¡Qué tonta!
Über den ersten Spanischunterricht und die blöde Kuh in der Bibliothek.
Auf dem Weg zur ersten Unterichtsstunde kommen wir in eine für hier typische Situation: wir grüssen freundlich eine ältere Frau auf der anderen Strassenseite und lächeln immer noch, als sie uns eindringlich anstarrt. Schliesslich fragt sie, wer wir sind. Ich rufe über die Strasse, wir sind die neuen Freiwilligen aus dem Telecentro. Aha, macht die Dame, dreht sich um und geht. In so einem kleinen Dorf wie hier weiss man schon Bescheid, wenn wir sagen, dass wir zum Telecentro gehören. Schliesslich waren schon einige neue Gesichter vor uns da, die genauso aufgefallen sind wie wir.
Die erste Spanischstunde mit Maria Jesús macht total Spass. Klar, erstmal wird wiederholt und getestet, was wir schon können. Alphabet, Wochentage, Farben aufsagen. Der Unterschied zwischen ser und estar ist da schon schwieriger und für Laetitia das rollende R. Es ist sicher auch von Vorteil, dass wir nur zu zweit sind, im Kurs "español para extranjeros", also Spanisch für Ausländer. Obwohl, wenn wir noch andere Ausländer kennen gelernt hätten, wäre das sicher auch nicht schlecht gewesen. Wir bekommen Hausaufgaben für die nächste Stunde am Donnerstag. Und wir kriegen einen tollen Tipp: es gibt hier ganz in der Nähe eine Bücherei. Das freut mich ausserordentlich, weil einerseits gibt es in dem Bücherregal in unserer Wohnung nur Schnulzenromane, andererseits gefällt mir die Amosphäre in Büchereien so gut, dass ich später Bibliotheksmanagement studieren möchte und deshalb natürlich ganz wild auf Lesen und Bibliotheken bin.
So beschliessen wir abends, uns das mal anzugucken. Die Beschreibung von Maria war gut, wir haben den Eingang fast sofort gefunden. Die Wände in dem kargen Raum sind allesamt mit Bücherregalen bestückt und verfügt fuer einen derart kleinen Ort wie Ayerbe sogar über eine breite Auswahl an Medien, von Comics, über DVDs und Romane, unter denen ich sogar einen Island-Krimi entdecke.
Klaro, dass ich voll begeistert bin und auf Anhieb zwei tolle Bücher finde, die ich ausleihen will. Leider gestaltet sich das etwas schwierig.
Erstmal verstehe ich nicht so ganz, was mir die Dame hinter der Rezeption mitteilen will. Aber dass ich meinen Ausweis zeigen soll, schon, das muss man hier in Spanien sogar, wenn man in einem Laden mit der Karte bezahlt. Mit meinem Nachnamen hat die gute Frau auch so ihre Probleme; das ist natürlich auch ein wenig gemein, dass darin ein ae und ein scharf-s stecken. Als ich ihr es geduldig vorbuchstabieren will, wird sie ungeduldig und tippt halt irgendwas ein. Als nächstes soll ich die Adresse von hier sagen, die ich auch weiss, aber irgendwie scheint sie mir nicht ganz zu glauben, dass ich die richtige Antwort gebe. Nebendran stehen noch zwei andere Frauen, die wohl eigentlich nur zum quatschen hergekommen sind und jetzt auch auf mich einreden und meinen, besonders gute Tipps zu geben. Bei der Telefonnummer reisst der Geduldsfaden der Bibliothekarin endgültig. Als ich ihr meine Handynummer mit der deutschen Vorwahl aufschreibe, denkt sie wohl, ich hab nicht verstanden, was ein Handy ist. Eine der Klatschtanten hält mir sogar ihr Telefon unter die Nase, als wuesste ich nicht, was das ist. Nein, so eine Telefonnummer kann sie in ihren Computer nicht eintragen. Ich soll doch dann bitte wiederkommen, wenn ich eine spanische Nummer hab. Na gut. Meine Güte, könnt ihr aber schlecht spanisch, sagt sie, während wir von oben bis unten taxiert werden. Aha, so sieht also eine Deutsche aus. Lang und breit erklärt sie mir, wann ich das Buch zurückzubringen habe. Klaro, verstanden. Ich bin nicht das erste Mal in einer Bücherei. Dann äussern alle drei Frauen ihre Zweifel: eh, ihr könnt doch so schlecht Spanisch, wie wollt ihr da Kurse im Telecentro geben? Und wie willst du eigentlich diese Bücher lesen, die du gerade ausgeliehen hast?
Mein lahmer Einwand, dass wir heute unsere erste Spanischstunde hatten, wird glatt überhört. Zu deren Glück kann ich noch keine Flüche, sonst wäre mir sicher was böses rausgerutscht.
Draussen ärgere ich mich masslos. Was bilden die sich eigentlich ein? Dass man in 10 Tagen, in denen wir jetzt hier sind, eine ganze Fremdsprache lernen kann? Geschweige denn, sich in eine neue Umgebung eingewöhnen? Mit der teilweise arroganten und verschlossenen Einstellung der Dorfbewohner wird es uns ja auch nicht immer einfach gemacht. Ich fühle mich gleich sehr entmutigt, obwohl ich ja ereicht habe, was ich wollte, nämlich Buecher auszuleihen. Zuhause rollen mir dann doch ein paar Tränen runter und während Laetitia mich tröstet, beschliesse ich, für heute kein Wort Spanisch mehr zu reden. Klappt natürlich nicht ganz, weil wir ja noch zusammen kochen müssen. Aber nach dem Essen fange ich gleich mit dem ersten Buch an. Ich werde alles so schnell durchlesen und wieder zurückbringen und der Tante dann mal so richtig die Meinung sagen! Da lohnt sich's doch, Spanisch zu lernen! ;-)