Viel Neues
Hausi38 hat Neues aus Ungarn zu berichten: Sie ist verliebt. Dabei findet sie nicht nur heraus, wie verschieden Menschen auf das Leben im Ausland reagieren, sondern fragt sich auch, wie man Vorurteilen begegnen soll.
Hallo alle zusammen,
natürlich hab ich mich mal wieder eine ganze Weile nicht gemeldet, obwohl es ne Menge Neuigkeiten gibt… es gibt ja diesen Ausspruch, dass Reisen die Gefühle beschleunigt, vor allem, wenn man alleine unterwegs ist. Naja, ich habe es jetzt wohl am eigenen Leibe gemerkt, denn ich habe mich verliebt. Nicht, wie meine Mama es sich gewünscht hätte, in einen Ungarn, sondern in einen Mann aus Israel, der in Szeged Medizin studiert.
Nun entdecken wir Ungarn gemeinsam, wobei ich das erste Mal merke, wie offen ich bis jetzt durch die Welt gegangen bin, denn er und viele seiner Freunde leben seit einiger Zeit, teilweise schon seit drei Jahren, in Ungarn und sie sprechen kein Wort Ungarisch, kennen Ungarn kaum und wollen eigentlich so schnell es geht wieder weg. Und ich war der Meinung, dass jeder Ungarn mögen muss. Wie ist das möglich? Überhaupt scheint Israel eine ganz andere Welt zu sein.
Ich meine, ich habe viele andere Teile der Welt gesehen, aber nie jemanden so kennen gelernt und gemerkt, wie anders die Dinge wirklich sind. Da ist jemand, der im Krieg mit Waffen aufgewachsen ist, der eine Menge Gewalt gesehen und erlebt hat, da fühlt man sich naiv und hilflos. Ungarn selbst und das Leben hier ist dadurch, dass wir so viel über Deutschland und Israel sprechen, etwas in die Ferne gerückt. Außerdem lasse ich zur Zeit meine Arbeit schleifen, bereite meinen Unterricht nicht mehr so vor, wie ich es einmal tat, aber was soll’s, man lebt nur einmal!
Es ist wirklich interkulturelles Lernen, was ich gerade erfahre. Ich fange an, Worte in Hebräisch aufzuschnappen, Ungarisch den Israelis beizubringen und dabei viel über mich selbst zu lernen. Sehr spannend und nicht immer ohne Konflikte. Denn wir Deutschen haben schon unsere Eigenschaften, die die anderen nicht verstehen.
Da wäre zum Beispiel, dass wir schwer über unsere Gefühle sprechen können. Jetzt werden viele – wie auch ich – aufschreiben und sagen, dass wir das natürlich können… aber wir tun es nicht. Wir sagen einer Person nicht so schnell, dass wir sie lieben, vermissen, schätzen. Wir brauchen dazu länger und wenn es jemand sagt, dann meint man es auch. Und wenn man es zu oft sagt, dann glaubt man es nicht mehr. Anders in anderen Teilen der Erde. Und da kann es schnell zu Missverständnissen kommen, wenn man ein Kompliment bekommt, darauf kaum etwas erwidert, weil wir uns unwohl fühlen… schwer zu beschreiben, aber, wie ich immer sage: It’s not wrong, it’s not right, it’s just different.
Und seine Freunde, die ich kennen lerne, sagen erst einmal: „Oh, the Germans, they are cold.“ Und wenn sie mich dann kennen lernen, dann sagen sie, dass die Deutschen kalt sind, nur dass ich nicht typisch Deutsch bin. Also, dieses Vorurteil besteht und man kann es nicht mal loswerden, denn alle Deutschen, die nicht kalt sind, sind dann auch Ausnahmen, der generelle Deutsche ist trotzdem kalt und gefühllos. Das ist meine ernsthafte Frage: Wie soll man Vorurteilen dann begegnen? Ich glaube, es wird ewig in den Köpfen bleiben, egal, wie viele Deutsche die Menschen kennen lernen. Das ist ein Urteil, und man kann es nicht zurücknehmen. Traurig, aber wahr. Ich glaube, ich bin genauso Deutsch wie alle anderen Deutschen.
Nun ja, ich weiß nicht, wo mich mein Leben, mein Weg hinbringen wird, nach Israel, nach Indonesien (hab mittlerweile meinen Flug gebucht), zurück nach Deutschland, nach Ungarn?
Die Welt steht offen, lasst uns gehen.
Commentaren