Thessaloniki
Wenn zwei eine Reise tun, erleben sie Allerlei. Die Mitreisende im Zug nach Thessaloniki war sicher nicht sehr erbaulich für Karenaki und Emily, doch machte die Stadt alles wieder wett.
Also, wenn ihr jemals in eurem Leben nach Griechenland kommen solltet, kann ich euch einen Tipp geben: Verbringt ein paar Tage in Thessaloniki! Für alle, die noch nichts von Saloniki gehört haben (wie z.B. der liebe Alleswisser Till ;-)): Sie ist, nach Athen, die zweitgrößte Stadt Griechenlands und befindet sich im "Hohen Norden". Auch wenn Griechenland ja nicht sonderlich groß ist, mussten Emily und ich also eine ca. zehnstündige Fahrt einplanen, weil wir ja hier im wunderschönen Süden leben :-).
Mittwoch, 27/12/2006: An diesem Tag habe ich mich um halb 9 aus dem Bett gequält, um zum alten Bahnhof zu laufen und die Tickets (Athen-Thessaloniki, Thessaloniki-Athen) zu kaufen. Während ich mir innerlich auf die Schulter klopfte, stolz, die Reservierung überhaupt auf Griechisch hinzubekommen, war die Frau hinter alles andere als freundlich. Irgendwann hatte ich die Schnauze voll und habe ihr sehr freundlich mitgeteilt "Entschuldigen Sie bitte, aber ich spreche nicht sehr gut Griechisch, ich bin Ausländerin". Ich weiß ja nicht, was die gute Frau zuvor von mir gedacht hatte, auf jeden Fall war sie danach wie ausgewechselt und lobte mich "Nein, nein, dein Griechisch ist großartig!" ;-). Zum Glück habe ich noch alle Tickets bekommen, was – kurz nach Weihnachten – nicht selbstverständlich war.
Also konnten Emily und ich uns kurz vor 20 Uhr auf den Weg machen, um den Zug nach Athen zu bekommen (1 1/2 Stunden Fahrt). In Athen angekommen, haben wir die Wartezeit genutzt, um nach Omonia zu fahren und uns mit ordentlich Proviant, deutschen Zeitschriften (sauteuer!) und Batterien einzudecken.
Um 22:50Uhr stiegen wir in den Zug nach Thessaloniki. Uns standen ca. 6 Stunden in einem Vierer-Schlafabteil bevor. Schon als wir unseren Wagon sahen, war uns klar, dass diese Fahrt ein Abenteuer würde. Irgendwie hat er mich seltsamer Weise an einen dieser alten Filme erinnert, in denen die Männer in den Krieg fahren und Frauen und Kinder auf dem Bahnsteig mit weißen Taschentüchern winken... Einmal im Gang des Wagons drin, mussten wir aufpassen, nicht unsere Kabine zu verpassen, denn mit unserem Gepäck (Rucksack, Tasche, Schlafsack – und zwar genau in dieser Reihenfolge, nich wahr, Emily ;-)) wäre jeder Versuch, sich in der Enge umzudrehen, zwecklos gewesen. Zu diesem Zeitpunkt glaubte ich immer noch, die Fahrt könnte "lustig" werden.
Dies änderte sich jedoch schlagartig, als wir in unsere Kabine guckten und uns eine grimmige, alte Frau anfletschte. Laut Plan waren unsere Betten oben und unten links. Links unten saß jedoch diese Frau, sich krampfhaft an ihre Tasche klammernd. Okay, vielleicht wahr es ja ein bisschen kleinlich und typisch Deutsch von uns, nicht auf unsere Plätze verzichten zu wollen, aber wir rechneten damit, dass noch eine vierte Person auftauchen würde, mit welcher wir uns nicht anlegen wollten. Emily hat die Frau also sehr freundlich nach ihrer Platznummer gefragt, worauf hin die Alte super grimmig fauchte "Ich weiß es, du weißt es nicht! Was geht dich das an?!". Nach dieser Reaktion sahen wir es wiederum kein Stück ein, dieser Person einen Gefallen zu tun.
Nach einer Weile, als wir merkten, dass Reden zwecklos war, verließ ich schließlich den Zug, auf der Suche nach Bahnhofspersonal. Eigentlich find ich die griechische Bahn echt toll! Noch nie hat sich auch nur ein Zug, den ich nehmen wollte, verspätet – im Gegensatz zur Deutschen Bahn... Aber in diesem Moment wär’ mir ein deutscher Bahnhof mit Bahnhofspersonal auf dem Bahnsteig echt lieb gewesen. In Athen war leider weit und breit keiner zu sehen.
Als ich Emily wieder zu Hilfe eilte, kam ich gerade hinzu, als die Alte die Pritsche links oben energisch hochklappte und Emily fast eine scheuerte. Als wir ihr nach einer Weile die linke Seite überließen – frei nach dem Motto: "Die Klügeren geben nach" – meinte sie doch glatt, uns vorschreiben zu können, wie wir schlafen sollten. Wir sollten mit dem Kopf zum Gang schlafen, denn am Fenster wäre die Gefahr größer, am Kopf verletzt zu werden. Außerdem packte sie unsere Schuhe in Plastiktüten. Da ich unten, also quasi neben ihr schlief und nicht weiter terrorisiert werden wollte, legte ich mich schließlich mit dm Kopf zum Gang. Ab diesem Zeitpunkt mochte sie mich. Zu mir sagte sie: "Du bist so ein hübsches und gutes Mädchen". Emily dagegen musste sich Sachen anhören wie "Sie (also ich) ist viel besser als du!" oder "Psssst, du hältst jetzt die Schnauze, du schläfst jetzt!". Mich hat sie dafür endlos voll gelabert. Ich hab natürlich nicht alles verstanden was sie sagte. Als ich zum 3. Mal "Ich verstehe nicht" sagte, motze sie "Wie du verstehst nicht, was ist denn daran so schwer?!". Darauf hin sagte ich "Wir sind Ausländerinnen". Sie: Na und, ich bin auch Ausländerin! Ich: Ach wirklich? Woher kommen Sie denn? Sie: Aus Amerika Ich: Ah, dann sprechen Sie also Englisch? Sie: Nein, ich bin Indianerin.
Na ja, auch wenn mir Emily vor dem Einschlafen zuflüsterte "Ich hab Angst, gleich ein Messer im Rücken stecken zu haben" und die Alte sich ihre Beide mit so einem komischen Zeug eingecremt hat, dessen Ausdünstung mir fast den Atem geraubt hat, haben wir doch erstaunlich gut geschlafen. Jedenfalls verhältnismäßig. Ich hab normalerweise einen sehr festen Schlaf, aber in dieser Nacht bin ich jedes Mal aufgewacht, wenn sich neben mir irgendwas gerührt hat...
Ich habe zum Glück das Talent, mich auf die positiven Dinge zu konzentrieren. So habe ich mich einfach jedes Mal, wenn ich geweckt wurde, über den wunderschönen und klaren Sternenhimmel draußen gefreut :-).
Emily und mich (wir sind uns manchmal sehr ähnlich, was ;-)?) hat das Erlebnis mit der Frau irgendwie fertig gemacht. Später haben wir bemerkt, dass sie eine Obdachlose ist, die wahrscheinlich in ihrem Leben viel Schlechtes erlebt hat, aber gibt ihr das das Recht, so mit uns umzuspringen?
Donnerstag, 28/12/2006: Um 05:30 Uhr in Thessaloniki angekommen, haben wir erstmal einen ziemlich schlechten Kaffee im Bahnhofscafé getrunken und dort gewartet, bis es hell wurde. Zum Glück konnten wir unser gesamtes Gepäck richtig günstig (3 Euro für 24 Stunden) im Schließfach lassen (Keine Hastung für die aufbewahrten Effekte ;-)), so dass wir uns unbeschwert auf den Weg in die Innenstadt machen konnten. Das war echt schön! Es war noch sehr kalt, so dass wir sogar unseren Atem sehen konnten, aber zugleich begrüßte uns eine freundlich strahlende Sonne :-). Nach einer Weile konnten wir das Meer sehen, was wir natürlich gleich angesteuert haben. An diesem Morgen kam uns Thessaloniki vor wie ein zweites Hamburg.
Den Tag haben wir damit verbracht, Kaffee zu trinken, zu shoppen, Kaffee zu trinken, zu shoppen, Essen zu gehen... Um 18 Uhr haben wir uns mit Tom getroffen, bei dem wir ja netterweise schlafen konnten (Vielen Dank nochmal, Tom!). Nach "Karta mia"(Maumau) und "Mensch ärgere Dich nicht" haben wir uns Troja angesehen. Schlecht! Was wohl Christa Wolf dazu sagt? Oder Frau Harjes ;-)...
Freitag, 29/12/2006: Am Freitag haben wir länger geschlafen, als wir wollten. Dann sind wir den Bus stadteinwärts gefahren und Tom hat uns erst hoch in die Altstadt geführt und uns dann sein Projekt gezeigt. Den Nachmittag haben Emily und ich wieder mit ein paar Mal Kaffeetrinken und Essengehen, shoppen, Till zum Geburtstag gratulieren und Postkarten schreiben verbracht. Bin aber noch nicht dazu gekommen, Briefmarken zu kaufen...
Abends haben wir uns wieder mit Tom getroffen und sind zusammen mit 3 anderen Freiwilligen – Natascha aus Holland, Marie aus Frankreich und Federica aus Italien - in eine nette Bar gegangen, welche nach ein paar Stunden leider so zugequalmt war, dass meine Augen sogar angefangen haben zu tränen... War trotzdem ein netter Abend!
Samstag, 30/12/2006: Und dann ging es auch schon wieder zurück nach Athen. Diesmal am Tage, so dass wir uns die wunderbare Landschaft angucken konnten. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben Baumwollplantagen gesehen. Schön, sah fast aus wie Schnee. Den konnten wir auf vielen Berggipfeln bewundern und Emily und ich haben uns gefreut wie kleine Kinder :-). Zwischendurch hat mich die Landschaft fast an Norddeutschlad erinnert, mit den kahlen Bäumen, den kleinen Weihern, den grünen Wiesen... Das änderte sich aber ganz schnell, als wir dem Süden wieder näher kamen!
Thessaloniki hat mir echt super gut gefallen! Sie ist eine wunderschöne Stadt, mit Meer, Cafés (die Bughatza ist dort wirklich die Beste!), vielen Leuten unseres Alters (Studentenstadt) und vielen tollen alten Häusern! Und wenn dann so gutes Wetter hinzukommt: Perfekt! Wir hatten die ganze Zeit über strahlenden Sonnenschein und die Luft war so klar, dass wir über's Meer sogar bis zum verschneiten Olymp gucken konnten! Guckt euch einfach die Fotos an und seht selbst. Ich will auf jeden Fall nochmal hin!