenschaft, da kann man eigentlich gar nicht genug ins Ausland gehen (wobei es natürlich auch in Deutschland extrem viel zu erforschen gibt). Leider hat die Kulturwissenschaft nicht so viele Partneruniversitäten wie beispielsweise die Informatik und die BWL. Allerdings sind wir auch viel weniger Studenten, weshalb es verhältnismäßig sehr viele Unis und sehr viele Plätze gibt. Es kommt eigentlich fast jeder in sein Wunschland. Ich wollte mir kein Auslandsjahr selbst organisieren, weil mir das zu unsicher ist, wie viel Auslands-Bafög man bekommt etc. und weil ich finde, dass der EFD schon extrem viel Arbeit war zu organisieren und ich mir mal etwas weniger Aufwand wünsche ;) Zur Auswahl standen Metz, Hradec Králové, Antwerpen, Seoul und Cadiz. Cadiz fiel leider wegen nicht vorhandenen Spanischkenntnissen raus, Metz war mir zu nah an Koblenz, Antwerpen war mir zu nah an Brüssel (ich wollte nicht immer mit meinem EFD vergleichen), Seoul zu weit weg und zu anders für so eine kurze Zeit. Soblieben nur noch Hradec Králové (das ist übrigens in Tschechien) und Bozen, aber da ich eigentlich schon zum EFD nach Italien wollte, entschied ich mich für Bozen.
Mir erzählt, was mir aber schon klar war, jeder, dass Bozen nicht Italien ist. Na ja, geographisch gesehen, ist es natürlich Italien. Viele Menschen reden auch italienisch. Und dann kann ich ja immer noch verreisen, was ich natürlich auch machen werde.
Ein bisschen schade finde ich es schon, dass ich nicht in ein Deutschland unähnlicheres Land gehe oder in dem Fall in eine Region gehe, aber das habe ich mir auch schon fest vorgenommen! Und ich habe mir vorgenommen, auch mal in ein nichtkatholisches Land zu gehen, da es mich zufälligerweise immer irgendwie in katholische Länder oder Regionen zieht (Belgien, München zum Praktikum und nun Italien!) und ich überhaupt gar nicht katholisch bin. Und ich möchte unbedingt mal am Meer wohnen!
Aber Bozen wird sicher auch cool, weil es landschaftlich total schön ist. Einen ersten Rückschlag hatte ich allerdings schon- ich werde in Brixen (Bressanone) studieren, weil die Uni auf drei verschiedene Campusse aufgeteilt ist. Das ist nicht mein Rückschlag, sondern dass ich mich dann nur auf ein Wohnheim in Brixen bewerben kann, bei dem man noch nicht mal tagsüber Besuch haben darf und immer ungefragt jemand vom Personal in dein Zimmer kommen kann und dein Zimmer aufgeräumt sein muss! Da ich nicht bereit bin, Geld für ein Gefängnis zu bezahlen, werde ich mich auf dem privaten Wohnungsmarkt versuchen- da bin ich natürlich für Hinweise immer offen! :)
Die ersten Tage werden wahrscheinlich erst mal gecouchsurft, was natürlich auch eine gute Möglichkeit ist, Land und Leute kennen zu lernen. Eine weitere Angst, die ich habe, ist nur Erasmus-Studenten kennen zu lernen, wie es ja oft berichtet wird. In Brüssel war ich auch größtenteils mit Freiwilligen oder anderen nicht-Belgieren befreundet, aber ich hatte auch belgische Freunde, belgische Kollegen, teilweise belgische Mitbewohner und war als einzige "Ausländerin" in einer belgischen Improvisationstheatergruppe- der Kontakt mit der Bevölkerung war also da. Ich habe mir auch noch überlegt, mir eine Gastfamilie zu suchen (allerdings mit der Bedingung, dass ich auch mal Besuch in meinem Zimmer haben darf), aber ich weiß nicht genau, wie ich das angehen soll- auch da bin ich über Hinweise sehr dankbar!
Huch, der Eintrag solle eigentlich die Vorfreude beschreiben, aber irgendwie fällt mir noch eine andere Furcht ein- ich gewöhne mich nicht sehr schnell ein. Das war in der Grundschule so, als ich in der 4. Klasse in ein anderes Bundesland gezogen bin, als ich nach Brüssel gezogen bin und am schlimmsten war eigentlich das erste Semester in Koblenz (aber da hatte ich auch sehr viel Pech). Aber gut, ich werde einfach versuchen (müssen), mich mal etwas schneller einzugewöhnen :)
Vorfreude habe ich vor allem, wenn ich mir Bilder von der schönen Landschaft angucke, ich italienische Musik höre oder ich mir die Bilder von Wolkenflug (einer Belgierin, die nun in Bozen einen EFD macht) anschaue und nach Erasmus-in-Bozen-Gruppen suche. Da freue ich mich schon darauf, mal wieder woanders zu sein, viel rumzureisen und ganz viel neues kennen zu lernen.
Zur italienischen Sprache: Ich möchte eigentlich schon seit der 8. Klasse italienisch lernen, habe mich aber doch für französisch entschieden, weil es eine größere Herausforderung war (weniger ähnlich zu Latein) und italienisch könnte ich ja immer noch lernen. Mit einem EFD in Italien hat es leider nicht geklappt (ich habe aber auch nicht 1000 Bewerbungen nach Italien geschickt, muss man dazu sagen), aber in Brüssel habe ich so viele Italiener kennen gelernt und schließlich habe ich bei der italienischen Jugendbegegnung in Belgien im Mai 2014 angefangen, etwas italienisch zu sprechen, nachdem ich es 10 Tage lang die ganze Zeit gehört habe. Danach habe ich immer mal versucht, mit Italienern zu reden, was ganz gut klappte, aber ich tat das nur sehr sporadisch. An der Uni gab es (und gibt es immer noch kein Sprachzentrum), so vernachlässigte ich mein Italienisch im ersten Semester sehr. Als ich dann im April einen italienischen Mitbewohner bekam, hatte ich aber immer noch einige Hemmungen. Aber im Sommer haben wir uns dann bestimmt 20 Minuten auf Italienisch unterhalten und das hat echt gut geklappt. Jetzt mache ich einen Italienischkurs an der VHS, weil ich Geld dafür von Erasmus (danke Erasmus!) bekomme. Es ist interessant, zum einen kenne ich viele Wörter nicht, dafür aber zahlreiche andere, die die anderen aus dem Kurs nicht kennen, weil sie nur die Wörter aus dem Vokabelbuch kennen. Ich finde den Kurs eigentlich zu einfach, aber er hat zeitlich gepasst und ich finde es wichtig, mal wirklich Grammatik zu lernen, weil ich mit Erschrecken festgestellt habe, dass ich zwar sowas sagen kann wie "Bist du gestern gut nach Hause gekommen?", aber nicht weiß, wie man korrekt den Plural bildet. Mein italienischer Mitbewohner und ich versuchen, nur noch deutsch und italienisch zu reden (ja, manchmal kommt auch etwas Englisch dazwischen, wir können beide jeweils die andere Sprache einfach nicht gut genug), aber immerhin.
Mal schauen, was ich nach Bozen so kann :) Ich freu mich auf jeden Fall schon und würde mich freuen, wenn vielleicht jemand, der einen Freiwilligendienst o.Ä. in Bozen macht, das liest und sich meldet :D