Tu was! Tu was?
Juliane ist in einem Gewissenskonflikt, nachdem sie einen bettelnden Jungen zum Essen eingeladen hatte. Sie fragt sich: "Einerseits hätte ich vielleicht besser meine Zeit und mein Geld in Organisationen stecken sollen, die diesen Kindern von der Straße wegzukommen helfen. Andererseits - in diesem Moment, für dieses Kind - war es nicht etwas Gutes?"
Was ich noch erzählen wollte, weil es mir immer wieder begegnet - vor Weihnachten war’s: Da stand ich am Piata Romana vor der Metro und wartete auf jemanden. Ich war ausnahmsweise zu früh dran, es war kalt und regnete Schnee - da stand so ein Junge vor dem Eingang, bettelte, warf Schneebälle auf Autos, vor Langeweile oder auch, um sich durch Bewegung etwas aufzuwärmen.
Ich stand neben ihm unter dem Vordach und schließlich fragte ich ihn, ob er Hunger hätte, was er bejahte. Wir gingen hinein, wo uns sogleich ein ziemlich bärbeißiger Sicherheitsmann begrüßte. Vor allem schnauzte er den Jungen an, er solle sich gefälligst verziehen und hier drinnen sei er nicht erlaubt.
Ich fragte den Mann, was er an dem Jungen auszusetzen hätte. Er sagte, er habe seine Order und es gebe Vorschriften, wonach der kleine Hund, den der Junge in seiner Jacke hatte, im Restaurant nicht erlaubt wäre. Ich habe mich hinterher ziemlich geärgert. Ich meine, der Mann kann ja seine Anweisungen haben, aber deswegen braucht er noch lange nicht so respektlos mit dem Jungen umgehen.
Ich ging mit dem Jungen zusammen zehn Meter weiter zu McDonalds, wo er sich ein Kindermenü wünschte mit einer Spielfigur: Wir aßen, sprachen ein bisschen. Remus hieß er, steht oft hier und bettelt.
Schließlich war es Zeit für mich, zu gehen. Und auch der Junge nahm wieder seinen Platz vor dem KFC ein. Ich fühlte mich ziemlich gut, das getan zu haben. Ich erzählte es einem befreundeten Rumänen, der mir dann erklärte, dass das so toll vielleicht doch nicht gewesen wäre. Im Prinzip bringe ich diesen Kindern dadurch bei, dass sie auf der Straße so überleben können; oft werden diese Kinder von ihren Eltern oder Verwandten geschickt. Ein anderes Problem wäre: Ich im speziellen hätte ja nichts weiter von dem Kind gewollt, aber das heißt nicht, dass es nicht irgendwann von jemanden Essen annehmen könnte, der "etwas" von ihm will. War es also einfach absolut falsch, was ich getan habe? Ich verstehe einerseits, dass ich vielleicht besser meine Zeit und mein Geld in Organisationen stecken sollte, die diesen Kindern direkt und erfolgreich helfen, von der Straße zu kommen. Andererseits - in diesem Moment, für dieses Kind - war es nicht etwas Gutes? Essen, Wärme? Ich habe keine Ahnung, wie ich diesen Konflikt lösen sollte...
Manchmal auf der Straße, wenn ich Kinder spielen sehe - traue ich mich fast nicht, sie anzulächeln, weil ich befürchte, sie könnten das sofort als Aufforderung verstehen, mich anzubetteln. Warum "befürchte" ich das? Weil es lästig ist? Weil ich mich ständig nur auf einen Geldgeber reduziert sehe? Nun, ganz objektiv habe ich natürlich mehr Geld als sie - und wie sollten diese Kinder an "Höheres" denken, wenn nicht mal ihre Grundbedürfnisse wie Essen und Dach überm Kopf gesichert sind? Von einem Lächeln wird mensch nicht satt...