Raus mit der Maus
Amselle überlegt, was sie nach ihrem Freiwilligendienst machen möchte: Was studieren und wo? Und „in wie weit es sich lohnt, für ein Studium andere Dinge sausen zu lassen.“
Schon wieder ist einige Zeit seit meinem letzten Eintrag verstrichen und hatte ich vor einigen Wochen noch meine Halbzeit hier, so bleiben mir jetzt gerade noch dreieinhalb Monate bis zum 1. Juli 2006, an dem ich dann wohl nach zehn Monaten zum ersten Mal wieder deutschen Boden betreten werde.
Viel hat sich getan in der Zwischenzeit, es geht auch für mich stramm Richtung Zukunft, was mich dazu veranlasst hat, einen Artikel über das verflixte Thema Studienwahl zu schreiben. Zum Glück muss ich mich selber nur zwischen zwei oder drei Studiengängen entscheiden, ich weiß doch schon recht konkret, in welche Richtung ich will. Dennoch bleibt da der Zweifel, welche Stadt die richtige ist, welches Studium...
Internationale Beziehungen in Dresden, Politik und Verwaltungswissenschaften in Konstanz, vielleicht eine Laufbahn im höheren Dienst des Auswärtigen Amtes? Nun stellt sich die Frage, in wie weit es sich lohnt, für ein Studium andere Dinge sausen zu lassen. Vielleicht keine Freizeit mehr zu haben, keine Zeit mehr für die alten Freunde et cetera. Wie rau weht heute der Wind in der Arbeitswelt wirklich? Muss ich schon jetzt all meine Reserven mobilisieren, um meine Chancen durch einen sehr guten Studienabschluss oder ein exklusives Studium zu vergrößern? Mein eigentliches Ziel ist ja nicht, viel Geld zu verdienen oder einen prestigeträchtigen Job zu haben, ich will einfach glücklich werden beziehungsweise bleiben mit meinem Leben. Dazu gehört natürlich, überhaupt Arbeit zu haben. Am besten solche, die einen erfüllt. Aber ist das alles?
Mein Freund wurde gerade heute für eine Privatuni in Friedrichshafen angenommen, was bedeutet, dass er schon in zwei Wochen in den ersten Vorlesungen und Einführungsveranstaltungen sitzen wird. Vorher natürlich noch die Rückfahrt nach Deutschland, der Umzug, Zimmersuche – Stress! Allerdings positiver. :) Manchmal bekomme ich auch Lust, schon jetzt mit dem Studieren anzufangen, mein Kopf sehnt sich nach geistiger Betätigung. Die letzten Wochen, als es noch so kalt und windig war, fiel es mir nicht immer leicht, mich auf den Weg in die Sprachschule zu machen. Es schleicht sich eben doch überall die Routine ein, was ein wenig demotivierend wirkt.
Jetzt herrscht draußen allerdings strahlendes Frühlingswetter, die Straßencafés sind voll von sich sonnenden Menschen und ich komme mir vor wie im Mai, was auch das Gemüt aufhellt. Als ich am Sonntag mit Nina und Jule im Retiropark spazieren ging, glich die Szenerie dort einer Völkerwanderung: So viele Menschen! Elina und Charissa nutzten heute die Gunst der Stunde zum im „Studentengefühl-Baden“ und hockten sich zum Lernen auf den Rasen des Campusgeländes der Universität Carlos III, die bei uns um die Ecke liegt. Jitka und Oliver scheinen unseren Balkon für sich gepachtet zu haben. Und ach ja, bei Maria, einer Freiwilligen aus Elche im Südosten Spaniens, waren es am Sonntag schon 30 Grad Celsius. Sie berichtete mir am Telefon, sie liefe nur noch in Rock und T-Shirt herum...
Dazu war hier im Februar auch noch ein Besuchersturm losgebrochen, meine Eltern und eine Freundin aus meiner Heimatstadt waren da, zudem der Freund und Freundinnen von Charissa, Jitka, Elinas ganze lettische Familie, die uns mit Geschenken überhäuft hat und noch die Gäste von Manuel. Dieses Wochenende kommt nun noch meine Patentante samt Mann zu Besuch und danach bin ich wohl erstmal geheilt von jeglicher Lust auf Sightseeing. ;)
Auch Rafa, der neue Deutschlehrer, der letztendlich für Sergio kam, sorgte für ein wenig frischen Wind in meinem Projekt. Er ist sehr nett, jung und recht locker drauf – wir bemitleiden uns zum Beispiel immer gegenseitig, stets zu Carlos (jefe de estudios) Zufriedenheit, Tausende und Abertausende Links auf die Homepage der Sprachschule zu stellen, wenn wir in der „aula multimedia“ Aufsicht führen. Eine seeeeehr dröge Arbeit!
Im Großen und Ganzen bin ich also doch sehr zufrieden hier, mir kommen zur Zeit nämlich immer mehr Geschichten von Freiwilligen zu Ohren, die abgebrochen haben. Andere fühlen sich äußerst sinnlos in ihren Projekten, weil sie unterfordert sind oder das Gefühl haben, nicht gebraucht zu werden. So geht´s mir zum Glück nicht.