Tabacalera in Lavapiés
Von der Bibliothek und dem Garten über Salsa und Afrikanischen Tanz bis hin zur Cafetería - ein kunterbunter Ort in Madrid
Als ich zum ersten Mal von der Tabacalera in Lavapiés gehört habe, war es, als mir eine Freundin von ihrem Afrikanischen Tanz-Kurs erzählt hat. Als ich das erste Mal da war, wollten wir eigentlich nur kurz den Salsa-Kurs ausprobieren - aber für mich war es im Endeffekt mehr der Ort, der mich begeistert hat.
Was ist eine Tabacalera überhaupt? "Tabakindustrie" heißt das spanische Wort übersetzt, ist das Gebäude doch eine ehemalige Tabakfabrik. Bis 2010 stand diese jahrelang leer, in diesem Jahr übergab das Kultusministerium jedoch das Gebäude an einige Aktivisten, die sich bereits seit Jahren darum bemühten. Die Tabacalera ist heute ein selbstverwaltetes soziales Zentrum, sie lebt vom Zusammenarbeiten, sie baut auf ihrer eigenen Basis. Wem die Atmosphäre von Lavapiés gefällt, der wird es auch hier lieben. Es geht immer um Gemeinschaftsarbeiten, seien es künstlerische, kulturelle oder soziale Aktivitäten.
Das Haus ist riesig, hat eine schwere, hohe Tür und sieht von außen gar nicht mal so aus, als wäre dortdrin etwas los - wären da nicht die zahlreichen Menschen, die wie wir nach und nach hineinströmen. Nach einigen Treppen kommen wir zu zahlreichen Kleiderstangen, an denen Kinderkleidung hängt, nach links zweigt ein Gang ab, gerade aus hören wir hinter einem Vorhang Trommelklänge. Dahinter befindet sich eine riesige Halle mit hohen Säulen, in denen ein Mann tanzt. Wir gehen an ihnen vorbei durch die Halle, eine eher unstabile Treppe hoch, kommen auf einen Balkon. Unter uns liegt ein Garten, in dem ich in der Dunkelheit nicht ganz erkennen kann, was hier alles angebaut wird, im Hinterhof steht ein Mann, der jongliert. Wir gehen durch eine weitere Tür, durch einen Raum, durch denen zwei Jugendliche mit Einrädern fahren, ein Hund kommt uns schwanzwedelnd entgegen. Ein weitere Treppe, ein weiterer Raum, bereits gefüllt mit Menschen jedens Alters.
In der Salsa-Klasse, die wir heute ausprobieren möchten, darf man nur eins nicht: Reden. Tatsächlich herrscht Schweigen, während der Lehrer die Schritte erklärt, erst jeder für sich, dann Frauen und Männer getrennt, schließlich im Paartanz. Der Salsa-Kurs ist jedoch bei weitem nicht der einzige Kurs hier: Da gibt es noch Nähkurse, man kann lernen, wie Bücher gebunden werden, alte Computer werden recyclt, gemeinsam Musik gemacht, zahlreiche Malkurse und noch einiges mehr. Dazu kommt Bibliothek, Kinderspielraum, der Garten, die Cafetería.
Es ist ein bunter Ort, indem die Menschen nicht unterschiedlicher sein könnten: Da ist die Frau mit rotgefärbten Haaren mit Nasenring und Filzrock, der Junge mit den langen Dreadlocks, aber auch das Mädchen, das hier vergleichsweise ganz normal aussieht. Ein bisschen muss ich an Zirkus denken, alles wirkt so provisorisch, aber auf eine Art und Weise, das es nicht repariert gehört - absichtlich heruntergekommen beinahe, hier gibt es wichtiges, als könnte man in dem Chaos zwischen Graffiti, Trommeln und mehr die Kreativität spüren. Der Salsa-Kurs war am Ende des Abends vielleicht nicht ganz mein Fall, der Ort hat mich aber so begeistert, dass ich hier in der Zeit meines EVS mit Sicherheit nicht zum letzten Mal war.