Poczta Polska, das gute Essen und schon wieder Lana del Ray
Warum die ungewissen Öffnungszeiten einer Post vorteilhaft für die schlanke Linie sein können.
So, nun sind es schon eden tydzien i piec dni. Zu Deutsch es sind nun schon eine Woche und fünf Tage vergangen, seit ich polnischen Boden befuhr, denn ich kam ja, wie im letzten Bericht zu lesen ist, mit dem Zug und nicht zu Fuß.
Fast zwei Wochen. In gewisser Hinsicht könnte man sagen, dass ist viel, aber das kommt ja immer auf die Relation an. Wie relativ die Zeit wirklich ist, merke ich immer, wenn ich etwas ganz neues beginne, denn es gibt keinen Alltagsrhythmus an dem ich mich zeitlich orientieren kann.
In der ersten Woche war ich, trotz unvorhandenem Jetlack, denn ich kam ja mit der Bahn, unheimlich müde und meine Mitbewohnerin Claudia und ich gingen sehr früh schlafen und schliefen lange. Somit hatte die erste Woche für mich einen starken Traumcharakter, da die unglaubliche Anfangseuphorie noch hinzukam. Warschau- das der Autor des Buches "Viva Polonia" als wohl hässlichste Hauptstadt Europas beschrieben hatte, schien mir unglaublich schön. Busfahren- was ich eigentlich überhaupt nicht ausstehen konnte, machte auf einmal Spaß, obwohl es so gut wie jeden Tag nötig war, und das über eine Stunde. Und last but not least mir gefiel das Großstadtgewimmel. Mir, wo ich doch eigentlich ein Mensch bin, der die Ruhe liebt und allein irgendwo in der Natur sitzt. Aber an dieser guten Laune und rosa Sonnenbrille war meine unglaublich liebe Mitfreiwillige Claudia sicher nicht ganz unschuldig. Sie steckte mich mit der Freude und Energie, die in ihr steckt förmlich an und seither singen wir viel zusammen und tanzen und freuen uns des Lebens. Das Singen und Tanzen ist aber auch ein hauptsächlicher Teil unserer bisherigen Arbeit. Gleich an meinem ersten Arbeitstag, nach dem Vorbereitungswochenende, sangen wir polnische Lieder, wobei ein sehr netter Mitarbeiter uns versuchte, das Polnischlesen beizubringen. In dieser Sprache gibt es so unglaublich viele "sch" laute, das übertrifft sogar das Russische. Das sieht man z.B. an dem Wort Czesc, welches soviel heißt wie Servus und als Tschescht ausgesprochen wird, oder an einem weiteren Beispiel Poszta- Post was man wie Potschta spricht. Wobei ich bei meinem nächsten nennenswerten Thema wäre, der Erklärung warum die ungewissen Öffnungszeiten einer Post vorteilhaft für die schlanke Linie sein können, aber wahrscheinlich ist dies auch offensichtlich. Ich werde es trotzdem erklären, aber dafür muss ich von ganz vorne anfangen.
Hier in "Pomocna Dlon" gibt es viermal am Tag etwas zu Essen. Sniedanie- Frühstück um 9.00, drugie sniedanie- 2. Frühstück um 12.00, obiad- Mittagessen um 14.00 und kolacia- Abendessen um 18 Uhr. Bei diesen, sehr schmackhaften Mahlzeiten, waren wir ganz zu Beginn unseres Hierseins immer gut satt, aber nach drei oder vier Tagen, bekamen wir statt der 2 Brotscheiben, das Essen ist nämlich aus der Kantine, auf einmal 5. Als das zum zweiten Mal passierte, musste ich schmunzelnd an meine Großmutter denken, die in Deutschland gemeint hatte, es mache nichts, wenn ich zunähme, ich wisse ja nicht was ich in Polen zu Essen bekäme.
Dieses zusätzliche "Futter" machte sich für Claudia und mich auch relativ schnell bemerkbar, ich wusste nicht, dass ich so schnell zunehmen kann. Als ich dann, am Samstag Mittag zur Post ging wurde daraus leider ein Spaziergang, da die Post schon geschlossen hatte, aber es ergab sich die Idee für Claudia und mich, dass wir einfach viel spazieren gehen wollten. Am Montagmorgen wollte ich dann erneut zur Post, da ich der festen Überzeugung war, dass die Post schon um 8 öffnet, ich meinte es gelesen zu haben, als ich jedoch bei der Post ankam, war diese wieder geschlossen und mein Weg zur Post wurde wieder zum "Fettverbrennungstraining". Also alle die Post von mir erhalten sollen wissen, dass die Post zwei schöne Spaziergänge machte, ehe sie in den Poczta Polska Briefkasten wanderte.
Nun zum 2. Teil meiner Schlagzeile, gut sie ist noch nicht Bildreif, aber ich arbeite daran. Also Lana del Ray, ist eine Sängerin, für alle die es nicht wissen, aber neuerdings ist sie auch ein H und M Model und verfolgt mich. Ich muss ganz ehrlich gestehen, ich hab schon fast ein bisschen Angst vor ihr. In der gesamten Metro/Tram- Station Centrum, sieht sie mir von jeder Wand entgegen mit ihren riesigen Augen. In der Stadt schaut sie von großen Werbeplakaten auf mich herunter. Obawiam się, ich habe Angst.
Gestern, also am Dienstag, waren wir nach dem Polnischunterricht in einer sehr netten kleinen Kneipe, das Segel, versuchten unseren Kaffee auf polnisch zu bestellen, nebenbei aß ich den besten Brownie meines Lebens und da war sie wieder, sie starrte mich vom Cover einer Zeitung an.
Und nun zum eigentlichen Grund, warum ich hier in Warschau bin, zu meinem Projekt. In diesen 1 1/2 Wochen, die ich nun hier bin, habe ich es geschafft, sehr viele der Bewohner hier in mein Herz zu schließen, und ich habe das Gefühl, dass auch sie Claudia und mich sehr mögen. In den Stunden der Musyka terapya singen wir zusammen mit unseren Bewohnern, machen Musik mit allerlei Rasseln und Tambourins und tanzen. Dabei kommen manche ganz aus sich heraus in ihrer Freude und das macht unheimlich gute Gefühle. Natürlich ist nicht jeden Tag Sonnenschein, fast jeder war in dieser Woche schon einmal beleidigt oder hat über irgendetwas geschimpft, aber das ist meist schnell vorbei und nicht das wichtige, was im Gedächtnis bleibt.
Claudia hat uns allen ein kolumbianisches Kinderlied beigebracht, dass alle lieben. La vaca lola- die Kuh namens Lola, hat einen Kopf einen Schwanz und macht muh. Tadeusz, ein sehr liebenswerter Kerl, konnte den Text, auf Spanisch schon nach der ersten Stunde, und das wo er sonst oft sehr unverständlich spricht.
Und was in diesem zweiten Bericht nicht unerwähnt bleiben sollte ist das polnische Gentlemantum. Schon bei meiner Ankunft trug mir ein freundlicher Herr meinen Koffer durch die Unterführung und hier werde ich allmorgendlich mit einer Vielzahl von Handküssen begrüßt und die Türen werden von wildfremden Männern aufgehalten.
Hier nun ein Lob, an das polnische Gentlemantum.
Eigentlich könnte ich noch viel mehr schreiben, aber das muss jetzt fürs erste reichen. Dabei hoffe ich dass die Lektüre interessant und lohnenswert war.
Leider sind diesmal keine Fotos dabei, weil mein PC meint sie seien zu groß zum Hochladen, aber ich kümmere mich darum, dass es bald klappt.