Time to say goodbye...
Ein Rückblick auf eine spannende Erfahrung und ein Resumée eines unvergesslichen Jahres...
Damit meine Blogaktivität nicht ganz im Sande verläuft, hier nun mein offizieller Abschlussbericht. Je nach Zeit folgt vielleicht auch noch ein Einblick in die letzten vier Monate.
Seit drei Wochen bin ich nun wieder in Deutschland. Die Tatsache, dass ich körperlich wieder im Lande bin, bedeutet aber nicht automatisch, dass dies auch mental auf mich zutrifft. Mein Kopf ist noch halb in Frankreich. Treffe ich Leute auf der Straße möchte ich ihnen ein freudiges „Bonjour“ entgegen schmettern, kann mich aber immer noch bremsen und bin dann so erschrocken über mich selber, dass ich schließlich gar nichts mehr heraus bekomme. Aber immer der Reihe nach…
Für meinen Europäischen Freiwilligendienst (EFD) war ich ein Jahr in Frankreich und habe Kinderanimationen in einem Hort gemacht. Gelegen am Genfer See und eine Stunde vom Mont Blanc entfernt, ließ es sich dort auch ganz gut aushalten. Gemeinsam mit meinem Mitfreiwilligen – auch einem Deutschen – habe ich mir eine Wohnung geteilt. Für mich war es insbesondere anfangs eine aufregende Zeit. Gerade mit der Schule fertig und dann ganz alleine ins Ausland. Wie bei jedem anderen kamen kurz vor der Abfahrt dann natürlich auch bei mir Zweifel auf. Ist das wirklich die richtige Entscheidung? Bin ich überhaupt schon so weit? Und wie soll das bitte mit dem Französisch funktionieren? Fragen über Fragen und ich mittendrin.
Angekommen in Frankreich war das Ganze dann aber gar nicht mehr so schlimm. Obwohl ich zu Beginn einige Schwierigkeiten mit der Sprache hatte, habe ich mich sofort wohlgefühlt. Und wenn ich Probleme hatte, war immer jemand für mich da. Sei es Tekla von dem Jugendwerk der AWO Stuttgart, meiner Entsendeorganisation, mein Chef in Frankreich oder mein Tutor. Durch regelmäßigen E-Mail-Kontakt fühlte ich mich sehr gut betreut. Meine Aufgaben auf der Arbeit waren anfangs nicht ganz klar verteilt und teilweise habe ich mich etwas verloren gefühlt. Neben der Zeit, in der wir die Animation geleitet haben, saßen wir in der Nicht-Ferienzeit quasi nur im Büro. Mit der Zeit wächst man aber ins Team und seine Aufgaben hinein.
Wie bereits erwähnt bestand meine Arbeit zum einen aus den Animationen im Hort selbst, die immer Mittwochsnachmittags und in den Ferien ganztägig stattfanden, der Betreuung in der Schule im Nachbarort und der Versorgung unseres Kaninchens und der Lamas. Zudem sollte ich bei den Aktivitäten mit den Kindern immer einen Bezug zu Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Solidarität, Kultur und Internationalität vorweisen können. Sofern Wetter und Zeit es ermöglichten, habe ich mich mit den Kindern um den Garten und den Teich gekümmert und war häufig in der Natur.
Zudem hatten wir zwei Freiwillige die Möglichkeit die BAFA-Ausbildung, dem französischen etwas intensiveren Pendants zur Jugendleitercard, zu absolvieren. Eine einmalige Chance, bei der ich sowohl meine Kinderkentnisse, als auch meine sprachlichen Fähigkeiten ausbauen konnte. Generell waren unsere Arbeitszeiten genau festgelegt. Während wir in der Schulzeit immer 24 Stunden die Woche arbeiteten, waren es in der Ferienzeit pro Woche mindestens 45 Stunden, gerne auch mehr. Was auf den ersten Blick nach sehr viel klingt, war am Anfang auch viel. Doch mit der Zeit findet man sich in den Arbeitsalltag rein und es wird Routine. Vor allem meine letzten beiden Monate waren sehr herausfordernd, da es sich um die beiden Sommerferienmonate handelte, in welchen gerne 90 Kindern pro Woche zu uns kamen.
Doch abgesehen von den Ferien habe ich nicht viel Zeit auf der Arbeit verbracht. Besonders im ersten halben Jahr bin ich sehr viel gereist. Getrieben von einer unbändigen Neugier war ich in Genf, Straßbourg, Narbonne, Lyon, Taizé, Marseille, Bordeaux, Angoulême, Paris, Amsterdam, Dijon,… Während meines Freiwilligendienstes durfte ich von einem ganz bestimmten Gefühl kosten. Dem Gefühl grenzenloser Freiheit. Und natürlich nicht zu vergessen: vom Volunteer-Spirit.
Bei unseren beiden Seminaren in Frankreich (On-arrival-training und Mid-term-training) habe ich die Bekanntschaft mit unglaublichen Menschen machen dürfen. Jedes Seminar war einzigartig. Es wurde sich viel ausgetauscht und von unseren Trainern bekamen wir zahlreiche Tipps wie man einen Kulturschock überwinden kann, wie man Anschluss im Land findet, was man nach dem EFD machen kann und wie man
den EFD am besten für sich selbst nutzen kann. Insbesondere nach diesen Seminaren war ich unglaublich motiviert mich noch mehr in meine Arbeit zu stürzen und die Zeit in Frankreich noch effizienter zu nutzen.
Vorher konnte ich mir nie vorstellen, einmal Freunde in ganz Europa zu haben. Aus dem einfachen Grund, dass man solche Leute erst einmal treffen muss. Mittlerweile kann ich sagen, dass sich bei manchen wirklich tiefe Freundschaften ergeben haben. Freundschaften, die durch die uns gegebene Kommunikationsmittel gepflegt werden und bei gegenseitigen Besuchen bereits ausgebaut werden konnten.
Die Seminare waren immer meine Highlights. Denn so gut es einem im Ausland auch gefällt; manchmal merkt man dann doch, dass man keine Einheimische ist. Und dann tut es gut sich mit anderen, die in der gleichen Situation sind, auszutauschen. Über die WG, die Arbeit, fremde Kulturen, Heimweh. Apropos Heimweh; das trat bei mir glücklicherweise nie ein. Zwar war ich häufig krank und hätte mir ab und an meine Eltern an meine Seite gewünscht, aber Heimweh hatte ich trotzdem nie.
Jetzt wo mein EFD-Abendteuer vorbei ist, bin ich noch häufig wehmütig und sehne mir diese Zeit von Internationalität und neuen Erfahrungen wieder herbei. Doch das Ende ist nur der Anfang. Schließlich gibt es so viele Möglichkeiten sich weiterhin zu engagieren. In Erinnerung werde ich immer ein einzigartiges Jahr in Frankreich behalten. Ich bin in dem Jahr erwachsen geworden, wurde unabhängig und habe gesehen, dass ich mir selber ein Leben aufbauen kann ohne, dass ich auf die Hilfe von irgendjemandem angewiesen bin. Die anfängliche Scheu zu sprechen – aus Angst vor Fehlern – hat sich glücklicherweise auch sehr schnell verloren. Sobald sich mir wieder eine ähnliche Möglichkeit bietet, werde ich sie definitiv nutzen. Jeder, der jemals die Chance bekommen sollte einen EFD zu absolvieren, kann ich dies nur voll und ganz empfehlen. Es ist eine einmalige Chance, die einen über sich selbst hinauswachsen lässt.