Semana de la Solidaridad
Als ich meinen Freiwilligendienst begonnen habe, habe ich mir dabei gedacht, etwas lernen zu wollen, das dir nicht unbedingt eine Schule oder eine Universität beibringen kann - doch genau das versucht hier auch die Universität.
Zwei Wochen lang sieht mein Freiwilligenprojekt in Madrid etwas anders aus als sonst: Wenn ich sonst mit unseren Schülern im Sportunterricht dem Basketball hinterhechte, trage ich nun Roll-Ups, Plakate und Broschüren von einer Fakultät zur nächsten der Universidad Autónoma in Madrid. Wenn ich sonst im Englischunterricht den Unterschied zwischen "going to"- und "will"-Futur erkläre, helfe ich jetzt dabei, eine Ausstellung über Welthunger in Verbindung mit Flüchtlingen aufzubauen. Wenn wir sonst im Altersheim Musikgeräte basteln oder spanische Brettspiele spielen, geht meine Projektpartnerin in einen Kurs über Zeichensprache. Und wenn wir sonst mit unserem Tutor zusammen im Büro sitzen, drucken wir jetzt Namensschilder für ein besonders wichtiges Seminar aus.
Was hier passiert?
Wie jedes Jahr veranstaltete die Universidad Autónoma de Madrid, genau genommen das Oficina de Acción Solidaria y Cooperación, die Semana de la Solidaridad - mehr oder weniger passend könnte man sie vielleicht mit Solidaritätswoche übersetzen. Das Büro hat es sich zum Ziel gemacht, eben jene zu fördern - mit lokalen Freiwilligenprojekten oder mit internationalen Freiwilligendiensten. Gehen wir abends in ein Altersheim, um dort verschiedene Aktivitäten mit den Bewohnern zu machen, kommen auch Studenten der Uni mit, die dies ehrenamtlich machen, und jene Freiwilligenarbeit wird ebenso von dem Büro koordiniert wie wenn wir als EVS-Freiwillige nach Madrid kommen oder Madrilenen als EVS-Freiwillige ins Ausland gehen möchten. Als ich zum ersten Mal von dem Projekt gehört habe, hat es mich daher direkt begeistert, wie viel Wert hier auf Ehrenamtliches gelegt wird, wie viel Organisation dahintersteht.
Für mich ist das Büro meine Aufnahmeorganisation und auch wenn ich einen Großteil meiner Zeit im Projekt nicht hier verbringe, ist es für mich dennoch ein zentraler Punkt im Projekt - während zahlreiche Studenten jedoch noch nicht von der Arbeit des Büros gehört haben. Jedes Jahr macht es daher mit der Semana de la Solidaridad auf sich aufmerksam: Hier werden Kurse und Seminare angeboten, angefangen bei einer Einführung in die Zeichensprache bis zu einem Kurs mit dem Titel "Violencia de Género, Migración, Derechos Humanos y Voluntariado” (Diskrimination von Geschlechtern, Migration, Menschenrechte und Freiwilligendienst), und den Studenten damit die Chance gegeben, einmal in der Universität, in der sie sonst Lehramt, Biologie & Co. studieren, etwas ganz anderes zu lernen.
Unser kleiner Anteil an der Semana de la Solidaridad ist unsere "Exposición", eine kleine Ausstellung mit sechs Roll-Ups und jede Mengen Broschüren, die wir Tag für Tag in einer anderen Fakultät aufbauen. Sie alle handeln von internationalen Freiwilligendienst, darunter auch Erasmus+. Mit den Broschüren legen wir Listen aus, in denen sich interessierte Studenten eintragen können, um mehr Informationen zu erhalten, ab und an werden wir auch gefragt, erzählen, wo wir herkommen, Studenten erzählen uns, wohin sie gerne gehen würden. Einige von ihnen wundern sich, warum die Roll-Ups überhaupt da sind, haben von der Semana de la Solidaridad bis dahin leider noch nichts mitbekommen. Es ist eben schwierig, an einer so großen Universität jeden einzelnen Stundenten zu erreichen.
Ich persönlich muss jedoch sagen, dass ich das Oficina sehr für seine Arbeit bewundere - gerade weil es der Universität einen Aspekt hinzufügt, den mit Sicherheit nicht jede Universität hat: eine Art informelles Lernen, abseits vom eigentlichen Studiengang, was jedoch mit Sicherheit nicht weniger wichtig ist.