Praktikum in Neuseeland
KlaFi05 trat die lange und beschwerliche Reise nach Neuseeland an, um dort ein viermonatiges Praktikum in einem Nationalpark zu absolvieren.
Im Rahmen meines internationalem Studiums „International Forest Ecosystem Management“ in Eberswalde absolvierte ich im dritten Semester ein viermonatiges Auslandspraktikum in Neuseeland. Schwerpunkte sollten im ökologischen Bereich gesetzt werden. Des Weiteren wollte ich Einblicke in eine entfernte Kultur bekommen und die Verwaltung von Nationalparks in anderen Ländern.
Am 01.09.05 ging es von Berlin via Amsterdam und Kuala Lumpur nach Auckland. Der Flug dauerte inklusive Zwischenzeiten etwa 33 Stunden und zog zu dem Zeitpunkt zehn Stunden Zeitverschiebung nach sich.
Erwartet hätte ich, dass der Park, in dem ich arbeiten sollte, unweit Auckland liegt und dass man mich abholen würde falls ich keinen Bus erwische. Ich kam an einem Samstagmorgen an und musste, da sonntags kein Bus fährt, bis Montag in einer Jugendherberge unterkommen. Ich war ziemlich geschafft und Auckland gefiel mir überhaupt nicht. Es wirkte ziemlich unsauber und überall waren große Menschenmassen. In der ersten Nacht schlief ich sechzehn Stunden und dies erwies sich als die beste Möglichkeit die Zeit des Wartens auf einen Bus zu überbrücken.
Dann stand ich Montagmorgen auch noch an der falschen Bushaltestelle und der einzige Bus des Tages, den ich teuer gebucht hatte, schien ohne mich davon gefahren zu sein. Also lief ich gleich zur Busgesellschaft um die Ecke und erkundigte mich, woraufhin sie den Bus zurückbestellten. Dies war ein spezieller Bus für Rucksacktouristen, der einen direkt von der Unterkunft abholt, und somit war der Bus glücklicherweise noch unterwegs in Auckland und es machte ihm eigentlich keine Umstände, noch mal vorbei zu kommen.
Gegen meine Erwartungen war Dargaville, der meiner Praktikumsstelle nächstgrößere Ort, etwa 230 Kilometer in nördlicher Richtung entfernt. Nahezu direkt an meiner Praktikumsstelle, circa zehn Kilometer entfernt, wurde ich abgesetzt. Von einer netten Frau, die dort wohnte, wurde ich die restliche Strecke gefahren.
Der Park nennt sich Trounson Kauri Park und umfasst etwa 450 Hektar dichten Regenwaldes. Rundherum befinden sich Kuh- und Schafweiden. Das besondere an dem Park ist der Kauri, ein Baum, der ein Alter von mehreren tausend Jahren und enorme Größen erreichen kann. Ein Kauri im Nachbarwald misst ein Volumen von 240 Kubikmeter und hat einen Umfang von 14 Metern.
Neben mir waren zu jener Zeit noch sechs weitere Freiwillige im Park – ein Engländer, zwei Franzosen und drei Deutsche. Viele waren aus demselben Grund wie ich in Trounson und während meiner Aufenthaltszeit wechselten sich Kommen und Gehen einander ab. Für einen kurzen Zeitpunkt war ich fast allein unter Franzosen und einander mal war ein Franzose allein unter Deutschen.
Das Personal bestand aus drei Leuten: dem eigentlichen Chef, der sich auch um die Freiwilligen kümmert, einer Kiwi-Expertin, die sich mit dem scheuen flugunfähigen Waldvogel beschäftigt, und einem Fallenleger.
Zum Teil bestand unsere Tätigkeit aus dem Fallen legen. Wir mussten mit Ködern, wie zum Beispiel Kaninchen und Eiern, Fallen scharf machen und gefangene Tiere, wie Marder, Wiesel, Frettchen, Ratten, Igel und Kaninchen, entfernen. Sie sind eingeschleppte, nicht native, Säugetiere, die in gewisser Weise dem Wald und dem Ökosystem schaden. Marder, Wiesel, Frettchen, Ratten und Igel schaden dem Kiwi und stehlen deren Eier – Marder, Wiesel und Frettchen vergreifen sich auch an Jungtieren. Kaninchen sind eine große Plage, welche - selbst im Wald - junge Keimlinge vom Waldboden abfressen. Zudem werden mit Spezialfallen auch wilde Katzen gefangen, die oft auf Beutejagd im Wald sind.
Des Weiteren bestand unsere Tätigkeit aus dem Austragen von Giftködern für Possums und Ratten. Von der zurück zu legenden Strecke abhängig, wird man mit Taschen und Rucksäcken (bis zu 20 Kilogramm) auf Wanderung durch den Wald geschickt. Alle fünfzig beziehungsweise hundert Meter befindet sich eine Ratten- oder Possumstation. In weißen Plastikboxen, mit Öffnung nach unten, werden circa 400 Gramm Rattengiftköder nachgefüllt. Für Possums werden bonbonartige, blau aussehende, Köder an einem Drahtgestell angebracht. Der Köder ist ein Nahrungsbrei mit einer kleinen Kugel Cyanid. Dieses Gift wirkt blutverdünnend innerhalb weniger Sekunden. Oft wird der Köder von Possums sogar angerührt, wenn schon eins neben der Station liegt. Man sieht auch viele Possums auf der Straße überfahren liegen, da ganze Campagnen zum Überfahren von Possums aufrufen. Der Köder ist blau, da dies auf Vögel eine abschreckende Wirkung hat. Possums haben in neuseeländischen Wäldern schon längst Überhand genommen und fressen ganze Baumkronen kahl. Der derzeitige Bestand in Neuseeland wird auf 70 Millionen geschätzt.
Der Wald ist in Linien aufgeteilt, das heißt, dass alle hundert Meter ein nummerierter Pfad, der mit der Machete frei geschnitten wird, durch den Wald führt. Die Linien sind unterschiedlicher Länge und auf einer Karte genau eingezeichnet. Die längste Linie ist in etwa 1700 Meter lang und meist ist das Gelände sehr uneben und rutschig. Es erfordert viel Ausdauer, über solch ein Gelände voll bepackt hinweg zukommen. Meistens wurde man am Beginn einer Linie abgesetzt, welche man abging und kam auf der daneben zurück. Der Wald ist sehr dicht mit viel Untergrundvegetation, lianenartigen Gewächsen, Epiphyten, Moosen und Farnen.
Andere Tätigkeiten umfassten das Entfernen starker Unkräuter. Große Flecken wilder Ingwer, Ginster, australischer Mimose und japanischer Sicheltanne wurden ausgegraben oder abgeschnitten. Kleineren Anteil hatten Instandhaltungsarbeiten, wie zum Beispiel Schottererneuerungen auf Besucherpfaden, und Bäume umtopfen beziehungsweise Unkraut zupfen.
Das Umfeld in Trounson war absolut super. Mit den anderen Freiwilligen wurde viel gemacht und es war immer eine Spitzenatmosphäre. Mein Chef hat sich auch oft in der Freizeit mit uns beschäftigt. Er kochte ab und zu für uns oder fuhr mit uns angeln am Meer. Da ich mir zu Beginn des Praktikums zusammen mit einem Franzosen ein Auto gekauft hatte, konnten wir auch in der Freizeit viel herumreisen. Nach dem Praktikum reisten wir durch ganz Neuseeland und genossen dieses Wunderwerk Natur.
Außerdem lernten wir viel über die Kultur der Maoris. Wir gingen zu einem Maorikonzert, in welchem wir einen Einblick in die emotionalen Tänze bekamen, und hatten anschließend ein traditionelles Maoriessen (Hangi) aus dem Erdofen. Wir wanderten durch Vulkanlandschaften, bestaunten dampfende Seen, unternahmen eine Kreuzfahrt auf einem Fjord, eingesäumt in Bergen mit Wasserfällen, wanderten zu einem Gletscher und fuhren entlang zerklüfteter Küsten mit türkisfarbenem Wasser. Unterwegs hielten wir in verschieden Wäldern. Entgegen dem Kauriwald im Norden wuchsen in den südlicheren Wäldern Südbuchen, die mit den unseren verwandt sind.
Am 25.01.06 trat ich meinen langen Rückweg nach Deutschland an und musste mich ziemlich umstellen, da dort die größte Kälteperiode seit langem herrschte. Dieses Praktikum wird für mich unvergessen bleiben und war eine der größten Erfahrungen meines Lebens.