Sami - Das indigene Volk Finnlands
Mein Wochenende in Lappland, bei den Skolt-Sami war eine ganz andere Erfahrung als die in den Städten Finnlands. Das indigene Volk Finnlands hat eine interessante Kultur, die ich hautnah erleben durfte.
Endlich habe ich es geschafft mal für ein Wochenende in den Norden Finnlands zu fahren. Mit dem Zug ging es über Nacht nach Rovaniemi und von dort aus mit dem Bus 10 Stunden, an Ivalo vorbei, bis nach Sevetijärvi.
Sonst findet man im zweisprachigen Finnland immer alle Informationen auf Finnisch und Schwedisch. Hier oben in Lappland allerdings in Finnisch und Samisch, die Sprache des indigenen Volkes von Nord-Finnland, Norwegen, Schweden und Russland.
Knapp zwei Prozent der Finnen sind Sami. Früher nannte man sie abschätzig „Lappen“. Doch das würde die gesamte Bewohnerschaft Lapplands bezeichnen und Sami ist nur, wer Sami-Blut hat. Darauf wird hier viel Wert gelegt. Kein anderer sollte sich mit Kleidung und anderen Ritualen der Sami-Kultur schmücken.
In Finnland leben drei Sami-Völker, die Inari-Sami, die Nord-Sami und die Skolt-Sami. In dem Dorf Sevetijärvi, in dem wir für dieses Wocheneden wohnen, lebt das kleinste Sami-Volk, die Skolt-Sami. Jedes Sami-Volk spricht seine eigene Sprache.
Die Sami und andere nördliche Völker waren lange die einzigen, die in den weiten arktischen Gegenden lebten. Erst als die Landschaft aus unterschiedlichen Gründen (Z.B. Gold, Öl, Gas, Pelz) auch für andere interessant wurde, gab es Streitigkeiten, wem nun das Land gehöre. Das Gebiet der Sami nennt sich Sampi und beinhaltet Gegenden in Lappland, Russland, Norwegen und Schweden. Die Einführung von Ländergrenzen seit dem 13.Jahrhundert war verheerend für die Lebenswelt und Kultur der Sami. Die Rentierhalter wanderten vorher umher und wurden nun gezwungen Ländergrenzen zu respektieren.
Die Lebenswelt der Sami wurde mehrfach revolutioniert. Durch die radikale Christianisierung sowie durch den zweiten Weltkrieg und die geänderten Ländergrenzen aber auch durch die Unterdrückung der Kultur in Gesetzgebung und Schulen. Später dann durch die technischen Entwicklung, die zum Beispiel Motorschlitten brachte.
Der Umgang Finnlands mit ihren Sami war mindestens in Teilen kolonialistisch und rassistisch. So war es den Sami verboten ihre eigene Sprache zu sprechen. Daraus folgt, dass heute viele Sami ihre Sprache nicht mehr beherrschen. Kinder sollen nun die Sprache wieder lernen, um die Kultur weiter leben zu lassen, denn ihre Eltern können kein Sami mehr. Außerdem durften die Sami ihre Tracht nicht mehr Tragen und man zwang sie ihre Volkskultur, die naturreligiösen Elemente wie den Schamanismus völlig zu verleugnen oder abzulegen. Die Kinder wurden in finnischen Schulen nach finnischer Pädagogik, die sich sehr von der Sami-Pädagogik unterscheidet, unterrichtet. Heute werden wieder einige Bildungsinstitutionen der Sami-Pädagogik ins Leben gerufen. Sogar wird begonnen die Sami Pädagogik an Universitäten zu lehren.
Die Skol Sami haben zwei traditionelle Kostüme. Eines für die Arbeit und eines für Festlichkeiten. Teil der Kleidung ist immer ein reich verzierter Gürtel, der auch Mitteilungen enthält zum Beispiel darüber ob der Träger verheiratet ist oder nicht. Zur Kultur gehört auch der typische Gesang „Joik“, der Lobpreisung, Ehre, Alltagsgeschichte, Freudenlied oder Trauergesang sein kann und oft mit Trommeln begleitet wird.
Traditionell leben die Sami von Rentieren, von der Jagd und vom Fischen. Die meisten Rentiere laufen frei herum und werden nur zweimal im Jahr zu den großen Rentierscheiden zusammengetrieben. Dort werden dann die Kälber markiert und die Schlachttiere ausgewählt. Die Markierung geschieht durch Ohrmarken, von denen jede Familie eine eigene hat. Gute Rentierzüchter können 2000-3000 verschiedene Marken unterscheiden, zuordnen und mit dem Finger ablesen. Insgesamt gibt es rund 10 000 verschiedene Ohrmarken die sich durch kleine raffinierte Details unterscheiden (z.B. Einschnitte, Halbmonde, V-Formen,…). Heute sind alle Tiere auch elektronisch erfasst und auch die Rentierscheiden geschehen mittlerweile mit Hilfe von motorisieren Schneemobilen anstelle von Ski, und Hund.
Ich habe mich jedenfalls im Land der Sami sehr wohl gefühlt. Die Verbundenheit zur Natur dieser Menschen beeindruckte mich und das immer noch weit verbreitete Wissen über Handarbeit führt zu einer gewissen Unabhängigkeit. Eigentlich waren die Sami-Leute meine erste finnische Begegnung, die mich spüren ließen, dass sie ihr Gebiet, das Wetter, den Schnee, die Kälte und alles was dazu gehört lieben.
Wir hatten eine wunderschöne Zeit in dem kleinen Haus direkt am See (aus dem man das Wasser sogar trinken kann) mit Sauna im Garten und Rentieren als Nachbarn.