Über idyllische Orte, Weine und Abschiede
Die Ungarn lieben nicht nur süße, kalte Fruchtsuppe, sondern auch Palinka und Wein. Auch, wenn es natürlich ebenso ungarisches Bier gibt, wird das hier weniger getrunken. Denn Ungarn ist eine Weinnation. Und Ungarn trinken Palinka, eine Art Obstbrand. Sie trinken es und sie lieben es. Ob aus Birnen oder Pflaumen, mit viel Liebe wird dieses Getränk mit Killer-Qualität auf dem Land auch gerne selber hergestellt. Palinka kann einen umhauen, wer es also ein wenig sachter mag, sollte sich lieber den ausgezeichneten Weinen des Landes zuwenden. Und die besten der besten Weine soll man in Tokaj finden. Der goldglänzende, edelsüße Dessertwein, der aus diesem Ort stammt, ist bis über die Landesgrenzen hinaus bekannt und beliebt und das nicht zu unrecht.
Schlechter Wein wird hier jedoch genau so viel getrunken wie guter und das auch gerne mal mit Wasser gemischt. Wenn man also in Ungarn ist und weder Palinka noch Wein mag, dann findet man sich oft als einzig Nüchterner unter feiernden Ungarn wieder:D. Ob man nun aber ein Weinliebhaber ist oder nicht, man sollte, wenn man ein wenig Zeit in Ungarn hat, auf jeden Fall einen kleinen Abstecher in die Weinregion Tokaj machen. Mich haben dort meine ersten Hügel Ungarns erwartet (schön, mal wieder bergauf zu laufen:D) und ein herrliches Spätsommergefühl. Die Hänge waren übersät von Weinreben, voll beladen mit in der Sonne glitzernder Trauben. In diesem kleinen Weinörtchen kann man Ruhe finden und Frieden und das, obwohl es auf Touristen spezialisiert ist. Wenn man mal eine Auszeit braucht, gibt es wohl kein besseres Plätzchen, als ein kleines Stückchen Gras zwischen einem Walnussbaum und einer Weinrebe mit einem fantastischen Blick hinunter auf das Örtchen. Ich war dort in den letzten Momenten des Tages und die Sonnenstrahlen tauchten alles in ein goldenes Licht. Sehr zu empfehlen:). Nur selten verirrt sich ein anderer Mensch genau an den Ruheplatz, welchen man sich aussucht, dafür umso mehr Bienen und Ameisen:). Zum Durchatmen, wieder Luftbekommen und Gedankenordnen ist es dort perfekt. (Und wenn man dann immer noch zu schlechten Schlussfolgerungen kommt oder den Kopf einfach nicht frei bekommt, dann gibt es ja auch noch genug Wein, um alles zu vergessen:D).
Nach einem kurzen Marsch durch das hübsche Örtchen, vorbei an blumenbeladenen Gärten und liebevoll gepflegten Häuschen, erreichten wir das kleine, gemütliche Zentrum. Die Straßen ist man schnell entlanggelaufen. Viel Verschiedenes gibt es nicht zu sehen, trotzdem lohnt es sich, ab und zu ein paar Wege doppelt zu gehen. Das kleine buntbemalte Schild und der schöne Hinterhof, den man durch einen Schlitz in einem Tor sehen kann, fällt einem vielleicht erst beim zweiten Mal Vorbeischlendern auf. Und auch dann, wenn man der Meinung ist, wirklich schon alles entdeckt zu haben (Was man ziemlich sicher nie hat), wird es trotzdem nicht langweilig, denn unzählige Weinkeller und Terrassen laden einen zum Verweilen ein. Das haben wir uns natürlich auch nicht entgehen lassen und wir haben uns durch die typischen Sorten des tokajischen Weißweins probiert. Sogar ich habe letztendlich einen gefunden, der mir schmeckt. Ich werde diesem wunderschönen Ort auf jeden Fall nochmal einen Besuch abstatten, ob wegen dem idyllischen Örtchen oder doch wegen dem Wein, sei mal dahingestellt;D.
Ich wurde schon vorgewarnt, dass ein Jahr als Freiwillige in einem neuen Land nicht nur voller neuer Menschen, sondern auch voller Abschiede steckt. Menschen kommen und Menschen gehen, hieß es, damit muss man sich zurechtfinden. Meine erste Mitfreiwillige, welche ich verabschiedet habe, kannte ich kaum. Zwei andere habe ich erst auf ihrer Abschiedsparty kennengelernt. Dadurch ist mir der Abschied nicht so schwergefallen. An dem Tag, an welchem ich in Tokaj war, musste ich allerdings zum ersten Mal jemanden verabschieden, den ich echt gern hatte und gut kannte. Tizian ist nun schon zurück nach Deutschland geflogen und es ist seltsam, dass er einfach nicht mehr da ist. Ich weiß, dass dies nicht meine letzte Verabschiedung in diesem Jahr gewesen ist, die mir schwerfallen wird und ich denke, das wird auch nie leichter. Elisabeth zum Beispiel, wird im Januar schon gehen. Ich weiß, dass man sich immer auf die Zeit konzentrieren sollte, die man hat, und noch ist bis dahin eine lange Zeit. Aber Zeit vergeht dann doch immer schneller als man denkt. Ich hasse Abschiede, das ist sicher, auch dann, wenn sie an so einem tollen Ort wie Tokaj sind. Aber ich muss hier wohl nicht nur Wein lieben lernen, damit ich mich nicht mehr als einzig Nüchterne unter Feiernden wiederfinde, sondern genauso lernen, mit Abschieden zurecht zu kommen. Das wird noch was:D!