"Slave to my heart, master of my actions."
On-Arrival Training in Sommières, 10.09. – 14.09.2011: Weltenentdeckerin war vor Ort und teilt ihre Eindrücke mit uns: Hier führt sie ein Interview mit Kristi aus Estland, die ihren EVS in Orléans, Frankreich verbringen wird.
Name: Kristi
Heimatort: Tallinn, Estland
Einsatzstelle: Orléans, Frankreich
Projektbereich: Organisation kultureller Veranstaltungen
Hattest du bereits ein EFD Vorbereitungsseminar in deinem Heimatland?
Ja, dort ging es vor allem um die organisatorischen Dinge, wie z.B. Versicherung und co, dafür fand ich 2 Tage gerade lang genug.
Mit welchen Erwartungen bist du angereist, bzw. welche Begriffe sind dir zuerst eingefallen, als du an diese Veranstaltung gedacht hast?
Eigentlich hab ich es mir ziemlich genau so, wie es hier auch in Sommière abläuft, vorgestellt. Allerdings, dachte ich schon, dass zu mindestens ein paar Männer vertreten sind und wir nicht nur eine reine Mädel Gruppe sind.
Hattest du denn überhaupt ganz spezielle Erwartungen bzw. haben dir bisher z.B. ganz bestimmte Inhalte des Seminars eher zugesagt als andere?
Ich hatte eigentlich keine Erwartungen. Aber ich finde das Seminar dennoch sehr sinnvoll und nützlich. Außerdem bin ich ganz glücklich, dass man hier die Chance hat andere Freiwillige zu treffen mit denen man bereits gemachte Erfahrungen austauschen und diskutieren kann.
Wann bist du zu deiner Einsatzstelle angereist? Wie war dein erster Eindruck?
Ich bin am 6. September in meiner Einsatzstelle angekommen und hatte also schon ca. 3 Tage Zeit mich umzuschauen. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes „European Team Project“. Das heißt, dass wir dort in der Regel ganz viele Nachforschungen anstellen um Projekte zu starten die das „Europäische Bewusstsein“ fördern sollen. Außerdem werde ich in dem dortigen Begegnungszentrum einen Englischsprachkurs anbieten.
An der Unterkunft kann man nichts aussetzen. Ich werde mir zusammen mit Anke, einem Mädchen aus Deutschland, die auch mit mir hier auf dem Seminar ist in Orléans eine Wohnung teilen und wir verstehen uns auch bereits sehr gut, also hab ich da eigentlich auch keine Bedenken.
Hast du Kofferpacktipps die du gerne an EFDler weitergeben möchtest die noch nicht abgereist sind?
Eigentlich wollte ich noch ein estländisches Getränk mitnehmen, das musste ich dann aber leider wieder auspacken, als am Flughafen festgestellt wurde, dass mein Koffer über dem Maximalgewicht lang. Ich rate also niemandem, schwere Glasflaschen mitzunehmen ... und ich ärgere mich selbst ein wenig, dass ich nicht gleich an eine Plastikflasche gedacht hab, aber das wäre irgendwie auch doch nicht das Gleiche gewesen. Außerdem glaub ich, dass man auch gut Gewicht sparen kann, wenn man z.B. Shampoo und C.O. im Einsatzland kauft.
Mir persönlich fehlt bereits ein estnisches Gedichtbuch sehr, das ich mir jetzt doch von zu Hause nachschicken lasse.
Apropos, wie geht es dir so mit der Fremdsprache Französisch?
Ja, dass macht mich schon ein wenig nervös, weil ich absolut gar keine Vorkenntnisse in Französisch habe und ich bin auch wirklich überrascht, dass die Mehrheit der Seminarteilnehmer die Sprache bereits so gut beherrschen. Allerdings, hab ich schon ehemalige Estnische EFDler kennengelernt, die ebenfalls kein Wort Französisch gesprochen haben, bevor sie in ihr Einsatzland abgereist sind. Wie denn auch? In Estland lernt man üblicherweise Englisch als erste Fremdsprache und dann in der Regel Russisch oder auch Deutsch. Deshalb versuch ich mir auch nicht zu viele Sorgen zu machen. Und dieses Kartenspiel, dass wir heute gespielt haben, in dem jeder Tisch nach anderen Regeln gespielt hat und man sich eben anschließend über diese widersprüchlichen Regeln still austauschen musste hat ja auch gezeigt, dass man durchaus auch ohne Sprache viel kommunizieren kann.
Welche Ziele verfolgst du mit dem EFD bzw. was wünscht du dir so, was in deinem EFD bis zum Midterm Seminar im Januar am besten passieren soll?
Ich würde mir wünschen, dass ich bis dahin die Sprache so beherrsche, dass es mich halt einigermaßen gut tagtäglich verständigen kann und für meine Arbeit, dass man viele Ideen tatsächlich praktisch auch umsetzten kann, weil mir ist das Ziel des Projekts, also das „Europäische Bewusstsein“ zu fördern, schon sehr wichtig. Ich bin also schon mal gespannt, wie wir z.B. „den European Language Day“ bewerben und ihn dann am 26. September auch umsetzten werden.
Eigentlich – und das mag vielleicht ein bisschen naiv sein – sehe und erwarte ich da auch keine Probleme. Nicht zu letzt, weil ich mir vorstellen kann, dass mein Vorgesetzter gerne uns Freiwilligen mit der Umsetzung unserer Ideen unterstützen wird.
Was bedeutet dir Europa und wie verbindest du den Europäischen Gedanken mit deinem EFD?
Für mich ist die EU eine Gemeinschaft von Ländern, die versuchen gemeinsam ein gegenseitiges Verständnis zu fördern und einander zu helfen. Und meinen EFD sehe ich da als Teil dieses Prozesses.
Allerdings, vertrete ich auch die Meinung, dass es falsch ist die EU zu „einem Land“ zu machen, in dem es ein zentrales Entscheidungsgremium gibt, dass über die Mitgliedsstaaten hinweg entscheiden kann. Das ist zum einen realitätsfern und zum anderen hat man z.B. in Osteuropa oft das Gefühl, dass man sich an Westeuropa angleichen muss um in der EU zu sein – und zwar nicht nur an bestimmte Auflagen sondern auch kulturell. Das kann einerseits wirklich für diese Länder einen Fortschritt bedeuten aber andererseits fürchten die Menschen auch einen kulturellen Identitätsverlust.
Deshalb finde ich auch das mit der gemeinsamen Währung eigentlich nicht so gut, weil auch Geld normalerweise Teil der nationalen Identität ist bzw. sie ausdrückt. Estland und Finnland z.B. haben einen engen Austausch und ich persönlich freu mich jedes Mal wenn ich dort bin über die schönen finnischen Geldscheine.
Generell glaube ich aber schon, dass der „europäische Gedanke“ von gemeinsamer Zusammenarbeit funktionieren kann, da Europa, meiner Meinung nach, ein bestimmte Mentalität gemeinsam hat. Ich denke da z.B. an den Vorsatz religiöse Differenzen zu tolerieren, klar gibt da leider auch immer wieder Ausnahmen aber eigentlich finde ich es schon schön, dass ich in Europa keine Angst haben muss bzw. nicht damit rechnen muss, dass mir wegen meiner Herkunft oder religiöser Einstellung in einem anderen europäischen Land Leid zugefügt werden könnte.
Aber ich finde auch die derzeitige Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass es schwierig ist, wenn alle Länder so sehr vernetzt sind, bzw. voneinander abhängig. Keine Frage, Estland hat bisher als kleines Land stark von der EU Mitgliedschaft profitiert und das sieht man auch in Estland an dem Ausbau der Infrastruktur z.B. und der Förderung der estnischen Landwirtschaft. Aber auch die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes hängt irgendwie mit der jeweiligen kulturellen Mentalität ab und deshalb bereitet die Diskussion über die finanzielle Rettung Griechenlands auch gerade in Estland Unmut, weil man die eigene sehr sparsame, vernünftige und fleißige Arbeitseinstellung irgendwo mit der Griechenlands vergleicht.
Und ich glaube, da ist schon etwas dran, dass man in Griechenland mit der Finanzpolitik irgendwie „lockerer“ und „unbedachter “ umgeht bzw. umgegangen ist. Das ärgert dann natürlich irgendwie den Esten, der z.B. erst vor kurzem sehr harte Sparmaßnahmen, die von der Regierung vorsorglich verabschiedet worden sind, akzeptiert hat um eine weitere Verschuldung des Landes zu vermeiden - und das übrigens obwohl Estland bereits die geringste Verschuldung in ganz Europa vorweist! – währenddessen er mit seinen Steuern aber zusätzlich irgendwie für die unverantwortliche Verschuldung Griechenlands aufkommen muss.
Ein abschließendes Wort oder dein Lieblingsleitspruch, den du gerne teilen möchtest?
Ich bin tatsächlich ein riesiger Fan von kleinen Gedichtzeilen oder Sprichwörtern und einer meiner Liebsten lautet wie folgt: „Slave to my heart, master of my actions.“ (Sklave meines Herzens, Herr meiner Taten), ich glaube diese Zeile kann man sich angesichts unserer Situation ganz gut im Gedächtnis halten.