Rundreise durch den Norden
Nachdem viele Freunde Amselles sich schon verabschiedet hatten und ihre Heimatländer zurück gereist sind, wollte sie vor ihrer eigenen Rückkehr noch Nordspanien erkunden. Eine multikulturelle Tour.
Um auch noch den Norden Spaniens vor meiner Rückkehr gesehen zu haben, ging es am Dienstagmorgen, dem 20. Juni, wie immer per Bus los gen Pamplona. Beruhigt konnte ich starten, da sämtliche Abschiedsfeiern, Feste und Frühstücke schon in der Woche davor stattfanden, denn Nina und Jule waren just am Montag, also einen Tag zuvor, zurück nach Deutschland geflogen. Anstatt Trübsal zu blasen, lenkte ich mich also lieber durch das Reisen ab. :)
Noch verschlafen im Bus sitzend und auf den Anruf von Radio Sputnik wartend (einen Tag vorher hatte Spanien gegen Tunesien mit Ach und Krach gewonnen) hörte ich auf einmal Stimmen lauthals über die WM diskutieren. Nachdem ich eine Weile zugehört hatte, konnte ich es mir nicht mehr verkneifen, mich doch zu den drei jungen Männern zu setzen, die da mit einem Ecuadorianer und einem Marokkaner so lauthals über die neusten Spielstände sprachen. Ich bat sie, doch für mich beziehungsweise das Radio ein paar spanische Fußballlieder zu singen, wenn ich angerufen würde. Gesagt, getan und sehr amüsiert! ;) (Anm. d. Red.: In die Interviews von Amselle könnt Ihr hier hereinhören.) Zudem stellten sie sich als sehr nette Gesprächspartner heraus, die mich bis zum Ende der Fahrt unterhielten.
Am Bahnhof sollte mich dann Jarda, ein tschechischer Freiwilliger und Bekannter von Jitka abholen. Bis er kam, wartete ich noch zusammen mit den drei „Bikern“ (sie waren unterwegs, um den „Camino de Santiago“ per Fahrrad zu meistern) und ihrer polnischen Freundin. Die war gekommen, um sie abzuholen und es stellte sich dann heraus, dass sie als Erasmusstudentin ebenfalls Jarda kannte, den ich wiederum noch nie gesehen hatte. Wie klein die Welt doch ist!
Jarda stellte sich als liebenswürdiger, sehr guter Stadtführer heraus und auch so hatte ich sehr viel Spaß in seiner WG, die er mit einem Kolumbianer, einem Franzosen und einem Basken (ja, Baske – darauf legte er viel wert!) teilte.
Pamplona ist übrigens bekannt für seine Stiertreibjagden, die Anfang Juli während San Fermin, einem Feiertagswochenende, abgehalten werden und Pamplona unzählige Gäste bescheren. Eine schöne Kleinstadt, wobei ich schon hier merkte, dass der Norden Spaniens reicher zu sein scheint, als viele andere Regionen. Überall teure Inneneinrichtungsläden, ein pikobello Stadtbild mit vielen Blumenkübeln und Beeten.
Einen Tag später bin ich abends weiter nach San Sebastián gefahren, wo ich in einem Hostal übernachtete. Generell ist San Sebastián sehr schön, ein richtig herrschaftliches Seebad eben, allerdings war es mir fast schon wieder zu perfekt. Dazu kam das schlechte Wetter und die Tatsache, dass ich alleine unterwegs war. Es ist doch schöner, jemanden zu besuchen oder Mitreisende zu haben, anstatt alleine durch die Straßen zu ziehen! Am nächsten Tag, als ich zum Aufwärmen und Fußballzeitung lesen, in ein Café gegangen bin, ist mir dann doch noch etwas Außergewöhnliches passiert und zwar kam ich ins Gespräch mit einem 86jährigen Basken (nicht, dass es einfach gewesen wäre, sein Genuschel zu verstehen...;)). Er erzählte mir bestimmt eine gute Stunde lang aus der Zeit des spanischen Bürgerkriegs 1936 bis 1939, von persönlichen Erfahrungen, seiner kurzen Mitgliedschaft in der Falange (eine ultranationalistische, faschistische und anti-kommunistische Bewegung und Partei) bis er eben aus Einsicht austrat. Das war schon beeindruckend.
Am Abend des 22. Juni bin ich weiter nach Bilbao gefahren, wo ich in der Freiwilligenwohnung von Johanna schlief, die ich noch vom Midterm-Meeting her kannte. Sie wohnte an der berüchtigsten Straße Bilbaos, welches übrigens die größte Stadt des Baskenlands und die Hauptstadt der Provinz Biscaya ist.
Obwohl sie eine der wichtigsten Industrie- und Hafenstädte Spaniens ist, ist Bilbao hübsch anzusehen. Ich blieb dort bis Sonntagmittag und unternahm viel mit Johanna, wie zum Beispiel das Spiel Deutschland gegen Schweden in einer typisch deutschen Bar anzusehen. Auch das Guggenheimmuseum war ein Highlight.
Sonntags habe ich dann die letzte Station meiner Rundreise durch den Norden angepeilt: Santander, ein beliebter Badeort an der Küste Kantabriens. Dort wohnte ich in der Freiwilligenwohnung von Elina, einer lettischen Freundin meiner lettischen Zimmerpartnerin Elina. Da Elina sehr viel zu tun hatte, unternahm ich in Santander aber eher Sachen mit Sebastian, ihrem schwedischen Mitbewohner, und dessen ungarischem Freund Bence, der ebenfalls Freiwilliger war. Ja, ja – die Welt der Freiwilligen ist doch sehr klein, aber fein: jeder kennt jeden, egal wo, über nicht mal zwei Ecken. Sebastian hat übrigens ungarische Eltern, weshalb ich mich neben schwedisch auch mit ungarisch berieseln lassen konnte – beide Sprachen klingen meiner Meinung nach sehr schön!
Bence hat mich eines Nachmittags sogar ganz aus Santander heraus an der Küste entlang geführt und wirklich: Ich kam mir vor wie in Cornwall! So schöne saftig grüne Wiesen und steile Felsklippen. Wunderbar! Es war schon erstaunlich und auch beeindruckend, wie anders der Norden im Vergleich zum Süden ist. Was die Landschaft angeht, sind glaube ich nur wenige Länder Europas so vielfältig wie Spanien.
Fazit: Alles in allem war diese Reise also ein gelungener Abschluss, sozusagen das i-Tüpfelchen all meiner Reisen durch Spanien. Viel bin ich in diesen zehn Monaten hier herumgekommen, noch mehr habe ich gesehen und erlebt, vielleicht noch mehr gelernt. Reisen bildet ja bekanntlich und dafür bin ich sehr dankbar! :)