USA... eine Bestandsaufnahme
Im letzten Beitrag habe ich versprochen, dass ich weitere Infos zu meinem USA-Aufenthalt liefern werde. Der Aufenthalt ist nun schon eine Weile her und mit ein wenig Abstand versuche ich nun, die damalige Stimmung im Land und meine eigenen Erfahrungen zu schildern.
Liebe Leserinnen und Leser,
es scheint der richtig Zeitpunkt um diesen Blog mal wieder aus der Versenkung der Unregelmäßigkeit zu heben (ich weiß, die Verdammnis des Scheiterns hängt über diesem Projekt aber ich gebe mir diesmal alle Mühe; versprochen!).
Noch in meinem letzten Beitrag habe ich überschwänglich detaillierte Infos zum meinem USA-Aufenthalt versprochen . Aber dies war wohl der sinnbenebelnden Wohlstimmung des anbrechenden Herbstes mit seinen lauen Nächten geschuldet, in deren goldgetauchten Abendstunden sich eine empathische und hoffnungsvolle Aufbruchsstimmung zu allem Schwierigen im eignen Leben einstellt. Denn dann heißt es meistens zurücklehnen, sich dem kühlen Blonden im bereitwilligen Genuss hingeben und der Alltagsphilosophie ihren Tribut zollen.
Was für ein Übergang zu meinem USA-Aufenthalt (ihr werdet später sehen, was ich meine)!
Ich muss zu geben, dass ich seit einiger Zeit den Verdacht hege, dass sich mein Pflichtbewusstsein zusammen mit meinem schlechten Gewissen an einen Tisch gesetzt hat um einen Pakt zu schließen, der die vernachlässigte Pflicht um so härter mit einer extra Portion selchten Gewissens bestraft. Da dieses genau auf die versprochenen Infos zu den USA zutrifft, ist nun die besagte Stunde gekommen. Um die Kurve von oben zu kriegen bleibt eigentlich nur zu sagen, dass man sich auch in den USA viel zurücklehnt, die kühlen Blonden nicht allzu kühl und blond sind ( light-Bier liegt vom im Trend) und sich in der Alltagsphilosophie der USA sämtliche weltlichen Vorurteile begründen, die man über den Staatenbund haben kann.
Somit könnte man wohl die USA mit einem schönen goldenen Herbst vergleichen, bloß das der einschlägige Weltenbummler im goldenen Herbst der USA vergeblich den goldenen Glanz sucht. Ich denke politisch als auch wirtschaftlich fühlt man sich eher im Herbst von Alaska als im Herbst von Florida. Mit China als übermächtigem Gläubiger, den ungelösten Nahostkonflikten, der Wirtschaftskrise und all den anderen Problemen scheint die USA angezählt und fast regungslos auf der Matte zu liegen.
Doch die Realität des Alltags, den ich erlebt habe spiegelt etwas anderes wieder. An der Universität an der ich im letzten Sommer fünf Wochen verbracht habe scheint er ab und an noch schüchtern und kaum wahrnehmbar durch, der authentische Glanz vergangener Zeiten.
Doch gerade zu der damaligen Zeit des tobenden Wahlkampfes zwischen dem Verächter der Otto-normal-Bevölkerung Romney und dem entzauberten Heilsbringer Obama war dieser schwer auszumachen. Denn die Wahlkampfmaschinerie hatte die großen Neonscheinwerfer ausgepackt und versucht alles mit künstlichem Glanz zu überstrahlen, um die Dramatik der Lage der USA zu überschminken und die Wähler an die Urnen zu locken. Überall wurde polarisiert, zelebriert und beschworen. Es schien als ob der Geist vergangener Zeiten vom Kaminsims genommen, ein wenige entstaubt und mit Poliermittel von der Tanke mehr schlecht als recht auf Hochglanz gebracht wurde, um für das Scheinwerferlicht mal wieder seinen Dienst zu leisten. Denn die Botschaft war ganz klar, die USA kann es noch! In den USA kann es jeder schaffen, selbst wenn er über etwa 50% der Bevölkerung ablästert! Die USA hat endlich Bin Laden, denn letztendlich kriegen Sie jeden und das auch noch auf eine Art und Weise, die selbst für Hollywood noch taugt....
Es war mitreißend, begeisternd und von Zeit zu Zeit auch betörend. Der künstlich hervorgekramte Geist mobilisiert und beruft zu Großem, das aber nur für kurze Zeit. Denn ist das Tohuwabohu des Wahlkampfgemetzels überstanden, wandert der Geist vergangener Zeit wieder auf dem Kaminsims wo ihn der Rest der Welt gerne bestaunen kann, aber ihn offensiv zu zelebrieren, nein das scheint abnormal anstrengend – selbst für einen Amerikaner!
Doch geht man zurück an die Uni, wo die Zukunft gedeiht und der Geist neuer Generationen heranwächst, dort ist er noch ab und an zu erhaschen, der Glanz vergangener Zeiten. Dort erliegt man nicht gänzlich der Indoktrinierung des Wahlkampfes, der einen den neu-ideologischen Geist der erfolgreichen Vergangenheit als Fremdkörper in den Charakter pflanzt. Nein, bei Gesprächen mit Unternehmern, Gründern, Professoren und Studenten schimmerte ein unverblümter, authentischer und tief verwurzelter Zeitgeist durch, der dem der alten goldenen Zeit sehr nahe kommt. In diesen Menschen ist ein tiefer Glaube verwurzelt, das sie es schaffen können in einer Gesellschaft die radikal scheint aber doch Platz dafür bietet. Dies ist kein kurzfristig eingepflanzter Gedanke, dies entspricht einer tiefen Grundüberzeugung. Man orientierte sich nicht an Superlativen, sondern an erfolgreichen Unternehmern des Mittelstandes. Diese Menschen sind mit der Überzeugung angetreten Unternehmen zu gründen, Ideen zu verwirklichen, Innovationen zu wagen, sich der Realität zu stellen. Nicht des Geldes wegen, sondern des Gründens wegen. Und wenn das Projekt zum Scheitern verdammt ist , dann hieß es aufstehen, Nase abputzen, Ärmel hochkrempeln und nochmal versuchen. Man gibt sich nicht geschlagen und schon gar nicht verloren. Man wagt sich in das unternehmerische Leben ganz nach dem Motte: Beim versuchen zu scheitern ist kein Drama, jedoch aber das Scheitern es zu versuchen.
Und da ist er wieder, der althergebrachte Zeitgeist, der vergangene Generationen Glanz verliehen hat und den Unterschied zum Rest der Welt ausmacht. Es ist der eigene instinktive Glaube an sich selbst und die United States of America, den sagenumwobensten Staatenbund der westlichen Hemisphäre.
Allein dieser Gauben hat in einer lange zurückliegenden Zeit Menschen aus dem alten Europa in eine neue Welt getrieben, die viel versprach aber nichts bot. Amerika war geboren. Mit diesem Glauben haben sie Amerika groß gemacht, hatten in Ihrer noch jungen Geschichte Wachstum zelebriert wie kein anderer – auch nicht China. Doch Zeit heilt alle Wunder, die Demut vor der eigenen Leistung wich Hochmut und Amerika schien die Tür immer weiter zu verschließen für etwas das immer fremder erschien, die eigene Identität. Tumorhafte Auswüchse der politischen Führung lassen die Gesellschaft über Kriege, Folterlager und Waffenrechte diskutieren. Vor der Show des öffentlichen Lebens bleibt uns Europäern manchmal nichts anderes übrig als ungläubig den Kopf zu schütteln. Amerika scheint in Bereichen der Gleichberechtigung von Ethnien oder dem Waffenrecht im vergangen Jahrhundert stecken geblieben zu sein. Doch macht man sich die Mühe einen Sprung zu wagen in die Überzeugungen der nächsten Generation, dann merkt man, er scheint durch, der Glanz vergangener Zeiten. Wandel liegt in der Luft, wie bei jedem Generationenwechsel. Doch dieser wird Amerika in neue Zeiten führen und der Gesellschaft mit wuchtiger Anstrengung einen neuen Horizont eröffnen. Es ist die Besinnung auf die ur-amerikanische Identität, die die USA auch in Zukunft groß machen wird, denn sie ist wohl das alleinige einzigartige Attribut der amerikanischen Kultur. Es wird Zeit Amerika, brecht auf zu altbekannten Ufern!
Diese Einschätzung und Eindrücke von meinem Aufenthalt an einer amerikanischen Universität sind mir im Kopf stecken geblieben. Ich hoffe ich konnte euch einigermaßen meine Zeit in Amerika mit euch teilen.
Als nächstes werde ich wohl einen Bericht über meine ersten Monate in Groningen (Niederlande) folgen lassen. Denn dort hat es mich nun für einen einjährigen Studienaufenthalt hinverschlagen.
Bis dahin und cheerio!
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