"Ni zhidao ma?"
Von Taxifahrten shenyanger Art
Die Verkehrsmittel Chinas sind eine Klasse für sich. Überfüllte Busse, High-Tech-U-Bahnen, überladene Autos, Fahrräder, Unmengen an Rollern und Mopeds, Restaurants auf Rädern und mehr. Schon so oft dachte ich mir: „Ich sollte eine Fotostrecke zu den Transport- und Verkehrsmitteln machen, die ich hier täglich sehe“. Bisher bin ich leider noch nicht dazu gekommen.
Ein ganz wichtiges Verkehrsmittel ist das Taxi. In Deutschland ist es für mich ein Luxus, den ich mir nach langen Abenden gönne, um sicher und schnell nach Hause zu kommen. Hier sind die Taxis überall und furchtbar billig. Ich will zum Supermarkt? Ich will das östliche Kaisergrab außerhalb des Stadtzentrums besuchen? Ich will zu IKEA? Ich will nach einem langen Shoppingtag bequem nach Hause? - Ganz einfach. Ich stelle mich an den Straßenrand, warte fünf Minuten und hebe den Arm, sobald ich ein „dishi“ (Taxi) sehe. Wenn ich dann noch so gut bin und dem Taxifahrer erklären kann, wo ich hin möchte, komme ich schnell ans Ziel. Die typische Frage, ob der Fahrer mich wirklich verstanden hat: "Ni zhidao ma?" In dem Fall startet die Fahrt mit einem Einstiegspreis von 8 RMB (~1€) und steigt ungefähr alle 2/3 min um einen RMB.
Für die Chinesen ist das Ganze noch etwas einfacher. Sie bestellen ihr Taxi per Handy, in der Regel ist es drei Minuten später da. Die Taxis sehen in dem Fall aus wie normale Autos, denn es handelt sich nicht um ein offizielles Taxiunternehmen mit ausgebildeten Fahrern, sondern um Privatautos von freien Mitarbeitern. Dass man in das richtige Auto steigt, weiß man, indem man das Kennzeichen des Autos mit dem, das die App angibt, vergleicht. So können Missverständnisse vermieden werden. Leider sitzen bei diesem Bestellservice oft keine erfahrenen Fahrer hinterm Steuer. So passierte es mir an einem Abend, dass ich mit einem chinesischen Bekannten zusammen eine halbe Stunde in die komplett falsche Richtung gefahren wurde. Die Fahrerin kannte unser Ziel nämlich nicht und folgte einfach der Route, die ihr ihr Handy anzeigte. Als wir dann in einer kleinen gruseligen Gasse „unser Ziel“ erreicht hatten, wurde uns erst klar, dass sie WIRKLICH keine Ahnung hatte.
Aber auch auf den offiziellen Taxiservice kann man sich nicht immer verlassen. Die Erfahrung machte ich das erste Mal, als ich gemeinsam mit einer Chinesin zurück zur Uni fahren wollte. Der Fahrer hatte einen starken Akzent, sodass die beiden sich missverstanden. Wir wurden also zur falschen Uni kutschiert. Nach unfreundlichen Diskussionen und einer langen und (für chinesische Verhältnisse) teuren Fahrt kamen wir noch heil nach Hause.
Ein paar Wochen später ist mir etwas Ähnliches passiert. Ich kann nicht erklären wie, aber irgendwie verstand der Taxifahrer anstatt „dong bei da xue“ „liao liao da“ und fuhr schön Richtung Norden anstatt Süden. Zwischendurch lies er noch eine weitere Passantin dazu steigen und lies sie kurze Zeit später an ihrem Wunschort aussteigen. Bis wir bemerkten, dass hier irgendwas nicht stimmte, dauerte es etwas. Nachdem dann klar war, dass wir uns missverstanden hatten, ärgerten wir uns natürlich erst einmal alle. Der Taxifahrer schaltete aber den Zähler aus und wir einigten uns auf einen fairen Preis.
Leider habe ich auch schon die Erfahrung gemacht, dass ich absichtlich zum falschen Ort gefahren wurde. Mit mir kann man das ja machen. Ich habe ja keine Ahnung, wo ich hin muss oder wo wir lang fahren müssen. Ich hatte also nur einen Pin (Location) auf meinem Handy, die ich dem Taxifahrer zeigte. Er nickte, fuhr, hielt, ich bezahlte, stieg aus. Als ich dann auf meinem Handy nachschauen wollte, wo lang ich gehen musste, sah ich, dass er mich 15 min Fahrt entfernt von meinem Zielort aussteigen lassen hatte. Und das kann ihm nicht aus Versehen passiert sein.
Ich habe auch schon erlebt, dass der Preis schneller stieg als gewöhnlich und eine Fahrt von ca. 10 min angeblich 17 RMB kosten sollte. Zum Glück konnte meine Begleitung Chinesisch sprechen und lies sich auf eine Diskussion ein. Als er dann sagte, sie könnten auch gerne die Polizei dazu holen, gab der Taxifahrer nach und wir mussten nur 12 RMB bezahlen.
Das klassische „Ausländer-mit-denen-kann-man-das-ja-machen“-Phänomen erlebt man, wenn die Taxifahrer einfach noch ein paar größere Runden um den Blog fahren, um noch etwas mehr Zeit und Geld rauszuholen. Das zu bemerken, aber aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht zum Ausdruck zu bringen, ist...ach, es ist wirklich sch****.
Aus diesen Erlebnissen lässt sich aber nicht schließen, dass alle Taxifahrer nur profitorientiert und unfair sind. Viele freuen sich auch sehr über ein bisschen Small Talk und sind sehr freundlich. Letzte Woche hatte ich ein riesiges Erfolgserlebnis. Ich konnte mich mit dem Taxifahrer unterhalten – auf Chinesisch! Das zu können, war eigentlich mein Jahresziel und nun habe ich es schon nach 3 Monaten erreicht! Ich war wirklich stolz auf mich, bin es auch immer noch. Und ich freue mich auf weitere Fortschritte. Mein nächstes großes Ziel: Sagen zu können, dass ich nicht blöd bin und raffe, dass er einen Umweg fährt!
Wie ihr seht, kann jede Taxifahrt schnell zum Abenteuer werden. Ich weiß nicht, in wie viele Beinah-Unfälle ich verwickelt war. Der Fahrstil vieler Taxifahrer ist wirklich furchtbar. Ich bin gespannt, welche Geschichten ich nach meinem Dienst noch erzählen kann.
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