Schatzsuche im Winterwunderland
Ich darf das erste Mal mit unterrichten und freue mich über den ersten richtigen Frost.
Es ist eiskalt, als ich morgens die Türklinke herunterdrücke, mein Fahrrad rausschiebe und mich auf den Weg zur Arbeit mache. Nebel wabert um die Häuser und packt die Welt in Watte. Ich sauge die frische kalte Luft gierig in meine Lungen, bin verdammt froh über meine Handschuhe und trete ordentlich in die Pedalen um schnell wieder ins Warme zu kommen, während mir der eisige Wind um die Ohren pfeift. Schon gestern Nacht hatten mich Eisblumen durch die Dunkelheit angeglitzert, doch das war nur ein kleiner Vorgeschmack zu heute gewesen. Jeder einzelne Grashalm, jedes Blatt, jeder Grashalm und jeder noch so kleine Ast ist mit Eiskristallen gespickt und verwandelt die kleine Stadt in eine Winterwunderwelt. Zitternd drehe ich den Schlüssel im Schloss zur Mühle und genieße die Wärme, die mich drinnen empfängt.
Heute werde ich das erste Mal ein Programm mit unterrichten. Es wird um Arbeit mit Karten und dem Kompass gehen. Zuzka und ich haben die letzten Wochen dran gefeilt und getestet. Wieder dick eingepackt laufe ich mit meinem Kompass in unserem Garten herum um die kleinen Fähnchen mit den Buchstaben zu verstecken. Über dem Fluss steigt Dampf auf. Noch kann man meine Fußstapfen in der frostigen Landschaft deutlich erkennen. Sogar die Spinnenweben sind eingefroren. Die Brücken sind spiegelglatt. Ich werde die anderen warnen müssen. Darauf Rettungsschwimmerin zu spielen habe ich so gar keinen Bock.
Kaum wieder drinnen sitzen schon unsere Schüler an den Tischen. Wir teilen die Gruppe in zwei kleinere auf. Die eine wird mit unserem Chef mit einem Computerprogramm eine Karte zusammenbasteln. Die andere Gruppe lernt von Zuzka wie man eine Karte richtig einnordet und wie ein Kompass funktioniert.
Danach versammeln sich alle um den großen Baumstumpf und erfahren von mir was es mit der Schatzsuche auf sich hat. Mit einem Kompass lassen sich nicht nur Richtungen bestimmen, sondern auch Winkel. Im ganzen Garten sind Buchstaben für Codewörter verteilt. Jedes Grüppchen kriegt unterschiedliche Winkel und Schrittangaben. Die Gruppe, die als erstes das richtige Codewort findet und den richtigen Weg in ihre Karte gemalt hat, kriegt zusätzlich zum eigentlichen Schatz das Wlan Passwort.
Ich zeige ihnen wie sie die Winkel richtig ablesen können. Die Kids sind ziemlich motiviert und kommen der richtigen Antwort mit etwas Anlaufschwierigkeiten schnell auf die Spur. Trotzdem sind alle froh, als es wieder rein ins Warme geht.
Mir hat es echt Spaß gemacht sich die ganzen Sachen auszudenken und zu sehen, dass es funktioniert hat. Die Lehrerin hat uns fürs nächste Jahr gleich wieder gebucht und ich soll das Programm dafür entwickeln. Ich freue mich sehr auf diese neue Herrausforderung.
Später sitze ich an meinem Computer und buche schon wieder Zugtickets für Weihnachten. Wahnsinn wie schnell die Zeit vergangen ist. Auf den morgigen Tag werden es genau 6 Wochen sein, die ich hier verbracht habe. Zeit ist etwas, was ich in den letzten Wochen sehr zu schätzen gelernt habe, wenn ich sie mal hatte. Denn genau diese zerrinnt zwischen meinen Fingern und ehe ich es mir versehe wird mein Jahr auch schon wieder rum sein. Deshalb gilt es jede Erfahrung zu genießen und das meiste raus zu holen was ich kann.
Aber auch wenn es bedeutet, dass schon drei Monate rum sind wenn ich in knapp einem Monat wieder nach Hause fahre, freue ich mich total auf Weihnachten. Darauf durch das glitzernde Berlin zu laufen, gebrannte Mandeln auf dem Weihnachtsmarkt zu essen, die festliche Atmosphäre im Gottesdienst zu erleben und vor allem darauf meine Eltern zu umarmen und Zeit mit meiner Familie und Freunden zu verbringen.
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