Non-formale Bildung
Meine Arbeit in der AIST dreht sich vor allem um ein großes Thema und zwar um non-formale Bildung. Deshalb möchte ich ein bisschen mehr darüber berichten.
Seit den späten 1960er Jahren ist die non-formale Bildung Bestandteil internationaler Diskussionen, die das Thema Bildungspolitik betreffen. Allgemein wird zwischen informeller, non-formaler und formaler Bildung unterschieden. Unter informeller Bildung versteht man lebenslange Lernprozesse, in denen Menschen Haltungen, Werte, Fähigkeiten und Wissen durch Einflüsse der eigenen Umgebung erwerben und aus der täglichen Erfahrung (Familie, Massenmedien, Arbeit, Spiel etc.) übernehmen. Die formale Bildung kennt man vor allem unter dem Begriff schulische Bildung und sie wird durch das staatliche Bildungssystem übermittelt, welches von der Grundschule bis zur Universität reicht. Die non-formale Bildung hingegen beinhaltet jedes außerhalb des formalen Lernplans geplantes Programm zur persönlichen und sozialen Bildung für Menschen fast jeder Altersklasse, das der Verbesserung bestimmter Fähigkeiten und Kompetenzen dient. Im deutschsprachigen Raum hat sich auch der Begriff außerschulische Bildung etabliert.
Was sind die grundlegenden Prinzipien der non-formalen Bildung? Sie ist freiwillig, ganzheitlich und prozessorientiert, im Idealfall ist sie für jeden Menschen zugänglich und ein organisierter Prozess mit Bildungszielen. Außerdem beruht sie auf Erfahrung und Handeln, setzt bei den Bedürfnissen der Lernenden an, vermittelt Lebensfertigkeiten, bereitet die Lernenden auf ihre Rolle als aktive Bürger und Bürgerinnen vor und beinhaltet sowohl individuelles Lernen als auch Lernen in Gruppen.
Non-formale Bildung kann auch als Lernen definiert werden, das nicht in Bildungseinrichtungen stattfindet und normalerweise nicht zur Zertifizierung führt. Es werden aber trotzdem Strukturen wie definierte Lernorte, Trainer oder Lehrer und eventuell Lehrpläne benötigt, denn es unterscheidet sich von informellem Lernen durch seinen zielgerichteten, intentionalen und geplanten Charakter. Viele Organisationen bieten non-formale Berufsbildung an, wie zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen (NGOs), kirchliche Einrichtungen, Unternehmen und Arbeitgeber- oder auch Arbeitnehmerorganisationen. Regierungen finanzieren und organisieren solche Programme außerhalb des formalen Bildungssystems ebenfalls, zum Beispiel zur Förderung der Privatwirtschaft und zur Armutsminderung.
Non-formale Bildung wird in Entwicklungsländern meistens nicht statistisch erfasst, denn oft handelt es sich um relativ kleine Bildungsanbieter oder um lokale Projekte, die nicht vom Staat kontrolliert werden. Allerdings gibt es einige wenige Programme der non-formalen Bildung, die in großem Maßstab umgesetzt worden sind. Zum Beispiel das Jovenes-Programm für benachteiligte Jugendliche von 16 bis 29 Jahren in Lateinamerika.
Ein Problem der non-formalen Bildung ist, dass man das Gelernte schwer nachweisen kann, deshalb sind viele Länder bestrebt, Anerkennungsmechanismen für die Zertifizierung der non-formal erworbenen Kompetenzen einzuführen. Die Bandbreite der non-formalen Programme und Initiativen ist äußerst vielfältig. Die Programme beinhalten Bildung auf niedrigem und hohem Niveau für Erwachsene und auch für Jugendliche, Programme oder Kurse für Schulabbrecher, Vorschulbildung und viele verschiedene Arten von Bildung, die mit Entwicklungsinitiativen verbunden sind.
Die Methoden der non-formalen Erziehung sind sehr vielfältig, aber ein paar von ihnen möchte ich vorstellen.
Eine Methode ist zum Beispiel das „Schattentheater“. Schüler schreiben und führen ein Theaterstück auf, in welchem Situationen oder Probleme aus dem echten Leben thematisiert werden, wie zum Beispiel Rassismus, Beziehungen et cetera, das heißt, die Schüler müssen sich intensiv mit einem Thema auseinandersetzen. Unter der Methode „Lebende Bücherei“ versteht man, dass die Menschen Bücher sind, das heißt, dass eine oder mehrere Person ein „Buch“ verkörpern und die Lernenden Fragen zu einem bestimmten Thema stellen können, wodurch sie die Informationen aus erster Hand erfahren. In Rollenspielen müssen sich die Schüler in eine andere Person oder Rolle hineinversetzen und lernen dadurch, andere Menschen und Ansichten besser zu verstehen. Die Methode „Labyrinth Theater“ besteht darin, dass die Lernenden (mit verbundenen Augen) durch ein Labyrinth geführt werden. Dabei werden die verschiedenen Sinne aktiviert und man wird mit unterschiedlichsten Situationen konfrontiert. Auch Debatten gehören zu den Methoden der non-formalen Bildung. Experimente haben ergeben, dass man besser lernt, wenn man dazu gezwungen ist, ein Thema oder Problem einer anderen Person zu erklären. Debatten sollten idealerweise immer friedlich und nicht konkurrenzbezogen sein. Bei der Methode „Schatzsuche“ geht es darum, versteckte Objekte zu finden, wobei Fähigkeiten wie das Lesen von Karten, das Lösen von Rätseln, Sprachkenntnisse et cetera getestet werden. Straßenauftritte oder Unterhaltung sind eine weitere Methode. Dies kann sehr unterschiedlich durchgeführt werden, zum Beispiel kann man auf einem öffentlichen Platz Jonglieren, Singen, Tanzen et cetera. Das Hauptziel ist, dass das Selbstvertrauen gestärkt wird und die Schüler aktiv sind.
Das war ein kurzer Einblick in die non-formale Erziehung und allgemein gilt, dass formale, non-formale und informelle Bildung einander immer ergänzen und wechselseitig den lebenslangen Lernprozess verstärken. Abschließen möchte ich mit einem Zitat von Burrhus Frederic Skinner: „Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn man das Gelernte vergessen hat. “