Von Büchern und Briefen
Gute Briefe sind wie gute Freunde. Sie dürfen es heute eilig haben, aber sie müssen sich morgen Zeit nehmen. ~ Oscar Wilde
Wer mich kennt der weiß, ich bin ein großer Fan von Dingen, die so mancher womöglich als "altmodisch" bezeichnen würde. Gerne verbringe ich meine Zeit damit auf Antikmärkte zu gehen und durch Vintageläden zu stöbern. Mein Interesse an Schreibfedern, Notizheften und Gestaltung teile ich mit einer guten Freundin von mir, welche wie einige andere auf die Idee kam, mir als Abschiedsgeschenk ein Reisetagebuch zu überreichen.
Natürlich habe ich mich über jedes von ihnen gefreut, denn ebenso wie die Personen, die mir diese schenkten unterschiedlich sind, sind es auch diese Bücher und jedes erinnert mich tatsächlich in seiner Art der Aufmachung an die jeweilige Person.
So ist zum Beispiel das Tagebuch einer meiner kreativsten und aber auch verpeiltesten Freundinnen genauso träumerisch und märchenhaft wie sie. Das gesamte Büchlein ist übersäht mit Tieren des Waldes, die alle scheinen als seien sie per Hand gezeichnet. Sie selbst verwendet einiges ihrer Zeit mit Zeichnen und Gestalten sodass ich beim ersten Durchblättern umgehend an sie denken musste. Selbst ein Paar der Motive wirken, als seien sie einem ihrer vielen "Kritzelhefte" entsprungen. Besonders die vielen kleinen Blümchen und die natürlichen, aber dennoch knalligen Farben erinnern mich an sie. Kräftiges Smaragdgrün und zarte rottöne dominieren dieses Werk.
Im Gegensatz dazu wirkt das Heft einer Kindheitsfreundin von mir sehr gut durchdacht und durchaus praktisch, wobei es trotzdem einen altmodischen Touch besitzt. Es kann mit neuen leeren Seiten befüllt werden, hat ein Lesezeichen, das gleichzeitig als Verschluss dient und durchsichtige Taschen, um Andenken zu verstauen. Die bereits existierenden Seiten machen den Eindruck als seien sie leicht vergilbt und auch das äußere Erscheinungsbild passt zu dem allgemeinen Vintage Eindruck. Dieses Büchlein passt zu ihr als Geschenk, weil es ungemein auf den Empfänger abgestimmt ist, was sicherlich auch damit zu tun hat, wie lange wir uns bereits kennen. Dennoch ist es pragmatisch, ebenso wie sie.
Interessanterweise hat es eine alte Bekannte meiner Mutter geschafft mir ein Notizbuch zu schenken, welches farblich genau auf mein Zimmer in der Heimat abgestimmt ist, obwohl sie dieses noch nie zuvor gesehen hatte. Blau-, Lila-, Grün- und Cremefarben erinnern mich jedes Mal, wenn ich es in die Hände nehme an zu Hause.
Docch auch meine gute Freundin, welche ich zu Beginn bereits erwähnt hatte traf mit ihrem Reisetagebuch genau auf meinen Geschmack (welch ein Wunder, wo wir doch ziemlich den selben haben). Ihr Geschenk ist altmodisch, abwechslungsreich und kreativ - eben wie sie.
Als sie jedoch mitbekam, wie viele dieser Notizbücher ich letztendlich geschenkt bekam, war ihre Enttäuschung groß, dass sie mir doch nicht das geschenkt hatte, was sie sich zu erst überlegt hatte: Briefpapier. Ich denke noch mehr aus Trotz, als aus dem Wunsch eine Brieffreundschaft zu führen, verkündete sie mir bei unserem Abschied, sie würde mir nach dieser Feststellung auf jeden Fall schreiben und erwarte möglichst umgehend Antwort auf ihre Briefe.
So kam es, dass gerade mal eine Woche nach meiner Antkunft in Serres ein Brief in unserer Wohnung auf ich wartete. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits so mit dem Leben hier beschäftigt, dass ich ihre Ankündigung hinten in meinem Kopf in irgendeine Schublade gepackt und beinahe verdrängt hatte. Doch als ich ihren Brief in die Hand nahm und begann diesen auszupacken entstand in mir eine gewisse Vorahnung gefolgt von großer Vorfreude ihn zu lesen.
Streng genommen war ihr Text nicht sonderlich lustig und trotzdem musste ich während des Lesens mehrmals schmunzeln, ja sogar einmal laut auflachen. Der Grund hierfür war lediglich, dass ich ihre Aktion so sympatisch und (für unsere Zeit) außergewöhnlich fand. Dieser Brief spiegelte ihren Charakter und warum wir beide beffreundet sind so umwerfend wieder, dass ich begann mich trotz der Erinnerungen die sie mir aus der Ferne zu sendete, noch wohler in Griechenland zu fühlen. Mit diesem Brief verdeutlichte sie mir, dass weder diese 8 Monate in Griechenland, noch die Entfernung etwas an unserer teilweise ungewöhnlichen Freundschaft verändern würden. Auf irgendeine Art und Weise gab mir dies viel Selbstvertrauen die Zeit hier durchzustehen und gleichzeitig das Bedüfnis dafür zu sorgen, dass dies eine unvergessliche Zeit wird.
Während unserer Vorbereitungsphase gab man uns die Möglichkeit zwei Briefe an uns selbst zu schreiben. Einen, der in Notfällen, als erstes Auffangnetz und Anleitung dienen sollte und den wir mit uns nehmen konnten und einen zweiten, in dem wir auflisten sollten, was wir von uns erwarten, dass wir nach unserer Zeit im Ausland getan, gelernt und erfahren haben. Diesen würden wir nach unserer Rückkehr von Susanne wiederbekommen. Nur den letzteren von beiden habe ich tatsächlich verfasst.
Dennoch habe ich nach dem Erhalt des Briefes meiner Freundin das Gefühl einen Notfall Brief zu besitzen, der mich in schlechteren Zeiten daran erinnern wird, warum ich mich entschied ein EVS zu absolvieren und dass ich alles schaffen kann, solange ich an mich selbst glaube.
So sitze ich nun jeden Abend mit einem meiner zahlreichen Notizhefte auf meinem Bett oder einem unserer vielen Sofas und schreibe alle meine Erlebnisse auf, um nach den 8 Monaten bloß nicht alles vergessen zu haben und um mir zu einem späteren Lebensabschnitt ansehen zu können, was ich alles so gemacht und erlebt habe.
Jetzt muss ich mich nur noch auf die Suche nach einem Schreibwarengeschäft mit Briefpapier und Umschlägen machen, um endlich auf ihren Brief Antworten zu können. Schließlich hat sie ihn bereits 4 Tage nach meiner Abreise verfasst und es ist einiges seither passiert. Doch auf WhatsApp antworten zählt anscheinend nicht, sodass sich so einiges angesammelt hat.
Also kommt hier mein Versprechen: Spätestens Ende dieser Woche ist mein Anwortbrief in der Post!
Commentaren