Stromae, Puggy und Co: Wie Stars den allgegenwärtigen Sprachenstreit in den Hintergrund treten lassen
Der 27. September ist der Feiertag der französischen Kulturgemeinschaft in Belgien. Für alle, die noch nie in Belgien waren, klingt es unglaublich, aber in diesem Land ist es vor allem wichtig, welche Sprache man spricht und dass man seine Zugehörigkeit zu der jeweiligen Region feiert.
Bericht über ein Konzert, das als Höhepunkt der Feier der französischen Kulturgemeinschaft geplant war, und wie es sich einer Ausländerin präsentiert hat.
Belgien ist ein kompliziertes Land. Ich spreche hier nicht nur von dem ständigen Vorurteil der EU-Bürokratie gegenüber, das viele auf das ganze Land projizieren, ich spreche hier eher von der Tatsache, dass ein Staat mit nur 30 528 km2 in vier Sprachregionen unterteilt ist, drei offizielle Landessprachen besitzt und aufgrund separatistischer Tendenzen (vor allem auf flämischer Seite) einer ungewissen Zukunft entgegensieht.
Paradox also, dass ausgerechnet die Feier der französischsprachigen Gemeinschaft Belgiens (27.09.: Fête de la Communauté culturelle française de Belgique) dazu geführt hat, dass sich am Grand Place von Brüssel tausende Menschen, vor allem Jugendliche, verschiedenster Nationen versammelt haben, um gemeinsam Spaß zu haben. An diesem Abend hatte man als Besucher nicht das Gefühl, dass Belgien mit innenpolitischen Problemen zu kämpfen hat, ganz im Gegenteil: Unter den Anwesenden, die zum Teil bis zu zehn Stunden auf dem Hauptplatz ausharrten, um den belgischen Star Stromae live zu sehen, etablierte sich schnell ein Gemeinschaftsgefühl und alle tanzten und sangen bei den Liedern der belgischen Musiker und Bands Suarez, Saule, Puggy und Stromae mit.
La Fête de la Communauté culturelle française de Belgique, c’est quoi?
Der 27. September war ein wichtiger Tag in der Revolution von 1830, in deren Folge Belgien als unabhängiges Königreich entstand. Davor war Belgien Teil des Königreiches der Vereinigten Niederlande, doch ein Großteil der Belgier war französischsprachig – eben die Wallonie – und wollte eine Unabhängigkeit von den Niederlanden. In Folge mehrerer Aufstände und durch den Zusammenschluss der Brüsseler und der Wallonen konnten die niederländischen Soldaten in der Nacht vom 26. auf den 27. September 1830 vertrieben werden – dieses Ereignis und die Verbindung zwischen Brüssel (offiziell zweisprachig) und der Wallonie wird mit dem Feiertag der Communauté culturelle française gewürdigt.
Fragt man die Belgier, warum es diesen Feiertag gibt, erhält man vage Antworten; die Kinder freuen sich vor allem, dass sie schulfrei haben und die Jugendlichen freuen sich, dass es seit einigen Jahren zusätzlich zum Feiertag die Fête de la Fédération Wallonie-Bruxelles, eine mehrtägige Sport- und Kulturveranstaltung, gibt. (Für mehr Informationen, siehe http://www.lafetefwb.be/ )
Es ist faszinierend zu beobachten, wie sehr sich Belgier mit ihrer Region identifizieren, aber wie wenig sie sich dem gesamten Staat zugehörig fühlen. In der Provinz Hainaut etwa, wo ich meinen Freiwilligendienst mache, ist man Wallone oder Wallonin, nicht zwangsläufig Belgier. Und so bleibt keine Gelegenheit ungenutzt, die eigene Kulturgemeinschaft zu feiern – mit dem Konzert am Grand Place in Brüssel ist das mehr als gelungen! Doch es ist schön, dass jeder eingeladen ist, mitzufeiern und so bot das Fest die Gelegenheit, noch andere kleine und große Gemeinschaften zu stärken: Für uns Volontäre, die ihren EFD in Belgien machen, war es zum Beispiel „Formidable“, sich nach knapp einem Monat Aufenthalt zu treffen und auszutauschen. Auf Französisch natürlich, ganz im Sinne des Feiertages!
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