Schnee, Schnee, Schnee
oder was die geschlossenen Skilifte mit reisenden Freiwilligen zu tun haben
Nach diesem Titel könnte man denken, die Normandie versinke im Moment bis zur Hüfte im Schneegestöber. Hah, schön wär‘s. Hier hat es einen Tag geschneit, und da war ich nicht einmal vor Ort. Warum schreibe ich also über Schnee, wenn dieser zig Kilometer entfernt ist?
Die Sehnsucht nach den Bergen und Schnee im Allgemeinen wurde vorletzte Woche bei meiner Mitbewohnerin so groß, dass sie kurzerhand vorschlug, wir sollten doch alle für ein verlängertes Wochenende in die Alpen fahren. Wer würde bei so einem Angebot schon Nein sagen? Schnell wurden Züge gecheckt, ein AirBnb gebucht und der Freund meiner Mitbewohnerin ins Boot geholt.
Zu sechst ging es dann mit dem Van (den Begriff „Volkswagen“ kennt hier übrigens fast jeder) in die französischen Alpen, bis der Mont Blanc in Sicht war.
Für manche Menschen mag es ja „normal“ sein, jedes Jahr den Schnee vor der Haustür zu haben. Ich aber komme aus der nördlichen Hälfte Deutschlands, aus einer Stadt, in der die Menschen beim kleinsten Anzeichen von Schneeflocken am Himmel mit ihren Schlitten an den Deich fahren, um jauchzend die fünf Höhenmeter hinunter zu rodeln. Mit anderen Worten, das letzte Mal, das mein Schuh komplett im Schnee versank, ist mehr als 10 Jahre her.
Da stand ich nun und konnte ohne Probleme meinen Knöchel versenken. Wäre das noch nicht genug, hatte uns eine Freundin (ebenfalls von der Partie) Ganzkörper-Schneeanzüge aus dem Second Hand Shop mitgebracht. Wir sahen abwechselnd aus wie große Babys und Zeitreisende aus dem „Last Christmas“-Musikvideo, auch wenn man dort kaum Schneeanzüge trägt, aber egal :) . Die Anzüge waren die beste Entscheidung überhaupt. Wie soll man sich auch sonst ohne nass zu werden im Schnee wälzen?
Was haben aber nun die geschlossenen Skilifte mit uns zu tun? Erstmal nichts, weil die Hälfte von uns sowieso kein Ski fahren kann. Außerdem kann man dieses Jahr wegen Corona auch keine Ski leihen. Allerdings scheinen die Ausgangssperre ab 18 Uhr und die nicht begehbaren Lifte große Auswirkungen auf das Schneegeschäft zu haben, die Preise für Unterkünfte sind nämlich, zumindest für die kleinen Chalets, in den Keller gesunken. Mit anderen Worten: Auch europäische Freiwillige mit begrenztem Budget konnten sich ein paar Nächte leisten.
Was soll ich sagen? Schnee ist einfach schön. Falls jemand von euch zu den fleißigen „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“-Schauern gehört, ich fühlte mich im Wald wie Aschenbrödel auf ihrem Pferd und später wie der Prinz, als er die Anhöhe herunterspringt und bis zum Oberschenkel im Schnee versinkt. Das ist mir (ohne den Sprung) nämlich auch passiert. Man glaubt es kaum, aber da entwickelt man ganz neue Fortbewegungstechniken. Ob rollend, auf allen Vieren krabbelnd oder sich immer möglichst weit nach vorne schmeißend, vieles geht besser und ist vor allem weniger anstrengend, als sein komplettes Bein nach jedem Schritt aus dem Schnee zu ziehen.
Morgens habe ich immer einen kleinen Spaziergang gemacht, den Sonnenaufgang beobachtet und jedes mal die gleichen zwei Menschen getroffen. Nach dem Frühstück, wenn es hoffentlich jeder aus den Federn geschafft hat, ging es mit dem Van auf zur Skipiste. Mindestens ein Mal pro Strecke mussten wir alle bis auf den Fahrer aussteigen und entweder schieben, wenn das Auto im Schnee festhing, oder beten, dass „Josh“ (der Van) heile die steile und glatte Straße hochkommt. Auf der Skipiste war es dann einfach ein genialer Anblick, wenn wir, in unseren hübschen Anzügen, neben den Skifahrern mit Sportausrüstung standen. Sie mit ihren Skiern, wir mit unseren Minischlitten. Ein nettes „Bonjour“ und danach ein irritierter und belustigter Blick der Skifahren standen an der Tagesordnung. Wir hatten auf jeden Fall unseren Spaß.
Abends gab es Tee für alle, einen Sockenwechsel und die Handschuhe wurden vor den Kamin gehängt. Dann wurde gekocht, gegessen und eventuell noch sein Kartenspielhorizont erweitert.
Nach drei schneereichen Nächten ging es zurück in die Normandie.
Die Rückfahrt war mal wieder ein Abenteuer (Danke SNCF!!), aber wer reisen will, muss eben gute Nerven und viiiel Zeit mitbringen :)
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