Über das Ankommen in einem fremden Land
In diesem Beitrag werde ich ein Resümee aus meinem ersten Monat in Tudela ziehen. Wie ich mich zu Beginn gefühlt habe, welche Schwierigkeiten es gab und was mir dabei geholfen hat hier anzukommen.Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.
Für eine gewisse Zeit ins Ausland zu gehen, klingt für viele toll. So viel das man erlebt, lernt und erfährt. Andere sehen allerdings auch die jeweilige Entfernung oder eventuelle Verständigungsprobleme.
Ich habe mich sehr auf mein 10-monatiges Abenteuer in Tudela gefreut. Ich habe die Möglichkeiten und Erfahrungen gesehen, die ich nutzen und machen kann. Drei Tage vor meiner Abreise kam dann aber doch die Frage auf, warum ich das eigentlich mache? Warum gehe ich für fast ein Jahr in ein "fremdes" Land? Lass meine Familie und Freunde zurück? Warum bleibe ich nicht in Deutschland, studiere etwas oder mache ein Praktikum?
Die Antwort fand ich ziemlich schnell. Weil ich es so wollte! Ich wollte zurück in das Land, was ich vor drei Jahren in mein Herz geschlossen habe und das mich seitdem nicht mehr losgelassen hat. Ich wollte neue Erfahrungen und Eindrücke sammeln, Neues ausprobieren und erleben, mein Spanisch verbessern und ein Jahr zwischen Schule und Studium zum Reisen nutzen. Vor allem aber wollte ich mich als europäische Freiwillige in einem Projekt engagieren, indem meine Hilfe benötigt wird.
Womit ich nicht gerechnet habe, war, dass ich die ersten zwei Wochen ziemliches Heimweh bekomme. Ich dachte mir, ach, du warst schonmal drei Monate weg, da wird es diesesmal bestimmt leichter, doch das war es leider nicht. Natürlich war zu Beginn alles neu und aufregend und ich war froh, wieder in Spanien zu sein, die Sprache auf der Straße zu hören und zu merken, wie ich beginne, wieder annähernd alles zu verstehen. Allerdings war es für mich schwer mich von dem mir gewohnten Familienleben zu lösen und plötzlich in einer Wohngemeinschaft mit drei Frauen zu leben. Auf einmal muss man für sich selbst einkaufen und immer abwägen, ob man die Dinge auch bis zum Ablaufdatum aufisst und es lohnt sich nicht mehr ein frisches Brot zu kaufen, da das eh zu groß für einen alleine ist. Am schwersten fiel mir das Frühstücken ohne Gesellschaft. Zu Hause frühstücke ich immer mit meiner Familie und das war auf einmal nicht mehr so. Abends aß ich so gut wie immer mit mindestens einer meiner Mitbewohnerinnen und wir tauschten uns über den Tag aus, aber morgens frühstücke ich immer alleine. In dieser Zeit hatte ich öfters Momente, in denen ich am liebsten nach Hause geflogen wäre, doch nach ein bis zwei Wochen hatte ich mich daran gewöhnt. Nun ist mein Handy eben meine morgentliche Gesellschaft.
Das Zusammenleben mit meinen Mitbewohnerinnen spielte sich auch nach den ersten Wochen und ein paar Missverständnissen ein und ich fühle mich hier jetzt richtig wohl. An dieser Stelle kann ich nur sagen, dass man Probleme immer ansprechen sollte, egal wieviel Mut es kostet, denn manchmal ist es nur ein Verständnisproblem oder ein Missverständnis.
Anfangs dachte ich noch über einen Umzug nach, da ich etwas geprägt von Vorurteilen war. Doch diese haben sich bis jetzt noch nicht bewahrheitet und jetzt will ich erstmal hier wohnen bleiben. Auch mit meiner Vermieterin, die gleichzeitig mit in der WG wohnt, verstehe ich mich echt gut und wir haben an den letzten Wochenenden schon mehrere Fahrradtouren unternommen, denn sie fährt auch so gerne Fahrrad, wie ich.
Das war auch eine Umstellung, nicht mehr mit dem Fahrrad durch die Stadt fahren zu können, sondern überall hinlaufen zu müssen. Dadurch war ich anfangs abends immer ziemlich geschafft, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt.
Jetzt kann ich sagen, dass ich auch mental hier angekommen bin, denn es liegt ein großeer Schritt zwischen aus dem Bus steigen und in einem anderen Land zu leben und dem Moment in dem man sich in diesem Land wohlfühlt, gerne dort ist und einen Alltag entwickelt hat.
Was mir sehr beim Ankommen geholfen hat, war auf jeden Fall mein Projekt und das Cruz Roja. Die Mitarbeiter/-innen sind alle so hilfsbereit, herzlich und liebevoll. Sie erkundigen sich immer wie es einem geht, ob man bei irgendetwas Hilfe braucht oder zeigen einem neue Orte. Außerdem haben mir auch die Senioren in meinem Projekt sehr geholfen, vorallem im Kurs montags bis donnerstags Nachmittags. Diese 16 Leute, denen es am schlechtesten von allen, die ich betreue, geht, haben mich so schnell in ihr Herz geschossen und freuen sich immer wenn sie in die Aula kommen und ich sie begrüße. In beiden Gruppen habe ich meine Lieblinge, die mir schon sehr ans Herz gewachsen sind und die mich immer wieder aufheitern. Die Skepsis, die ich vorher hatte, war vollkommen unbegründet, denn ich gehe richtig in der Arbeit auf und habe sehr viel Spaß. Gerade heute habe ich vier Senioren aus verschiedenen Gruppen auf der Straße getroffen und jeder ist stehen geblieben um sich mit mir zu unterhalten, was mir echt viel bedeutet.
Lena spielte und spielt natürlich auch eine froße Rolle in meinem Ankommensprozess. Wir verstehen uns wirklich gut und können uns immer austauschen. Dadurch, dass wir beide neu sind und "niemanden" haben, stützen wir uns in traurigen Momenten gegenseitig und können uns aber auch beim anderen über die Arbeit oder die Spanier beschweren, weil die andere ja live dabei ist. Wir unternehmen sehr viel zusammen und kochen auch fast täglich zusammen, was wirklich sehr lustig ist. In diesem Sinne hier ein großes Dankeschön an dich, dass wir so viel zusammen machen, du immer für mich da bist und mich aufheiterst, wenn es mir mal nicht so gut geht!
Am Anfang hatte ich wirklich etwas Angst davor alleine zu sein, weil ich befürchtete, dass mich das Heimweh überrollt. Deshalb habe ich auch alles mitgemacht, was sich angeboten hat, ob Feiern bis morgens um halb vier, eine Salsa- oder Yogaprobestunde oder einem Zumbakurs. Einerseits zur Ablenkung und anderersseits um mir ein neues Leben für die 10 Monate aufzubauen, gefüllt mit Dingen, die ich in Deutschland nicht habe oder nicht mache und um neue Leute kennenzulernen. Und das kann ich mit Sicherheit sagen, ich habe hier schon wirklich viele Leute kennengelernt.
Als Letztes hat mir auch das regelmäßige Bloggen sehr geholfen das Erlebte zu verarbeiten und Revue passieren zu lassen. Es macht mir sehr viel Spaß, Texte für euch zu schreiben und euer Feedback ist immer willkommen, da ich manchmal nicht so sicher bin, ob euch gefällt und interessiert was ich schreibe. Der stetige Kontakt mit meiner Familie und meinen Freunden hat mir natürlich auch beim Ankommen geholfen, so wie der Gedanke, da sind Leute zu Hause, die mich unterstützen und an mich denken.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich nach einem Monat hier so gut wie angekommen bin, mich wohlfühle und schon sehr viel erlebt habe. Die zwei wichtigsten Dinge, die ich in diesem Monat gelernt habe sind einmal: Egal wie schlecht oder traurig du dich fühlst, mach weiter, denn an der nächsten Ecke wartet schon ein Sonnenstrahl oder ein Lächeln auf dich und zweitens: Für jedes Problem gibt es eine Lösung!
Hiermit beende ich jetzt diesen sehr langen Blogpost und gratuliere jedem, der bis hierhin gekommen ist! Ich wollt euch einfach mal zeigen, wie es mir auch emotional ergangen ist und dass nicht immer alles toll war.
Liebe Grüße aus Tudela sendet euch eure
~ Lea ~
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